Weltweit leiden mehr als zehn Prozent der Erwachsenen an Migräneattacken, bei einem Zehntel davon sprechen Experten von chronischer Migräne. Das bedeutet, dass an mindestens 15 Tagen im Monat Symptome auftreten. Darüber hinaus gibt es rund 100 000 Menschen in Deutschland mit Clusterkopfschmerzen, wegen ihrer Intensität auch Suizid-Kopfschmerzen genannt. "Relativ häufig sprechen diese Patienten auf Standardtherapien nicht an", sagt Professor Dr. med. Andreas Straube, Vorstandsmitglied der DGKN und Kopfschmerzspezialist am Universitätsklinikum Großhadern in München.
Deshalb suchen Forscher bereits seit einigen Jahren nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten. Dazu gehört die elektrische Stimulation des Hinterhauptnervs (Okzipitalnervs, ONS), des Vagusnervs (VNS) oder des Ganglion sphenopalatinum - eines hinter der Nasenwurzel liegenden Nervenknotens. "Studien haben hier erste vielversprechende Ergebnisse geliefert", erklärt Straube. So ergab eine Untersuchung zur Wirkung der ONS bei chronischer Migräne (ONSTIM-Studie) eine deutliche Verbesserung der Beschwerden bei fast 40 Prozent der Patienten. Andere Arbeiten belegten eine Wirkung der ONS auch bei Menschen mit chronischem Clusterkopfschmerz.
Bei der ONS werden zwei Elektroden unter die Haut im Nackenbereich transplantiert. Die elektrischen Impulse kann der Patient mit einer Handfernbedienung einstellen. Im Unterschied dazu ist bei einer VNS ein operativer Eingriff nicht in jedem Fall nötig: Wissenschaftler sind derzeit dabei, die Wirkung einer direkten elektrischen Stimulation des Vagusnervs am Hals beziehungsweise an der Ohrmuschel zu erforschen.
Zur Stimulation des Ganglion sphenopalatinum gibt es bislang positive Ergebnisse in Bezug auf Clusterkopfschmerz: In einer kürzlich veröffentlichten Studie konnte die gezielte Stimulation bei 36 Prozent der Patienten die Attacken-Frequenz um mehr als die Hälfte reduzieren. Die Elektrode wird hier am Oberkiefer implantiert und von außen bedient. "Im Unterschied zur ONS hat die Reizung des Ganglion sphenopalatinum offenbar auch eine prophylaktische Wirkung", erklärt der Experte im Vorfeld der Pressekonferenz im Rahmen des ICCN.
Diese Verfahren können auch Nebenwirkungen haben. Möglich seien Infektionen oder einen Elektrodenbruch, so Straube. Auch wenn dies in der Regel nicht schwerwiegend sei - er empfiehlt Betroffenen, sich nur in einem der sechs spezialisierten Zentren in Deutschland, zum Beispiel der Charité Berlin oder dem Oberbayerischen Kopfschmerzzentrum München, behandeln zu lassen.