Die Psychiater diagnostizieren u.a.: "Insbesondere in der Phase der kritischen Integration ist eine hochgradige Emotionalisierung zu verzeichnen, die mit heftigen emotionellen Wechselbädern einhergeht. Je mehr der Stress der Akkulturation nicht mehr als Herausforderung erlebt wird, umso leichter entstehen Stresssymptome. Diese Phase ist daher verbunden mit einer erhöhten Vulnerabilität für psychische Fehlverarbeitungen und Traumatisierungen sowie für die Aktualisierung latenter neurotischer oder psychotischer Persönlichkeitsanteile, da die Resilienz als flexible Widerstandskraft überfordert wird.
Die Spur des Affektiven kann dann beispielsweise ins Somatische führen. Bei Migranten sind nicht selten somatoforme Syndrome zu finden. Bei deren Ursachen geht es häufig um die Abwehr erlittener Verluste, deren Bewältigung nicht gelingt. Nach Enttäuschungen und weiteren Verlusten in der Aufnahmekultur sowie rassistischer Abwertung und dem Verlust der alten Identität können depressive Syndrome entstehen. Deren Verleugnung kann zur paradoxen Bewältigung in Form eines manischen Syndroms führen, das aus dem Leid und der Selbstwertkrise ein grandioses Selbstwertgefühl konfiguriert.
Ein Kohärenzverlust des Ich durch schizoide Ängste macht es vulnerabel für Fragmentierungsprozesse und psychotische Dekompensationen ..."
Der Band "Persönlichkeitsstörungen im therapeutischen Alltag" bietet eine umfassende Übersicht über eine Erkrankung, die in ihren Ätiologien, ihren Ausprägungen und Behandlungsmöglichkeiten immer wieder eine besondere therapeutische Herausforderung darstellt.
Persönlichkeitsstörungen im therapeutischen Alltag
Haltenhof, H.; Schmid-Ott, G.; Schneider, U. (Hrsg.)