Nicht nur Status- und Sprachbarrieren, sondern auch spezifische Krankheitskonzepte und Angst vor Stigmatisierung stehen im Hintergrund der Problematik. Institutionen melden häufig auch einen Mangel an Fachpersonal, das mit der Sprache und Kultur der jeweiligen Migrantengruppe vertraut ist. "Die Anstellung von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund kann die Inanspruchnahme und Behandlungserfolge steigern. Allerdings zeigte eine niederländische Studie, dass die Mehrzahl der befragten Migranten die gleiche ethnische Herkunft beim Therapeuten als nachrangig empfand gegenüber Empathie, Expertise und dem Teilen von Ansichten. Demnach scheint eher Kultursensitivität im Sinne von Offenheit für andere Kulturen und Denkweisen entscheidend für die Herstellung eines hilfreichen therapeutischen Bündnisses zu sein.
Sicherlich muss darüber hinaus diskutiert werden, in welchem Ausmaß mögliche latente oder offene rassistische oder zumindest stereotypisierende Haltungen bei den in der psychiatrischen Versorgung Tätigen eine Rolle spielen könnten. Die Behandlungssituation bei ´fremden Patienten´ ist komplexer, die Einordnung des Leidens und die Diagnosestellung sind erschwert. Es kommt zu Unsicherheit, Hilflosigkeit und Unzufriedenheit mit der eigenen professionellen Qualität. Der Unmut über die Konfrontation mit eigenen Grenzen und therapeutische Unsicherheit äußern sich nicht selten in stereotypisierenden Zuschreibungen oder rascher Resignation und zumindest nonverbal vermittelter Ablehnung ..."