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Migranten: Flucht aus der Selbstwertkrise in ein grandioses Überlegenheitsgefühl

Migranten wirken häufig verhaltensgestört, vielleicht auch größenwahnsinnig - und werden entsprechend kategorisch diagnostiziert. Doch die Einschätzung kann krass fehlerhaft sein: Möglicherweise entspricht das "befremdliche" Verhalten dem normalen kulturellen Kontext des Heimatlandes. Oder eventuell leidet der Migrant unter einer akuten Traumafolge-Störung. Unter Umständen kann auch eine schwere Depression aktualisiert worden sein. Oft kommen mehrere Komponenten zusammen. Einen differenzierenden Einblick bieten Dr. Iris Calliess und Prof. Dr. Wielant Machleidt in ihrem Beitrag zum Übersichtswerk "Persönlichkeitsstörungen im therapeutischen Alltag".

 

Wenn das Drama der Flucht überstanden ist, beginnt für Migranten noch lange keine Zeit der Konsolidierung. "In der Phase der kritischen Integration in Deutschland ist eine hochgradige Emotionalisierung des Einzelnen zu verzeichnen, die mit heftigen emotionellen Wechselbädern einhergeht. Je mehr der Stress der Akkulturation nicht mehr als Herausforderung, sondern als existentielle Bedrohung erlebt wird, umso leichter entstehen Stresssymptome. Diese Phase ist daher verbunden mit einer erhöhten Vulnerabilität für psychische Fehlverarbeitungen und Traumatisierungen sowie für die Aktualisierung latenter neurotischer oder psychotischer Persönlichkeitsanteile, da die Resilienz als flexible Widerstandskraft überfordert wird.

 

Die Spur des Affektiven kann dann beispielsweise ins Somatische führen. Bei Migranten sind nicht selten somatoforme Syndrome zu finden. Bei deren Ursachen geht es häufig um die Abwehr erlittener Verluste, deren Bewältigung nicht gelingt. Nach Enttäuschungen und weiteren Verlusten in der Aufnahmekultur und Verlust der alten Identität können depressive Syndrome entstehen. Deren Verleugnung kann zur paradoxen Bewältigung in Form eines manischen Syndroms führen, das aus dem Leid und der Selbstwertkrise ein grandioses Überlegenheitsgefühl macht ..."

 

Die Diagnostik und Therapie von Persönlichkeitsstörungen zählen zu den komplexesten Herausforderungen von Psychotherapie und Psychiatrie. Die Beiträge des Buches stellen anhand spezifischer Patientengruppen wertvolle klinische Möglichkeiten dar.

 

 




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