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Maßregelvollzug: Wer sich nicht anpasst, bleibt hinter Gittern

Maßregelvollzug: Gustl Mollath hat die "Rechtlosigkeit" erlebt; sein Problem ist letztlich systemisch. Dies belegt ein aktuelles Gutachten zum Maßregelvollzug in Bayern: "Eine externe (und gerichtliche) Überprüfung der Entscheidungen im Maßregelvollzug ist kaum gewährleistet. Im Hinblick auf das Ziel der Entlassung entsteht dadurch ein hoher Anpassungsdruck," schreibt Dr. Rolf Marschner (München). Wer sich nicht anpasst, läuft Gefahr, weder Vollzugslockerungen zu erhalten, noch entlassen zu werden.

"Die Einzelheiten des Maßregelvollzugs sind in Bayern im derzeit geltenden Unterbringungsgesetz sehr lückenhaft und defizitär geregelt. Unzureichend sind insbesondere die Regelungen der Zwangsbehandlung, weil sie u.a. der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts widersprechen." Auch die Regelungen zu Vollzugslockerungen sind nach Einschätzung von Marschner nicht rechtskonform.
 
Er fordert ein neues Gesetz für den Maßregelvollzug - zur konkreten Ausgestaltung und zum Interessenausgleich von Sicherungsgedanken, therapeutischen Inhalten und Patienteninteressen. "Dabei ist der Rechtsschutz insbesondere gegen therapeutisch begründete Maßnahmen zu gewährleisten. Externe Kontrolle durch Patientenfürsprecher und Besuchskommissionen ist sicherzustellen. Eine Verpflichtung zur Gesundheitsberichterstattung insbesondere hinsichtlich der Grundrechtseingriffe, aber auch der therapeutischen Abläufe im Maßregelvollzug ist einzuführen ..."
 
Als wichtigste Mängel in der Alltagspraxis des Maßregelvollzugs berichtet Marschner:

  • fehlende räumliche Rückzugsmöglichkeiten durch Mehrbettzimmer
  • damit verbunden fehlende Wahrung der Intimsphäre
  • die problematische Medikamenteneinstellung
  • die nicht immer ausreichenden Therapieangebote
  • die Einschränkungen der Selbstbestimmung durch Fixierung, Isolation oder die Verweigerung von Vollzugslockerungen

Das Gutachten kritisiert "typische Einschränkungen, die mit der Unterbringung in einer ´totalen Institution´ verbunden sind." Daraus resultiert das Risiko einer Hospitalisierung, "die durch patientenorientierte rehabilitative Maßnahmen" verhindert werden kann. "Es ist jedoch zweifelhaft, ob dies in der Praxis mit ausreichend individuellen therapeutischen Angeboten geschieht."

Literatur zum Thema:
Maßregelvollzug in der Gemeinde – Vom Tatort zum sozialen Empfangsraum
Steinböck, Herbert (Hrsg.)




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