"Die Rückfallgefährdung ist keine Eigenschaft, die ein Patient hat. Vielmehr ist das Rückfallrisiko kontextabhängig - abhängig insbesondere von einer kompetenten Nachsorge", betonen Dr. Friedhelm Schmidt-Quernheim und Dipl.-Psych. Uwe Dönisch-Seidel in ihrem Beitrag. "Hier setzt die Arbeit forensischer Ambulanzen an, die den sozialen Empfangsraum schrittweise aufbauen und damit kontrollierbare Bedingungen schaffen, unter denen man überhaupt von einer befriedigenden Prognosesicherheit sprechen kann. Je mehr es gelingt, die Prognose selbst zu gestalten, desto sicherer wird sie."
Schmidt-Quernheim und Dönisch-Seidel beobachten, dass "die überzeugende Arbeit forensischer Ambulanzen" eine "Annäherung von Gemeindepsychiatrie und forensischer Psychiatrie" ausgelöst hat. "Forensische Nachsorge ist in ihrem Kern immer sozialpsychiatrische Arbeit - geht es doch weniger um Individualbehandlung als um Unterstützung von Beziehungen und Systemen. Im Unterschied zum rein medizinischen oder juristischen Modell wird der Patient nicht nur als Symptomträger oder als Risikofaktor gesehen, sondern in seinem System, in seiner alltäglichen Lebenswelt, vor allem in seinen aktuellen Beziehungsnetzen.
Hier ist eine ganzheitliche Wahrnehmung erforderlich, die eng am Alltag und dem Erleben des Patienten orientiert ist. Diese zentrale Aufgabe fällt daher oft Mitarbeitern der Gemeindepsychiatrie, des betreuten Wohnens, aber auch von Werkstätten o.ä. zu ..."
Ausführlich beschreiben die Autoren die Vorzüge einer ambulanten Versorgung - für die Klienten selbst und für die Professionellen der Gemeindepsychiatrie.
Herbert Steinböck sieht die Gemeindepsychiatrie darüber hinaus als Lernfeld für den stationären Maßregelvollzug: "Therapeutisch wirksam kann eine psychiatrische Institution nur soweit sein oder werden, als sie bereit und in der Lage zur permanenten Selbstreflexion ist."
Maßregelvollzug in der Gemeinde – Vom Tatort zum sozialen Empfangsraum
Steinböck, Herbert (Hrsg.)