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Mädchen sehen interessiert Pornografie - meist befangen und mit innerer Distanz

Nicht nur Jungen, auch Mädchen sehen häufig Pornografie im Internet. Dabei verhalten sie sich eher schamhaft bzw. distanzierend und äußern unbehagliche Kritik an sexistischen Darstellungen. "Beim Umgang mit diesen Erfahrungen spielen verschiedene Distanzierungsstrategien sowie der Austausch mit einer Freundinnengruppe eine essenzielle Rolle." Zu diesen Ergebnissen kommt eine empirische Studie von Alba de la Fuente Camps und Nora Ruck (Wien) - veröffentlicht in der Fachzeitschrift "Psychologie und Gesellschaftskritik".

Der Kontakt mit Pornografie im Internet erfolgt bei den Mädchen nach eigenen Angaben sowohl zufällig als auch gezielt. Zwar kommen sie über Webportale oft unbeabsichtigt mit pornografischen Inhalten in Kontakt; doch geben sie zu, auch willentlich Pornos aufgerufen zu haben. Dabei zeigen sich als wesentliche Handlungsorientierung Neugier und ´just for fun´. Auffällig ist allerdings, dass diese Handlungen gleichzeitig einer Rechtfertigung in Bezug auf die Peergruppe bedürfen. Dieser Rechtfertigungsdrang manifestiert sich zum einen in Erklärungen, wie es zum Konsum gekommen sei, etwa durch nicht-pornografische Internetseiten oder durch Gruppendruck im Freund*innenkreis, zum anderen auch in (distanzierenden) Bewertungen des Gesehenen. Trotz des betont lockeren Umgangs zeigt sich auch Verunsicherung einerseits gegenüber der Pornografie und anderseits gegenüber der eigenen Sexualität, berichten Camps und Ruck in "Psychologie und Gesellschaftskritik".

 

Große Teile der Pornografie präsentieren Gewalt und rückständige Geschlechterrollen. In seinem Standardwerk "Pornografie und Jugend - Jugend und Pornografie" weist Kurt Starke darauf hin, dass diese Phänomene nicht pornographiespezifisch sind, sondern Teil der gesellschaftlichen Realität - und eben dort bekämpft werden sollten. Geschieht letzteres nicht, "hat der Kampf gegen Pornografie nur eine Alibifunktion."

 

Starke plädiert für einen entspannten Umgang mit Pornografie: "Jugendliche entscheiden frei, ob und inwieweit, wie oft, wie intensiv, in welcher Situation sie sich welcher Pornografie zuwenden. Nach Maßgabe der jeweiligen Persönlichkeit wird dies überaus unterschiedlich ausfallen. Vermutliche oder tatsächliche Risiken im Pornografiekonsum für einzelne Menschen können nicht als Begründung für generelle Einschränkungen herhalten, die der Entscheidungsfreiheit des Jugendlichen entgegenstehen. In Bezug auf Pornografie sind Verbotsstrategien kontraindiziert. Sie stehen der sexuellen Selbstbestimmung entgegen und erschweren eine sinnvolle Sexualerziehung."

Literatur

Alba de la Fuente Camps, Nora Ruck: ´Wenn man da aus Versehen draufklickt´.
Vorstellungen und Erfahrungen weiblicher Jugendlicher im Umgang mit Internet-Pornografie
In: Psychologie und Gesellschaftskritik Nr. 168 (2018)

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Kurt Starke: Pornografie und Jugend - Jugend und Pornografie.
Pabst, 196 Seiten. Paperback ISBN 978-3-89967-656-3

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Kurt Starke: Varianten der Sexualität. Studien in Ost- und Westdeutschland.
Pabst, 224 Seiten. Paperback ISBN 978-3-95853-308-0. eBook ISBN 978-3-95853-309-7     

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