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Lektionen der Corona-Pandemie: Viele Daten, viele Urteile, aber kein nützlicher theoretischer Rahmen

Die medizinische Fachwelt hat während der Corona-Pandemie ihr volle Kraft nicht ausspielen können. Denn das reichlich vorhandene Spezialwissen wurde nicht in ein Gesamtbild integriert. Die scheinbaren Widersprüche zwischen einzelnen Medizinern basierten meist auf einseitigen Perspektiven unterschiedlicher Subspezialisierungen. Der Rahmen einer Theorie der Pandemie - oder gar der Theorie der Medizin - fehlt. Diese Defizite analysiert Professor DDDr. Felix Tretter in seinem aktuellen Reader "Wissensgesellschaft im Krisenstress". Gleichzeitig bereitet er systemwissenschaftlich eine empirisch fundierte Theoriebildung vor.

Er empfiehlt, "das gesellschaftliche Corona-Management im Modell eines ´großen Regelkreises´ abzubilden. Aus dieser Sicht ist das Virus die ´Störgröße´ der Bevölkerungsgesundheit, deren Zustand über die Wissenschaft als ´Sensor´ erhoben und dann an die Politik als der große ´Regler´ mitgeteilt wird. Die Politik  verfügt über Regulationsmaßnahmen, die als ´Effektor´ daraufhin wieder in die Bevölkerung eingebracht werden."

 

Kliniker sind am ehsten in der Lage, Patienten in ihrer biopsychosozialen Komplexität zu sehen. Dennoch übernahmen während der Pandemie Virologen die Wortführerschaft: "Hierbei werden offensichtlich einfache deterministische Kausalmodelle von Krankheit vertreten, ethisch-moralische Grenzen überschritten" und paternalistische Haltungen propagiert.

 

"Wissenschaftlich-methodologisch zeigt sich, dass ein Zahlen- und Daten-fixiertes Krisenmanagement problematisch ist, wenn nicht bedacht wird, für welche Systemzustände diese Zahlen als reliable und valide Indikatoren stehen, so dass sie als Steuerungsparameter des Gesamtsystems des ´großen Regelkreises´ dienen können. Datenanalytik ohne Pandemie-Theorie ist grundlegend nur begrenzt aussagekräftig. Eine fundierte und systematische Theorieentwicklung steigert die Transparenz und Praxisrelevanz.

 

Ein Schritt in diese Richtung wäre ein explizit multivariates Modell der Bedingungen des Corona-Problems und der Pandemie-Dynamik, statt immer wieder einen Faktor ins Spiel zu bringen, sodass die Verwirrung steigt. Eine gute Pandemie-Theorie würde die kognitive Ordnung steigern und adäquatere Steuerungsmaßnahmen ermöglichen. Ein differenziertes theoretisches Kausalmodell der Pandemie könnte gut begründet ein differentielles Lockdown-Management erlauben und wäre durch Vereinfachungen auch an Laien vermittelbar."

 

Tretter, Felix: Wissensgesellschaft im Krisenstress - Corona & Co.

Pabst, 2022, 306 Seiten, Paperback

 

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