Einer der Gewährsleute der Autorin ist Literaturnobelpreisträger Vargas Llosa. Sein Held Don Rigoberto bewährt sich als "wahrer Meister der Kunst des Verführens und Genießens. Seine erotische Genussfähigkeit beruht auf zwei Grundkomponenten: der Langsamkeit und dem gesteigerten Bewusstsein."

Die Autorin kann es nicht unterlassen, den Erotomanen zu zitieren, etwa mit der differenzierten Hommage an seine Gattin Lukrezia: "Heute sehe ich ab von der Festigkeit deiner Brüste und der Streitbarkeit deiner Hüften, um ausschließlich der Konsistenz deiner Schenkel zu huldigen, dem Säulentempel, an dem ich für mein schlechtes Betragen festgebunden und ausgepeitscht werden möchte ..."

Juliane Vieregge stellt ein Szenario gegenüber, von dem sie nicht weiß, ob wir uns an seine zugrundeliegende Dynamik gewöhnen werden: "Eine Frau verspürt den Drang nach Familiengründung. Da sie durch berufsbedingten, mehrfachen Ortswechsel bisher keinen Partner gefunden hat, lässt sie sich von einem anonymen Spender schwängern. Mit Hilfe kommunaler Einrichtungen zieht sie das Kind alleine auf. Wechselnde Lebensgefährten gegen die Einsamkeit findet sie in den Flirtportalen des Internets ..."

Die Autorin sieht Leidenschaft von einer großen Zahl toxischer Epidemien gefährdet, etwa von einem omnipräsent empfohlenen "Offenheits- und Ehrlichkeitsfetischismus". "Meines Erachtens wird das Schweigen in unseren Zeiten generell unterschätzt. Speziell, wenn es um erotische Phantasien geht, halte ich vom Schweigen mehr als vom Reden... Der Reiz des inneren Films liegt in dem Umstand, dass er keiner Zensur unterliegt ..."

Die Perle in der Auster
Ein Plädoyer für mehr Leidenschaft
Vieregge, C. Juliane