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Krisen können die Gesellschaft sprengen oder zusammenführen

"In der Krise wächst das Autoritäre", warnt der Soziologe Wilhelm Heitmeyer. Anderseits sieht der Neurobiologe Gerald Hüther: "Krisen sind notwendig. Sie dienen dazu, dass wir Problemlösefähigkeiten entwickeln. Wenn wir sie meistern, werden eingefahrene Denk- und Handlungsmuster verlassen und die Nutzungsmöglichkeiten des Gehirns erweitert." Im Reader "Krisen erLeben" versammeln Hüther und Kollegen Informationen und Reflexionen zum Nutzen von Krisen.

Hüther: "Erfolg macht blind. Und viel Erfolg zählt wohl zum Schlimmsten, was einem Menschen im Leben passieren kann." Die gewohnte Erfolgsstrategie scheint dem Betroffenen alternativlos und schnürt sein Denken ein. "Erfolgsgebahnte psychische Erblindungsphänomene und psychische Abhängigkeiten" folgen. Dies gilt für Einzelne ebenso wie Gruppen und ganze Bevölkerungen. Die Krise kann die Verengung aufbrechen.

 

Aufbrüche können brisante Risiken einleiten - oder positive Entwicklungen: "Wenn die soziale Verankerung eines Menschen breit genug ist, kann sich das herausbilden, was eine Gesellschaft tatsächlich zusammenhält: die Fähigkeit zur Wahrnehmung von sozialer Verantwortung."

 

Anderseits warnt Hüther: "Die herrschenden Verhältnisse begünstigen die Zersplitterung der Gesellschaft in unterschiedliche Interessenverbände. Die soziale Verankerung des Einzelnen gestaltet sich unter diesen Bedingungen (wenn überhaupt) nur allzuleicht als sehr enge Bindung Einzelner an eine gesellschaftliche Gruppierung. Da der Mangel an hinreichend breiter sozialer Verankerung bei solchen Menschen zwangsläufig mit einem beschränkten Wissen und schmaler Kompetenz einhergeht, schlagen diese Gruppierungen allzu oft dogmatische oder chaotische Richtungen ein und wirken als Sprengkräfte in der Gesellschaft."

 

Der Psychiater Klaus Dörner kommt in seinem Beitrag zu "Krisen erLeben" auf eine geradezu chronische Krise zu sprechen: die dramatische Zunahme Pflegebedürftiger und die entsprechende Überforderung institutionalisierter Versorgung. Daraufhin entstanden seit etwa 1980 "Tendenzen in der Bevölkerung zu mehr sozialem Engagement für andere Menschen." Dörner registriert "die Existenz einer neuen Bürgerhilfe-Bewegung, auch wenn man es nicht glauben mag. Beispiele: Seit Anfang der achtziger Jahre nimmt die Zahl der Freiwilligen, der Nachbarschaftsvereine und Bürgerbüros kontinuierlich zu. Auch die alte Institution der Bürgerstiftung wurde wieder belebt ..."

 

Der Psychiater Georg Juckel setzt in seinem Beitrag zu "Krisen erLeben" bei der ultimativen Krise an: "Die Gemeinschaft der Todgeweihten sollte zu einer ungeheuren tiefen Solidarität zwischen den Menschen führen, da wir alle die gemeinsame Bestimmung haben, sterben zu müssen. Diese Solidarität sollte dazu führen, das Nichts zusammen auszuhalten und niemanden damit allein zu lassen ..."

 

Literatur zum Thema

Werner Posner, Silke Echterhoff, Hartmut Schröter (Hrsg.) Krisen erLeben.
Pabst, 214 Seiten, Paperback ISBN 978-3-89967-510-8

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