Die erwünschte Prognosesicherheit wird dennoch unerreichbar bleiben. Ulrich Kobbe, selbst als psychologischer Prognosegutachter tätig, reflektiert: "Demnach ginge es um eine unmöglich zu lösende Aufgabe. Da Misserfolge bei unlösbar-ambivalenten Aufgaben mit moralischer Bedeutung als Gewissensangst eingefärbte depressiv-ängstliche Affekte hervorrufen, werden diese zunächst aggressiv abgewehrt. Zugleich re-/aktiviert die vermeintlich individuelle Insuffizienz Gewissensanteile: Sichtweisen der moralischen Pflicht als aufgegebene Leistung erzwingen einen Grundkonflikt des einzelnen Prognostikers zwischen Erfolgszwang, Kompetenzanspruch und Misserfolgsbewältigung; sie führen konsequenterweise zu einer ´Pathologie des Anspruchsniveaus´ ..."
"Dass Overprediction als ein alltägliches Artefakt von Gefährlichkeitsprognosen auftritt, war und ist Allgemeinwissen. Dass die Problematik nicht abnimmt und nicht abnehmen kann, ist nicht zuletzt auch der Blödheit des Gesetzes geschuldet, das nicht mehr sachverständig zu beurteilen fordert, ob verantwortet werden kann, den Betreffenden in Freiheit zu erproben;" das Gesetz verlangt "eine gutachterliche Aussage dazu, ob keine Gefahr mehr besteht, dass die in der Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortexistiert. Wen wundert es, wenn damit eine erhöhte Anzahl ungünstiger Prognosen resultiert?"
Literatur zum Thema
Ulrich Kobbe (Hrsg.) Forensische Prognosen - Ein transdisziplinäres Praxismanual. Standards, Leitfäden, Kritik. Pabst, 524 Seiten. Hardcover ISBN 978-3-95853-243-4. Ebook 978-3-95853-244-1