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Hörgeschädigte Kinder mit Cochlea-Implantat: durch Irrlehren zusätzlich belastet

Kleinkinder müssen frühzeitig sprechen lernen. Diese Fähigkeit ist Voraussetzung für jede geistige und emotionale Entwicklung. Ist das Kind hörgeschädigt und kann es trotz Cochlea-Implantats nicht genügend hören, muss es als Alternative oder zusätzlich Gebärdensprache lernen, empfiehlt Professorin Dr. Gisela Szagun in ihrem neuen "Ratgeber zum Spracherwerb bei Kindern mit Cochleaimplantat". "Der Aufbau eines funktionsfähigen Symbolsystems ist unabhängig davon, ob es lautlich oder gebärdet gelingt."

Die Psychologin hat "immer wieder Einstellungen zum Gebrauch von Gebärden erlebt, die von vehementer Ablehnung über Zurückhaltung bis zu milder Akzeptanz rangieren. Begründet werden derartige Einstellungen damit, dass die Kommunikation mit Gebärden den Erwerb der Lautsprache beeinträchtige.

Diese Meinung lässt sich durch empirische Fakten nicht unterstützen. Es kann, im Gegenteil, nachteilig sein, Kindern mit Hörbeeinträchtigung visuell übermittelte Informationen vorzuenthalten. Es gehört durchaus dazu, dass wir eine lautsprachliche Unterhaltung in mehr oder weniger starkem Maße durch Gesten begleiten. Auch schauen wir uns an und nehmen damit Mundbewegungen beim Sprechen wahr - auch wenn uns das nicht bewusst ist. Das alles hilft uns bei der Übermittlung der sprachlichen Mitteilung. Normalhörigen hilft es beim Spracherwerb. Es ist daher umso weniger einzusehen, warum visuelle Information - sei es in Form eines Mundbildes beim Sprechen oder in Form von Gesten und Gebärden - Kindern mit Cochlea Implantat vorenthalten werden soll. Es würde den Spracherwerb für sie gegenüber normalhörigen Kindern erschweren.
 
Indem die Kinder die Bewegungen - wenn auch verdeckt - mitmachen, lernen sie den Laut. Die Muskelbewegungen geben dem Hirn Informationen über die Lautbildung. Diese kinästhetische Information wird zusammen mit der lautlichen Information vom Gehirn gespeichert, und so wird die Bildung des Lautes allmählich gelernt. In der kindlichen Entwicklung ist es beim Lernen hilfreich, Informationen von Sinneseindrücken und durch Bewegung zu haben. Es ist daher ausgesprochen hilfreich, wenn sich Kinder beim Spracherwerb zusätzlich am Mundbild orientieren ..."
 
Mit diesen und anderen - wissenschaftlich fundierten - Empfehlungen widerspricht die Psychologin einigen anderslautenden Irrlehren.
 
Häufig wird auch geraten, bei Kindern mit Cochlea-Implantat "auf Gesten nicht zu reagieren, sondern darauf zu beharren, dass das Kind lautsprachlich äußert, was es sagen will. Das ist kein guter Ratschlag. Auch wenn der Gebrauch von Gesten bei Kindern mit Cochlea-Implantat oft über das hinausgeht, was wir von normalhörigen Kindern gewohnt sind, sollten wir auf ihre Gesten reagieren. Die Gesten zeigen zweierlei:

  • Das Kind hat einen wichtigen Schritt zur Symbolbildung getan
  • Das Kind möchte kommunizieren"

Wenn auf eine Geste nicht reagiert wird, verweigert man die Reaktion auf ein Kommunikationsangebot. Das Kind versteht dies als Ablehnung und wird seine Kommunikation, also auch seine Lernprozesse einschränken. Daher rät Gisela Szagun, die gestische Aussage des Kindes in Worten wiederzugeben und mit Worten - gestisch unterstützt - zu beantworten.
 
Mehrere Jahrzehnte Erfahrung und wissenschaftliche Arbeit hat Gisela Szagun in ihrem aktuellen Ratgeber zusammengefasst, der zu einer optimalen Betreuung von hörgeschädigten Kindern beitragen kann.

Wege zur Sprache
Ein Ratgeber zum Spracherwerb bei Kindern mit Cochlea-Implantat
Szagun, Gisela




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