Immer mehr Menschen in Deutschland greifen zu gefährlichen künstlichen Drogen wie Crystal Meth oder Legal Highs. Drei Prozent mehr als im Jahr zuvor starben 2014 an ihrem Drogenkonsum, wie Bundeskriminalamt und Bundesregierung soeben berichteten. Dies wirkt sich auch auf Kinder aus: "Wir beobachten im Umfeld unserer kleinen Patienten einen zunehmenden Missbrauch von Drogen, gerade in jungen Familien, bei Schwangeren und Heranwachsenden", sagt Tagungspräsidentin Frauke Schwier, Kinderchirurgin am Universitätsklinikum Dresden. Dieses Jahr stehen Kinder in drogenbelasteten Familien im Zentrum der Veranstaltung "Hier bedarf es - ähnlich wie bei den anderen Suchterkrankungen - rascher Hilfe: Denn diese Kinder sind nicht nur in großer Gefahr, selbst eine Suchtproblematik oder andere Störungen zu entwickeln, häufig wachsen sie auch ohne Fürsorge auf, sind vereinsamt und in ihrer Entwicklung massiv beeinträchtigt."
Im Rahmen der Behandlung etwa von Verletzungen gelangen diese Kinder auch in Kontakt zu Kinderchirurgen. Dabei können Kinderchirurgen familiäre Krisensituationen erkennen und Hilfe einleiten. Bewährt haben sich dabei interdisziplinäre Strukturen wie Kinderschutzgruppen, die nicht nur medizinisch helfen, sondern auch versuchen, fachübergreifend Hilfskonzepte, die sowohl Eltern als auch Kinder einbeziehen, zu erstellen. "Zahlreiche auf den Einzelfall abgestimmte Disziplinen von Jugendhilfe, Sozialdiensten, Pädagogen, Kinderpsychologen und Jugendpsychiatern, Rechtsmedizinern, Augenärzten, Radiologen, Kinderärzten, Gynäkologen und Kinderchirurgen und manchmal auch der Polizei arbeiten im Idealfall zum Wohl der Betroffenen zusammen", berichtet Dr. med. Sylvester von Bismarck, der die AG Kinderschutz der DGKCH leitet.
Aktuell gibt es in mehr als 50 Kliniken solche Kinderschutzgruppen. "Das ist zwar schon ein Fortschritt", sagt von Bismarck, der Kinderchirurg am Berliner Klinikum Vivantes ist. Doch für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung reiche das bei weitem nicht aus: "Wir brauchen mehr Kinderschutzgruppen und von ihnen geschaffene, lokale Hilfsnetzwerke, die mit den Kliniken zusammenarbeiten. Und er benennt die fehlende Finanzierung der Arbeit: "Die Ansprache und Behandlung der Betroffenen erfordern Kompetenz, Zeit und Einfühlungsvermögen", sagt von Bismarck. Dieser Aufwand sei in den Fallpauschalen zur Vergütung der Kliniken jedoch nicht eingeplant.
Hier müsse dringend etwas getan werden, fordert die DGKCH: "Insbesondere Babys und Kleinkinder sind durch den Drogenkonsum ihrer Eltern gefährdet. Diese Gefährdungen müssen rechtzeitig erkannt und durch entsprechende Hilfen für die Familien abgewendet werden", sagt von Bismarck.
www.ag-kim.de und www.jahrestagung.ag-kim.de.
Quellen:
Bundesministerium für Gesundheit, Berlin: Metastudie Arbeit mit Kindern und deren suchtkranken Eltern. Stand: 31.05 2007
Amt für Soziale Dienste Bremen: Fachliche Weisung Umgang mit Kindern substituierter bzw. drogenabhängiger Mütter/Väter bzw. Eltern. Stand: 01.03.2009, abrufbar unter www.soziales.bremen.de