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Guttenberg-Plagiat war eine altmodische Heimarbeit: Der korporativen Korruption gehört die Zukunft

Simple Abschreiberei in wissenschaftlichen Publikationen nach dem Modell Guttenberg hat künftig kaum noch realistische Chancen. Doch mit zunehmender Kommerzialisierung der Wissenschaftsbetriebe wachsen die Anreize für Einzelne wie für korporative Gruppen, Studien zu manipulieren. Dabei handelt es sich nicht unbedingt um einen Rechtsbruch, sondern meist eher um "eine interessengeleitete Regeldehnung", berichtet Professor Dr. Thomas Kliche (Magdeburg) in Report Psychologie 9/2011.

"Wissenschaftliche Karrieren bestehen aus der Anhäufung und Umwechslung kulturellen Kapitals: Daten, Theorien oder Befunde werden durch Bewertungs- und Kooptationsprozesse in Aufträge, Einfluss und Stellen umgesetzt. Wissenschaft ist korruptionsanfällig, wo mit geringem Aufwand oder Risiko das existentiell wichtige kulturelle Kapital vermehrt werden kann. Daher richtet sich Fehlverhalten selten auf die Durchsetzung einer Ideologie oder Theorie, sondern auf einen Gewinn an Ressourcen und Output. Täter erleben ihr Fehlverhalten somit meist als rollengerecht, als Aufgabenbewältigung. Häufig lassen sich mit wenig Mühe methodische Begründungen finden", erläutert der Psychologe und Politologe.

"Anonyme Befragungen zeigen eine erhebliche Bereitschaft zu Fehlverhalten. Laut einer neueren Metaanalyse über 11.600 Wissenschaftler in westlichen Industrieländern hatten 14,12 Prozent Befundfälschungen beobachtet und etwa 50 Prozent weitere Formen von Fehlverhalten. Medizinische und pharmakologische Fächer waren besonders häufig betroffen ..." Denn in diesen Bereichen sind die direkten wirtschaftlichen Anreize am ausgeprägtesten...

"Gezielte Zensur verzerrt die Metaanalysen zur Sichtung von Evidenz. Ein Drittel der amerikanischen Wirkungsstudien über Antidepressiva blieben in der Schublade. Wurden sie metaanalytisch einbezogen, verschwanden viele vermeintliche Medikamentenwirkungen: Statt 94 Prozent zeigten nur noch 51 Prozent der Studien Effekte; die vermeintlichen Effektstärken waren um durchschnittlich 32 Prozent übertrieben, bei manchen Stoffen um bis zu 69 Prozent. Viele vermutete Wirkungen medikamentöser Depressionstherapie sind somit bestenfalls Placebo-Effekten zuzuschreiben ..."




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