Die Dauer der Abwesenheit von zu Hause und die Trennung von den Eltern ist heute nicht mehr das Problem, so Professor Büttner, der auch Direktor an der Akademie für Bildungsforschung und Lehrerbildung (ABL) an der Goethe-Universität Frankfurt ist: "Die meisten Kinder haben ja einen Kindergarten besucht und kennen das schon." Dennoch sei die Einschulung für viele ein Riesenschritt: das fremde, große Gebäude, die Ungewissheit, ob man mit bekannten Kindern in die Klasse kommt und wie die neuen Mitschüler so sind - all dies führe oft zu einer großen Verunsicherung.
"Wichtig ist, das Kind vor allem am Anfang emotional zu unterstützen, ihm deutlich zu machen, was für ein wichtiger Schritt das ist", so der Psychologe. Das Kind zur Schule zu begleiten und es auch wieder abzuholen, das sei am ersten Tag wichtig. Eine große Einschulungsparty mit vielen Verwandten und Bekannten sei nicht immer sinnvoll: "Das lenkt vielleicht zu sehr vom Eigentlichen ab", sagt Büttner.
Die meisten Kinder gingen gern zur Schule und seien bis zur dritten Klasse hochmotiviert. "Das Lernen ist in dieser Zeit eine große Freude, und die Kinder empfinden es mehrheitlich als etwas Besonderes, in die Schule zu gehen", sagt der Wissenschaftler. Sollte ein Kind dennoch Schwierigkeiten haben, sich an das Schülerdasein zu gewöhnen und sehne sich nach dem Spielerischen der Kindergartenzeit zurück, sollten die Eltern ihm deutlich machen, dass das nun einmal sein müsse und wie wichtig das Lernen sei. "Nur in sehr wenigen Fällen ist ein Kind noch nicht schulreif und sollte ein Jahr zurückgestuft werden. Im Allgemeinen sind die Einschulungstests aber sehr zutreffend", meint Büttner.
Gerade bei Kindern, die sich zu Beginn schwertun, sei es wichtig, dass am Nachmittag eine Bezugsperson zur Verfügung stehe, damit sich das Kind nicht alleingelassen fühle. Wenn möglich, würde er auch die Hortbetreuung erst später beginnen lassen: "Zu viel Neues ist für den Anfang nicht gut." Andererseits sei die Möglichkeit sozialer Erfahrungen auch für den Nachmittag wichtig. "Eltern sollten ihr Kind darin unterstützen, dass es auch mal Freunde mit nach Hause bringt."
Von zentraler Bedeutung für den Schulerfolg sei auch die gute Kommunikation zwischen Eltern und Lehrern. Mit Kritik an der Lehrkraft sollten sich Mütter und Väter aber gegenüber dem Kind zurückhalten: "In der Tat sind nicht alle Lehrer gleich gut, aber die Eltern sollten das unter sich besprechen und Probleme sachlich mit dem Lehrer selbst klären", rät der Experte. Man tue seinen Kindern keinen Gefallen, wenn man vor ihnen abschätzig über den Klassenlehrer spreche: "Das ändert nichts an den Umständen, aber das Vertrauen des Kindes wird erschüttert. Kinder lernen bis weit in die Grundschule hinein sehr personenbezogen. Elterliche Kritik am Lehrer ist da kontraproduktiv."
Zurückhaltend agieren sollten Eltern Büttner zufolge auch beim Thema Hausaufgaben: "Wissenschaftliche Befunde zeigen, dass es nicht gut ist, wenn Eltern sich zu sehr an den Hausaufgaben beteiligen." Wenn stets ein Erwachsener dabeisitze, wenn ein Kind seine Aufgaben erledigt, verhindere dies, dass das Kind selbständig zu arbeiten lerne. "Man sollte das Kind allein arbeiten lassen und in der Nähe sein für den Fall, dass es Fragen hat", sagt Büttner. Am Ende des Tages sei eine Kontrolle zu empfehlen, bis die Eltern sicher sein könnten, dass das Kind zuverlässig arbeite. "Damit zeigen die Eltern dem Kind auch, dass sie es wertschätzen und an seinem Leben Anteil nehmen." Für die spätere Schullaufbahn sei es jedoch wichtig, dass das Kind selbständig arbeite: In der weiterführenden Schule hätten sich die Inhalte zum Teil so sehr gewandelt, dass Eltern nur wenig Einblick hätten. Auch wenn es schwerfällt: Loslassen sei das Stichwort, über dessen Bedeutung sich Eltern im Klaren sein müssten: "Das ist wichtig für den ganzen Lebensweg des Kindes. Man kann nicht verhindern, dass die Kinder groß werden."
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 2014 feiert sie ihren 100. Geburtstag. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto "Wissenschaft für die Gesellschaft" in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften.
Literatur zum Thema:
Pädagogisches Kompaktwissen für Eltern von Schulkindern
Ziegler, Albert; Stöger, Heidrun