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Genetischer Risikofaktor für manisch-depressive Störung entdeckt

Die Variation in einem bestimmten Gen erhöht die Wahrscheinlichkeit, an manisch-depressiver Störung zu erkranken. Das berichtet ein internationales Forscherteam unter der Federführung von Wissenschaftlern aus Bonn, Mannheim und Jülich. Die Erkenntnis ist ein wichtiger Puzzlestein, um die Entstehung der Krankheit zu verstehen, bei der genetische Veränderungen ebenso wie Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Ihre Ergebnisse präsentieren die Forscher in der aktuellen Online-Veröffentlichung des Fachmagazins "American Journal of Human Genetics" (doi: 10.1016/j.ajhg.2011.01.017).

Etwa ein Prozent der Bevölkerung leidet an der manisch-depressiven Störung, einer neuropsychiatrischen Erkrankung. Die Stimmung der betroffenen Menschen schwankt krankhaft stark zwischen Manie und Depression. In einer der größten bislang durchgeführten Studien zur Identifizierung der genetischen Ursachen dieser auch Bipolare Störung genannten Krankheit haben Wissenschaftler nun hunderttausende, häufig vorkommende Varianten im Erbgut in einer großen Zahl von Patienten und gesunden Menschen systematisch verglichen. Das Ergebnis dieser sogenannten genom-weiten Assoziationsstudie: Eine Variante des Gens Neurocan (NCAN) ist bei Menschen mit manisch-depressiver Störung signifikant häufiger als bei Gesunden.

"Die identifizierte Risikovariante erhöht das Risiko der Träger zu erkranken. Sie bestimmt aber nicht alleine, ob man erkrankt", sagt Sven Cichon, Professor am Institut für Humangenetik der Universität Bonn und am Institut für Neurowissenschaften und Medizin des Forschungszentrums Jülich. "Die Bipolare Störung zählt zu den sogenannten komplexen Krankheiten. Damit sie ausbricht, müssen viele genetische Risikofaktoren und auch Umwelteinflüsse zusammenkommen", so Prof. Marcella Rietschel vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Bisher waren genom-weite Assoziationsstudien bei der manisch-depressiven Störung nicht so erfolgreich wie bei anderen komplexen Krankheiten, wie z.B. dem Diabetes mellitus Typ II, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder der Schizophrenie. "Umso höher ist die Identifizierung des Risikofaktors im Neurocan-Gen bei der Bipolaren Störung zu werten. Wir hoffen, neue Einblicke in die molekularen Prozesse zu erhalten, die bei dieser häufigen neuropsychiatrischen Störung eine Rolle spielen", sagt Prof. Markus M. Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik der Universität Bonn.

Das Gen Neurocan (NCAN) ist den Hirnforschern grundsätzlich bekannt: "Wir wissen, dass NCAN beim Wachstum und Zusammenhaften der Gehirnzellen eine Rolle spielt", sagt Cichon. "Dass es im Zusammenhang mit der Bipolaren Störung steht, war bisher aber nicht klar."

Untersuchungen bei Mäusen hatten außerdem ergeben, dass die genetische Information von Neurocan hauptsächlich in zwei Gehirnbereichen abgerufen wird, die als betroffene Gehirngewebe bei der Bipolaren Störung bereits bekannt sind: Cortex und Hippocampus. Erste Untersuchungen von Mäusen, bei denen das Gen Neurocan entfernt wurde, gaben Hinweise auf gewisse Einschränkungen bei kognitiven Prozessen, die nun genauer untersucht werden.

"Wir wollen nun im Detail herausfinden, an welchen Prozessen NCAN im Gehirn beteiligt ist und wie das Vorliegen der krankheitsassoziierten Genvariante diese Prozesse stört", sind sich die beteiligten Wissenschaftler einig. Diese Erkenntnisse könnten in Zukunft bei der Entwicklung wirksamer Therapien zur Behandlung der manisch-depressiven Störung von großem Nutzen sein.




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