"Ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma kann nach relativ geringen Erschütterungen beim Sport, im Haushalt, nach Auffahrunfällen oder Stürzen auftreten", erklärt Projektleiter Dr. Carsten Konrad; bis zu drei Promille aller Menschen sind betroffen. Für Patienten, die eine Gehirnerschütterung erlitten haben und danach emotionale oder kognitive Beeinträchtigungen bemerken, ist es häufig schwierig, ihre Ansprüche gegenüber Versicherungen oder Unfallgegnern durchzusetzen, da nach der gängigen Lehrmeinung eine Gehirnerschütterung ohne Langzeitfolgen bleibt.
Das interdisziplinäre Autorenteam um Carsten Konrad liefert nun Hinweise darauf, dass diese Auffassung falsch sein könnte. Die Wissenschaftler nahmen Patienten unter die Lupe, die ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben, und untersuchten sie psychiatrisch, neuropsychologisch sowie mittels Magnetresonanztomographie. Die Resultate sind in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift "Psychological Medicine" nachzulesen.
Die Patienten nach leichtem Schädel-Hirn-Trauma zeigten im Durchschnitt nach sechs Jahren mittelstarke bis starke Beeinträchtigungen in verschiedenen neuropsychologischen Bereichen wie Lernen und Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit und Exekutivfunktionen. Auch depressive Symptome waren nach Gehirnerschütterung häufiger. Bei Probanden, die kein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatten, zeigte sich kein derartiger Befund. "Wir können ausschließen, dass die beobachteten Beeinträchtigungen sich durch depressive Symptome oder suboptimales Leistungsverhalten erklären lassen", führt Konrad aus. Die Ursachen der Langzeitwirkung sind unbekannt.