Fünf szenenreiche, ausführliche Patientengeschichten zu lesen: Worin liegt der Sinn? Hillert adressiert kollegial TherapeutInnen und ihre Resonanzphänomene: "Menschen sind uns sympathisch oder unsympathisch - Qualitäten, die sich im Verlauf einer Geschichte verändern können. Worte sind relativ plump, verglichen mit den Aspekten, um die es hier geht. Dem nachzuspüren, eigene Konzepte und deren Grenzen zu reflektieren, ist eine Form der Selbsterfahrung, die wiederum als Basis dient, in therapeutischen Kontexten (etwas) professioneller agieren zu können.
So gesehen können Sie die Geschichten respektive die Schicksale der Protagonisten als ein Medium, als einen Spiegel betrachten, um sich selbst kennen zu lernen. Auch für TherapeutInnen geht es um mehr als darum, aus biographischen Angaben und Symptomatik, im Sinne einer mathematischen Gleichung, Behandlungsmethoden abzuleiten. Letztlich geht es auch immer darum, den anderen in jeweils ´meinen´ Erfahrungshorizont zu integrieren ...
Bei Anamnesen und Fallgeschichten geht es nie um ´historische Wahrheit´, sondern jeweils - bezogen auf den Protagonisten - um Bedeutungszuschreibungen. Angesichts dessen wird in den Fallberichten nicht der Versuch einer ´objektiven Darstellung´ bzw. rhetorischer Klimmzüge zur vermeintlichen ´Objektivierung´ unternommen, sondern die Geschichten werden so erzählt, wie sie aus der Perspektive eines Therapeuten gewesen sein dürften - im Sinne einer ´Realität´, die stets konstruiert werden muss, wenn es gilt, einen Patienten zu verstehen ..."
Andreas Hillert: High-Performer in der Abseitsfalle.
Psychotherapie und seelische Gesundheit im Zeitalter kategorischer Optimierung.
Pabst, 188 Seiten. Paperback ISBN 978-3-95853-397-4. eBook ISBN 978-3-95853-398-1