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Franz Kafka diagnostizierte den psychosomatischen Zusammenhang seiner Krankheiten

Konflikt – Krise – Krankheit. Psychosomatische Leiden historischer Persönlichkeiten

Kleinkinder benötigen eine konstante, verlässliche Bezugperson. Fehlt sie, werden lebenslange psychische und somatische Störungen vorprogrammiert. Anhand der Anamnese historischer Persönlichkeiten verdeutlichen Prof. Dr. Rudolf und Dr. Barbara Klußmann (München) die häufig unterschätzten, folgenschweren Risiken.

In ihrem Reader "Konflikt, Krise, Krankheit" stellen die Psychosomatiker neben bedeutenden Herrschern auch Franz Kafka vor. "Sein Vater war extrem streng und hatte keinerlei Verständnis für die Bedürfnisse des Kindes. Seine Mutter konnte dem nichts entgegensetzen; auch sie konnte nicht die nötige Empathie für ihren Sohn aufbringen. Das Kind wuchs unter der Obhut der Köchin und des tschechischen Hausfaktotums Marie auf. Die eine streng, die andere freundlich, aber furchtsam gegenüber dem Vater. Zu diesen Respektspersonen kam noch ein Kindermädchen und später eine französische Gouvernante hinzu. Die Eltern sah Kafka selten. Die Erziehung beschränkte sich auf Anweisungen bei Tisch und Befehle ..."
 
Die Liste von Kafkas psychosomatischen Krankheiten ist lang:

  • konstitutionelle neurovegetative Instabilität und Überempfindlichkeit
  • ständige hypochondrische Selbstbeobachtung
  • phobische Ängste verschiedener Art (z.B. vor Haarausfall, vor Verlust der Sehkraft, vor Ansteckungen, vor Mäusen)
  • rheumatische Rückenschmerzen
  • schmerzhafte Verdauungsstörungen
  • Herzrhythmusstörungen mit Extrasystolen und Tachycardien
  • quälende Kopfschmerzen
  • chronische Schlaflosigkeit
  • vasomotorische Störungen (Irritationen der Haut)
  • Überempfindlichkeit gegenüber Lärm
  • schwere Erschöpfungszustände

Die hohe Stressbelastung schwächte das Immunsystem. Kafka hatte seit 1912 der Tuberkulose-Infektion kaum Widerstandskraft entgegenzusetzen. Klußmann und Klußmann vermuten: "Kafka konnte sein labiles Gleichgewicht nur aufrechterhalten und seinen psychischen Schmerz nur ertragen, indem er körperlich erkrankte." Der Künstler selbst interpretierte seine Krankheit in einer Weise, die ein modernes psychosomatisches Verständnis vorwegnahm: "Es ist eben medizinisch ein aussichtsloser Fall. Die körperliche Krankheit ist hier nur ein Aus- den-Ufern-Treten der geistigen Krankheit; will man sie nun in die Ufer zurückdrängen, wehrt sich der Kopf; er hat ja oben in seiner Not die Lungenkrankheit ausgeworfen ..."
 
Klußmann und Klußmann diagnostizieren: "Kafkas persönliche Probleme schlagen sich in seinen Werken nieder. Seine Krankheiten vermochte er zu durchschauen, sie zu reflektieren und in seinen Werken bis zu einem gewissen Grad zu verarbeiten. Möglicherweise konnte er dadurch einen noch früheren Tod hinausschieben, auch einen Selbstmord verhindern - eine Heilung konnte er trotz seiner beeindruckenden Möglichkeit zur Selbstreflexion nicht erreichen ..."
 

Literatur:

Konflikt – Krise – Krankheit.
Psychosomatische Leiden historischer Persönlichkeiten




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