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Frank-Walter Steinmeier: Die Lebendspende löst das eigentliche Problem nicht

W. Weimar, M.A. Bos, J.J. Busschbach (Eds.): Organ Transplantation: Ethical, Legal, and Psychosocial Aspects

Wenn der Körper das Nierentransplantat nicht abstößt, wird Elke Büdenbender ein annähernd normales Leben führen können; doch sie ist vermutlich nicht die einzige Gewinnerin: Ihr Organspender und Ehemann Frank-Walter Steinmeier erhält die Chance, auch seine eigene Lebensqualität zu steigern. Die Lebendspender intensivieren häufig ihre Beziehung zum Empfänger und gewinnen an Selbstwertgefühl. Viele psychosomatische Studien belegen diesen Befund. Doch wenn die Transplantation misslingt, können Lebendspender Depressionen entwickeln, Schuldgefühle und posttraumatische Belastungsstörungen.

Empfänger und Spender werden vor der Organübertragung nach Möglichkeit psychologisch evaluiert: Wie kann sich die Beziehungsdynamik zwischen beiden entwickeln? In den meisten Fällen verstärkt sich durch die Organspende die vorhandene Tendenz: Die Nähe wird intensiviert. Aber: Driften die Beteiligten auseinander, wird diese Dynamik beschleunigt. Versuche, eine instabile Beziehung durch eine Organspende zu festigen, sind in aller Regel zum Scheitern verurteilt. Eine eher neutral-freundschaftliche Beziehung zwischen Spender und Empfänger birgt die wenigsten psychologischen Risiken.

Relativ häufig werden Lebendtransplantationen aus psychologischen Gründen abgelehnt - gelegentlich auch aus juristisch-ökonomischer Vorsicht; bei eventuellen Komplikationen ist die versicherungsrechtliche Situation des Spenders gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Da das medizinische Risiko einer Nierenentnahme jedoch gering ist und neuerdings durch laparoskopische Verfahren auch die Belastung zurückgeht, sind die Ängste meist minimal.

Völlig anders verhält sich die Situation, wenn ein Gesunder einen seiner beiden Leberflügel spendet. Einerseits ist das Risiko relativ hoch: Allein in Deutschland sind drei Todesfälle bekannt. Anderseits ist der Patient mit Leberversagen unmittelbar vom Tod bedroht - im Gegensatz zum Nierenpatienten, der auch an der Dialyse weiterleben kann. Bei der Frage einer Leberspende lastet also höchster psychischer Druck auf allen Beteiligten - große Ängste, Verletzungen und bei einem Erfolg große Freude.

Die Lebendspende - wie von Frank-Walter Steinmeier praktiziert - ist also keine generelle Lösung des Problems: Patienten mit Leber-, Herz- oder Lungenversagen bleiben darauf angewiesen, dass die Organentnahme bei Verstorbenen deutlich intensiviert wird.

Über einen keineswegs amüsanten Nebeneffekt der Lebendspende berichteten kürzlich amerikanische Nephrologen: Grundsätzlich müssen u.a. genetische Merkmale von Spender und Empfänger untersucht werden. Dabei stellt sich heraus, dass etwa zwei Prozent der "Väter" keineswegs die realen Erzeuger sind. In einigen Fällen klären die Doctores die Betroffenen auf, in anderen Fällen bleibt das Geheimnis der Mutter gewahrt ...




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