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Forensische Psychiatrie und Psychotherapie: Ausländer sind nicht krimineller als Inländer

Immer mehr Migranten unterschiedlichster Herkunft werden in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie behandelt. Damit wachsen Komplexität und Risiken in der Stationsarbeit. Erstmals hat eine forensische Klinik (München-Ost) in einem umfassenden Buch konkret offengelegt, wie sie interkulturellen Spannungen begegnet und multikulturelle Integrationsnmöglichkeiten wahrnimmt. Chefarzt Dr. Herbert Steinböck räumt bereits initial ein Missverständnis zur Seite: "Ausländer sind nicht krimineller als Inländer. Migranten sehen sich jedoch einem höheren soziokulturellen Druck ausgesetzt."

Dr. Wolfgang Krahl skizziert ein annähernd klassisches Beispiel: "Bei jungen Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion fällt auf, wie schwer ihnen der Umzug aus ihrer früheren Heimat nach Deutschland gefallen ist. Immer war es die Entscheidung der Eltern, nach Deutschland zu gehen, die Kinder wurden in die Entscheidung meist nicht einbezogen. Die Erwartung der Eltern mit einem häufig idealisierten Deutschland-Bild hat vor allem bei vielen Jugendlichen zu einer Verhinderung einer realistischen Akzeptanz der Aufnahmegesellschaft geführt. Auch hat die Aufnahmegesellschaft diese Gruppe nicht mit offenen Armen begrüßt. In der ehemaligen Sowjetunion waren sie die ´Faschisten´, in Deutschland die ´Russen´. Eine Einstellung, die die Integration nicht erleichtert. Viele Jugendliche sind nicht über den ´Kulturschock´hinweggekommen, und Drogen waren eine vermeintliche Lösung."

Krahl beobachtete bei diesen Gruppen meist "keine langsame Suchtentwicklung, sondern dass sie sehr rasch große Mengen Heroin konsumieren. Es besteht eine große Geschlossenheit der Gruppe, in der oft ein Anführer ds Wort hat. Bei der Entzugsbehandlung ist häufig dementsprechend entweder das Kollektiv erfolgreich, oder das Kollektiv bricht die Behandlung ab.

Misstrauen wird aufgrund von Vorerfahrungen in der ehemaligen Sowjetunion auch Mitarbeitern im Krankenhaus entgegengebracht, da sie als staatliche Organe wahrgenommen werden. Viele Spätaussiedler sind fest davon überzeugt, allein mit dem Drogenproblem klarzukommen, Willensstärke sei ja vorhanden. Für ein Verständnis der oft unverständlichen Verhaltensweisen dieser Gruppe ist es hilfreich, Besonderheiten dieser Aussiedler zu betrachten: Die Gruppe ist neben der Migration, den kulturellen und sprachlichen Besonderheiten auch noch durch ihre mehrfachen Vertreibungen und politischen Verfolgungen gekennzeichnet. Spätaussiedler kann man als eine über Generationen traumatisierte Gruppe sehen, die immer ausgegrenzt worden war ..."




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