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Forensische Prognosen: Wie persönliche Grundannahmen des Gutachters das Schicksal des Angeklagten bestimmen können

Forensische Prognosen unterliegen zahlreichen - teils unvermeidbaren - individuellen Einflüssen. Daher werden zunehmend häufiger "Standardisierte Kriminalprognose-Verfahren" eingesetzt; doch auch ihre Treffsicherheit ist beschränkt. Das transdisziplinäre Praxismanual "Forensische Prognosen" analysiert die Probleme der Verfahren.

 

Eine Studie identifizierte bei forensischen Gutachtern drei etwa gleich große unterschiedliche Gruppen: "Aufgeschlossene", "Traditionelle", "Unentschiedene". Die "Aufgeschlossenen" werden charakterisiert:

 

- Sie nehmen eher psychosoziale Gründe für kriminelles Verhalten und psychische Erkrankungen an

- Sie erleben die Sachverständigen-Tätigkeit als konflikthaft

- Sie glauben, bei der Gutachteraufgabe komme ihre Person ins Spiel

- Sie vermuten die Möglichkeit, in extremen Ausnahmesituationen selbst kriminelle Handlungen begehen zu können

- Sie halten öfter soziale, psychologische oder medizinische Maßnahmen als Konsequenz krimineller Verhaltensweisen für sinnvoll

 

Die "traditionellen" forensischen Gutachter votieren tendenziell für das jeweilige Gegenteil. Die "Unentschiedenen" zeigen uneinheitliche Tendenzen.

 

Bei Affekttaten, Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Triebanomalien, Suchterkrankungen und bei einer Kombination dieser Störungen mit schwierigen situativen Bedingungen testieren die ´traditionellen´ Psychiater mit hoher Wahrscheinlichkeit eine uneingeschränkte, die ´aufgeschlossenen´ Kollegen hingegen eine erheblich eingeschränkte bzw. aufgehobene Steuerungsfähigkeit. Damit können persönliche Grundannahmen des Gutachters zu schicksalhaften Weichenstellungen im Leben betroffener Straftäter führen.

 

Bieten - inzwischen sehr beliebte - standardisierte Begutachtungsverfahren eine höhere "Objektivität"? Prof. Dr. Andreji König formuliert im Praxismanual "Forensische Prognosen" erhebliche Bedenken, u.a.: Nahezu alle auf dem Markt erhältlichen standardisierten Kriminalprognoseverfahren sind mit Stichproben aus dem angloamerikanischen Raum konstruiert, sodass eine direkte Vergleichbarkeit mit deutschen Straffälligen für kaum ein Verfahren möglich sein wird.

 

Damit bleiben dem Feld der forensischen Begutachtung Dilemmata und den Straftätern häufige Fehleinschätzungen erhalten.

 

Literatur zum Thema

 

Ulrich Kobbe (Hrsg.): Forensische Prognosen - Ein transdisziplinäres Praxismanual.
Pabst, 528 Seiten. Hardcover ISBN 978-3-95853-243-4. eBook ISBN 978-3-95853-244-1

 

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