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Forensik-Symposium: Für welche Rechtsbrecher ist die Unterbringung im Maßregelvollzug sinnvoll?

Im Maßregelvollzug (auch "Forensische Psychiatrie") landen Rechtsbrecher, die aufgrund von psychischen Krankheiten oder Suchterkrankungen schuldunfähig oder vermindert schuldfähig sind, von denen jedoch eine weitere Gefährdung für die Gesellschaft ausgehen könnte. Doch für welche Rechtsbrecher ist die Unterbringung im forensischen Maßregelvollzug sinnvoll? Wie lange soll man sie unterbringen? Inwieweit kann man sich auf die derzeit verfügbaren Methoden der Gefährlichkeitsprognose - gerade vor dem Hintergrund aktueller Fälle wie dem von Gustl Mollath - verlassen? Wie müssen erfolgversprechende Therapiekonzepte im forensischen Maßregelvollzug gestaltet werden? Was kostet das alles und was bringt es letztendlich für gesellschaftliche, ökonomische und gesundheitspolitische Auswirkungen? Mit Fragestellungen wie diesen beschäftigt sich das Wittener Forensik-Symposium, das am 15. Oktober 2015 an der Universität Witten/Herdecke (UW/H) stattfindet.

Der Journalist und Jurist Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung) nennt den Paragrafen 63, der einen zentralen Aspekt des Maßregelvollzugs regelt, einen "dunklen Ort des deutschen Strafrechts, der einen Straftäter flugs in die Psychiatrie bringt, aus der er dann gar nicht mehr flugs herauskommt." Um die medizinisch- psychologischen, die gesellschaftspolitischen und ökonomischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem forensischen Maßregelvollzug stellen, wird es bei dem Forensik-Symposium an der UW/H gehen. Es referieren Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Praxis, so dass es einen Raum für interessante Diskussionen und einen facettenreichen Austausch geben wird. Insbesondere geben die eingeladenen Referenten einen Einblick in die Behandlung und Prognose von Rechtsbrechern mit Schizophrenien,, gesundheitspolitische und ökonomische Aspekte des Maßregelvollzugs und die aktuellen medizinisch-psychologischen und gesellschaftlichen Anforderungen an den Maßregelvollzug.

Das Symposium richtet das Department für Psychologie und Psychotherapie der Fakultät für Gesundheit an der Universität Witten/ Herdecke aus. Tagungsorganisatorin ist Prof. Dr. Martina Piefke, Inhaberin des Lehrstuhls für Neurobiologie und Genetik des Verhaltens.

Der Lehrstuhl von Prof. Piefke befasst sich neben weiteren wissenschaftlichen Projekten mit dem forensischen Forschungsschwerpunkt "Versorgungskonzepte, Gefährlichkeit und neuropsychologische Profile von langzeituntergebrachten Patienten im psychiatrischen Maßregelvollzug". Das übergreifende Ziel der in diesem Forschungsschwerpunkt zusammengefassten Studien besteht in der Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung der Diagnostik sowie der Pflege- und Therapieangebote in der Forensischen Psychiatrie. Insbesondere sollen in dem Projekt die Therapie- und Pflegekonzepte im Hinblick auf individuelle emotionale und kognitive Leistungsprofile bei langzeituntergebrachten Patienten optimiert werden. Eine zentrale Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Verbesserung von Maßnahmen zu der notwendigen Gefährlichkeitsreduzierung. "Die neuropsychologische Forschung hat gezeigt, dass gewaltbereite Straftäter spezifische kognitive und emotionale Auffälligkeiten zeigen, deren individuelle Konstellationen durch die Erstellung neuropsychologischer Profile abgebildet werden können. Ein besseres Wissen über individuelle neuropsychologische Profile kann helfen, Therapieangebote spezifisch an jeden einzelnen Patienten im Maßregelvollzug anzupassen und Gefährlichkeitsprognosen zu verbessern", erklärt Prof. Piefke. Der Forschungsschwerpunkt wird multidisziplinär von Psychologen, Medizinern, Pflegewissenschaftlern, Juristen und Ökonomen bearbeitet.

"Wir gehen davon aus, dass Pflegekonzepte maßgeblich zur Gefährlichkeitsreduzierung beitragen können. Dabei muss im ersten Schritt die Pflegebedürftigkeit bei der besonderen Patientengruppe ermittelt werden. Darauf aufbauend können Maßnahmen zur Reduzierung der Gefährlichkeit systematisch weiterentwickelt und in die Praxis eingeführt werden", erläutert die Pflegewissenschaftlerin Daria Olsen, die am Lehrstuhl im Forschungsschwerpunkt Forensik promoviert. Prof. Martina Piefke erläutert: "Aufbauend auf multidisziplinäre Studien über den forensischen Maßregelvollzug kann ein empirisch untermauertes Versorgungskonzept entwickelt werden, das sowohl den besonderen therapeutischen Erfordernissen der Unterbringung psychisch kranker Rechtsbrecher als auch gesellschaftlichen, gesundheitspolitischen und ökonomischen Interessen Rechnung trägt. Mit dem Wittener Forensik-Symposium möchten wir Kommunikationsprozesse zwischen den beteiligten Disziplinen initiieren."




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