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Erzähl- und Biografie-Arbeit: wirksame Beratung und Psychotherapie für Migranten

Beratung und Psychotherapie mit Narration: Vor allem bei Klienten mit Migrationshintergrund entfaltet das autobiografische Erzählen eine besondere Kraft. "Viele Menschen kommen aus kollektiven Kulturen und/oder ´Erzähl-Gesellschaften´, in denen unterschiedliche Konzepte von Identität und Problemlösestrategien vorherrschen. Die Narration stellt hier ein wichtiges Element einer stabilen Ich-Identität dar und kann als kultursensible Copingstrategie zu einer positiven Verstärkung der Beratung und Behandlung führen", berichtet Professor Dr. Jan Ilhan Kizilhan in "Praxis - Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation".

"Die narrative Biografie- und Identitätsarbeit hält der erzählenden Person ihre gesamte Lebensentwicklung als Spiegel vor. Der Klient lernt, seine Lebenslinie eventuell als Gesamtheit zu verstehen und die möglicherweise entstandenen Lücken in Worte zu erfassen;" für unverarbeitete Erinnerungen entwickelt der Patient jetzt Gefühle, mit denen er umgehen kann.
 
"Mögliche kollektive und über Generationen entstandene Traumata oder andere wichtige Ereignisse werden in die Narration einbezogen. In den jeweiligen Settings lernt der Klient, eine Erzählfunktion zu entwickeln und Zusammenhänge zwischen den eigenen Erlebnissen und z.B. denen der eigenen Familie oder des Kollektivs zu erkennen, um im Idealfall das Kohärenzgefühl zu stärken. Hierzu ist es allerdings notwendig, dass der Klient seine gesamte Lebensgeschichte erzählt und nicht nur eine bestimmte Phase.
 
Narratives Erzählen hat nur Sinn, wenn es von der Überzeugung getragen wird, dass Menschen die Kraft und Fähigkeit haben, mit Konflikten und Belastungen umzugehen - und bereit sind, daran zu wachsen. Die Grundlage des Ansatzes ist die durch Kultur und Sozialisation gegebene Kraft des Erzählens und Heilens, vor allem bei kollektiven Kulturen, die noch stärker als z.B. westliche Kulturen in ihrem Alltag darauf zurückgreifen. Erinnerungen werden z.B. in orientalisch-patriarchalischen Gesellschaften nicht individuell an ein bestimmtes Ereignis gebunden, sondern an ein Kollektiv - d.h. Vorfahren, Familie, Stammesstrukturen etc..
 
Somit werden Verstehen, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit individueller Ereignisse im Zusammenhang mit kollektiven Ereignissen gesehen, und aus beiden Dimensionen (individuell plus kollektiv) wird ein Kohärenzgefühl entwickelt." Eingehend berichtet der Therapeut in seinem Beitrag über Vorgehensweisen und mögliche Fallstricke.

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