NEWSBÜCHERJOURNALEONLINE-SHOP



 

Sie befinden sich hier: NEWS » Aktuelle News Psychologie » News lesen

« zurück

Diskussion über Jugendgewalt bei Maybrit Illner: Intensivtäter und Hilfsindustrie sind schwach

Die Diskussion um Jugendgewalt bei Maybrit Illner hat wieder verdeutlicht, wie frühzeitig bei jungen Menschen Aggressivität beachtet und - pädagogisch oder therapeutisch - behandelt werden sollte. Von einem gewissen Stadium und Alter an seien bei Intensivtätern alle Bemühungen um Gewaltprävention fast aussichtslos, beklagte Güner Balci bei Maybrit Illner. Und Polizeigewerkschafter Rainer Wendt bemängelte das Fehlen jeder Qualitätskontrolle in der Präventionsarbeit; hier konsumiere eine "Hilfsindustrie" unkontrolliert Steuergelder - allein in Berlin mehr als 400 Millionen Euro jährlich.

Anderseits konnte Maybrit Illner ein beredtes Gegenbeispiel vorweisen: den ehemaligen Intensivtäter Caglar Budakli, genannt Challa, der nach mehrjährigen Haftstrafen Rap-Musiker wurde und inzwischen in der Rehabilitation Jugendlicher arbeitet. Er hält die Aufgabe für eine persönliche Herausforderung, in der er seine eigene Stärke beweisen kann. In früheren Jahren hat er seine Ichschwäche durch Brutalität zu kompensieren versucht.

Der prominente Antiaggressivitätstrainer Dr. Michael Heilemann (Hameln) beobachtet bei Intensivtätern immer eine Ichschwäche; in seinem Buch "Gewalt wandeln" beschreibt er die häufigsten Persönlichkeitseigenschaften und Verhaltensbereitschaften:

  • Der Täter hat eine große Zahl von Kränkungen erfahren und in seiner Seele eingelagert; er ist hilflos
  • Der Täter überträgt seine zerstörerische Grundhaltung auf ein willkürlich ausgewähltes Opfer und versucht, sich an diesem narzisstisch zu bereichern
  • Der Täter nimmt dem Opfer die Selbstkontrolle
  • Der Täter versucht, dem Opfer die Schuld für die Tat zuzuschieben
  • Der Täter behauptet einen Konflikt zwischen sich und dem Opfer; in Wahrheit bestand jedoch lediglich ein Konflikt innerhalb der Täterpersönlichkeit
  • Der Täter immunisiert sich gegen Strafverfolger, indem er sich als Opfer darstellt
  • Der Täter spricht dem Opfer eine Ebenbürtigkeit ab; es hat für ihn keine wirklichen Rechte
  • Der Täter ist nicht in der Lage, die Solidarität und die Menschenrechte, die er seiner Familie zubilligt, auf andere Menschen und insbesondere auf Opfer zu übertragen. Für ihn gibt es zwei Sorten von Menschen: Die, die ungefragt und ohne zu zögern seine Hilfe erhalten und die, die sich ihm in den Weg stellen; letztere gilt es "ungefragt umzumähen".

Auch für die Justiz sind die Rechte der Opfer zweitrangig, wurde bei Maybrit Illner kritisch angemerkt.

"Justizielle Abläufe, in denen das Opfer zum ´Zeugen´ verkommt und in den Gerichtsfluren den Anfeindungen der Freunde des Täters ausgeliefert wird," verletzen das Opfer zusätzlich. Heilemann: "Das Opfer spürt, dass es im Rahmen der justiziellen Verfahrensabläufe zum Instrument und zur Hilfskraft der Rechtsfindung degradiert wird. Häufig wird dem Opfer sogar verwehrt, am Rechtsfindungsprozess mitzuwirken ..."

Dr. Michael Heilemann und Gabriele Fischwasser-von Proeck haben ein Anti-Aggressivitäts-Training (AAT) entwickelt; eine große Zahl von Sozialarbeitern und Therapeuten haben es übernommen, andere gestalten auf dieser Grundlage eigene Programme.


Gewalt wandeln: Das Anti-Aggressivitäts-Training AAT
Heilemann, M.; Fischwasser-von Proeck, G.




alttext    

 

Aktuell

Socials

Fachzeitschriften