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Die Verführung der Hitler-Jugend in den Tod: eine Autobiografie mit psychoanalytischer Tiefe

Militarismus, Krieg, Lebensbedrohung, Kampf drücken das Gefühlsleben auf primitive Stufen und lassen die Gedankenwelt verarmen. Befehlshierarchie und Kampfsituation erzwingen klare Verhaltensmuster. Umso schmerzlicher "tat sich bei vielen jugendlichen Flakhelfern ein intellektuelles Bedürfnis auf, das eigene Leben und dessen Sinn zu reflektieren." Professor Dr. Andreas Ploeger (Aachen) verarbeitet seine Erinnerungen an die Kriegsjahre 1943-45 autobiographisch und psychoanalytisch. Sein Buch "Kanonenfutter" ist für Angehörige der betroffenen Generationen ebenso wie für Nachgeborene und Psychoanalytiker außerordentlich wichtig, urteilt Prof. Dr. Friedhelm Lamprecht (Heidelberg).

Die jungen Menschen wurden in sozialen Minenfeldern erwachsen: "Eine puberal-oppositionelle Einstellung von Jugendlichen gegen ihre Eltern war dann gefährlich, wenn die Erwachsenen ihre Ablehnung des NS-Regimes im abgeschirmten Familienrahmen bekundeten und Jugendliche sich dagegen auflehnten - also meist aus Begeisterung für Spiel und Unternehmungen bei der Hitler-Jugend und die dort herrschende Gemeinschaft." Führte der Generationenkonflikt zu einer Information bei NS-Größen, konnten Eltern schweren Sanktionen unterworfen oder zumindest in ihrem Umfeld isoliert werden. "Distanzierung von nichtlinientreuen Volksgenossen war trotz gleicher, doch unausgesprochener Kritik schon deswegen angebracht, um nicht selbst in den Verdacht der Opposition zu geraten," erinnert sich Ploeger.

Mit fast fotografischer Präzision beschreibt er, wie die NS-Strukturen alle gewachsenen sozialen Bezüge - wie z.B. die Familien - missbrauchten und/oder zerstörten.

Friedhelm Lamprecht bemerkt in seiner Rezension: "Für alle, die mit schnellen Urteilen über das Verhalten gerade der Jugendlichen im Dritten Reich bei der Hand sind, ist dieses Buch eine Fundgrube, welche die Ausweglosigkeit der Geburtsjahrgänge 1926/27 zeigt. Das Gewissen wurde systematisch untergraben, der eigene Wertekanon ins Gegenteil verkehrt. Schule, Hitler-Jugend, FLAK bis hin zum Volkssturm waren hierarchisch strukturiert ... Immer nur in Gruppen ohne Privatsphäre geht die Individualität verloren oder zieht sich zumindest in einen Kokon zurück. Das dialogische Fragen gab es nicht, so dass aus einer Gesprächskultur allenfalls stille Selbstgespräche wurden."

"Dass der Autor in Psychodynamik und Psychotherapie zuhause ist, gibt den rückblickenden Situationsanalysen nachvollziehbare Substanz," schreibt Friedhelm Lamprecht (in Trauma & Gewalt, 3/2011, S. 299/300).

Professor Dr. Edgar Heim (Bern) kommentiert in seinem Geleitwort: Ploeger "verfügt über ein unglaubliches Erinnerungsvermögen, das allein schon sein Buch zu einem wichtigen Zeitdokument macht. Er bringt sich aber auch immer wieder als erfahrener Psychotherapeut ein, der nicht nur das eigene Erleben, sondern die Motive und Emotionen extremer Stresssituationen vermittelt. Noch bevor fachlich der Begriff ´Posttraumatische Stressbelastung´ geprägt wurde, hatte er als Psychiater und Psychotherapeut bei zwei bekannten traumatischen Ereignissen die Opfer untersucht und beschrieben: das Grubenunglück in Lengede und die Flugzeugentführung in Mogadischu/Somalia."


"Kanonenfutter"
Die Verführung der Hitler-Jugend in den Tod. Zur Psychologie des "Totalen Krieges"
Ploeger, Andreas




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