Die Welt ist im Wandel – zweifellos. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingen haben sich innerhalb weniger Jahrzehnte radikal verändert. Niemand kann sich mehr durch ererbte Titel oder Wohlstand definieren, ausschließlich die Leistung zählt. Da durch technische bzw. digitale Veränderungen außerdem ein geradezu rasantes Tempo an Veränderungen, Wissen, Moden etc. vorgelegt wird, ist der Mensch gezwungen, ständige Anpassungs- und Innovationsleistungen zu bringen. Prof. Hillert nennt es ein „globales Beschleunigungsszenarium“ – mit dem kaum noch jemand Schritt halten kann.
Was allerdings viele Menschen nicht davon abhält, es zu versuchen: Sie setzen sich zum Ziel, sich selbst immer weiter zu „optimieren“, letztendlich aus Angst vor dem Absturz – wohin auch immer, in das gesellschaftliche oder persönliche Abseits, die Armut oder vielleicht auch die Sinnlosigkeit des Daseins. Aktuell angesagte Entschleunigungsoasen wie Achtsamkeits-Trainings, Meditations-Retreats oder Wellness-Auszeiten gaukeln Rückzüge aus dem Stress vor, füttern aber eigentlich den Optimierungsgedanken weiter: Die Auszeiten sollen letztendlich helfen, die Performance noch zu steigern.
Hillert macht vor allem mit seinen ausführlichen Beispielen gescheiterter High-Performer deutlich, dass der gesellschaftlich höchst anerkannte Weg der ständigen Leistungssteigerung in vielen Fällen unweigerlich zu Überforderung führt und oft auch zur Ursache für eine psychische Erkrankung wird. Der Versuch einer High-Performance kann zum persönlichen Abgrund werden. Er möchte vor allem zum Nach- und Umdenken anregen, denn: Wer von sich selbst zu viel erwartet, findet sich nicht selten in einer Abseitsfalle wieder.
Literatur zum Thema
Andreas Hillert: High-Performer in der Abseitsfalle. Psychotherapie und seelische Gesundheit im Zeitalter kategorischer Optimierung. Pabst 2018, SIBN 978-3-95853-397-4, eBook: 978-3-95853-398-1