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Die Psychologie benötigt einen komplexen Sprachbegriff, mit dem sich eine Sicht auf psychische Funktionen entwickeln lässt

Durch Einflüsse kognitivistischer (psychologischer) und strukturalistischer (linguistischer) Strömungen ist der Psychologie eine Kerndisziplin ihrer Forschung abhanden gekommen - die Sprachpsychologie. In Journal für Psychologie 1/2011 skizzieren Dres. Jürgen Messing und Anke Werani die Auflösung des Forschungsgegenstandes Sprache und Sprechen in der Psychologie. Für die Autoren steht außer Zweifel, "dass eine systematische Rekonstruktion und Integration der Gegenstände der allgemeinen Psychologie wie auch eine Psychologie des kulturellen und gesellschaftlichen Menschen überhaupt nicht ohne das Verständnis des Sprechens gelingen kann."

"Die Psychologie braucht einen komplexen Sprachbegriff mit dem sich eine aufbauende Sicht auf psychische Funktionen des Menschen entwickeln lässt," postulieren die Autoren. "Eine Psychologie des gesellschaftlichen und sprechenden Menschen kann entstehen, wenn uns als Subjekten Sprechen als Form der Bewertung und Koordination unseres sozialen Handelns und unserer Selbstverständigung über Handlungsbegründungen in unseren historischen gesellschaftlichen Zusammenhängen begreifbar wird. Die spezifische Qualität der Begründetheit menschlicher Handlungen wird verfehlt, wenn man sie in Begriffen des Reizes und der Reaktionen in Termini der Kausalität, als Bedingtheit menschlichen Handelns beschreiben will. Wenn Sprache als abstraktes System, als Gegenstand mit Eigenschaften isoliert vom Menschen beschrieben wird, ist dieser Gegenstand nur noch schwer mit den psychischen Prozessen des sprechenden Menschen zu vereinbaren. Entsprechend bleibt dann die Rolle des Sprechens als Begründung von Handlungen unverstanden.

In dem Versuch, das Sprechen zu erklären, haben besonders im vergangenen Jahrhundert verschiedene Wissenschaften dazu beigetragen, menschliches Sprechen außerhalb seiner physischen, psychischen, gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhänge zu analysieren. Die sprachlichen Prozesse, und mit ihnen die anderen grundlegenden Prozesse des menschlichen Psychischen, wurden dabei zu gespenstischen Gegenständen aufgelöst, wodurch deren Ursprung in koordinativen Funktionen für das Zusammenleben der Menschen wie für die psychische Koordination der Subjekte nicht mehr kenntlich ist. Es bedarf einer grundlegenden Überprüfung und systematischen Aufhebung dieser Abstraktionsschritte in einer neuen Modellierung.
 
Diese erfordert nicht nur, sondern ermöglicht erst eine produktivere Behandlung des Sprechens in der Psychologie, und damit eine andere Psychologie, die die Spezifik des Menschen in seiner gesellschaftlichen kooperativen Lebenssicherung begreift und von hier aus ein neues systematisches Verständnis unserer psychischen und sprachlichen Prozesse gewinnt. Bei der Rekonstruktion ist anzusetzen an Erkenntnissen der kulturhistorischen Schule und der darauf aufbauenden Kritischen Psychologie. Hier findet sich der derzeit einzige komplexe Ansatz, psychische Prozesse handelnder menschlicher Subjekte im Zusammenhang ihrer kulturellen gesellschaftlichen Prozesse zu beschreiben, ohne sie auf neurologisch physisch, phylogenetisch oder informationstheoretisch etc. "einfache" Strukturen und Kategorien zu reduzieren."




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