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Der Nestor der Pharmakopsychologie ist gestorben. Nachruf auf Wilhelm Janke

Wilhelm Janke, Professor für Psychologie, ist am 8. Januar 2011 in Berlin gestorben. Er war ein begeisterter und ein begeisternder Wissenschaftler, dem vor allem die Pharmakopsychologie wesentliche Impulse und Einsichten zu verdanken hat.

Unter der Ägide von Heinrich Düker hat Wilhelm Janke am Marburger Institut für Psychologie studiert und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter gewirkt. In seinen Aufsätzen über "Pharmaka als Forschungswerkzeuge in der Leistungsforschung: Zu Heinrich Dükers Bedeutung für die Pharmakopsychologie" und "Heinrich Düker - Pioneer in Pharmacopsychology" würdigte er dessen Arbeiten zur Wiederbegründung der Pharmakopsychologie nach Emil Kraepelin. Wilhelm Janke selbst baute die Pharmakopsychologie systematisch weiter aus.

Unter der Betreuung von Gustav Adolf Lienert in Marburg entstand seine Dissertation über "Experimentelle Untersuchungen zur Abhängigkeit der Wirkung psychotroper Substanzen von Persönlichkeitsmerkmalen" - Ausgangspunkt für lebenslange Grundlagenforschung zum Zusammenhang zwischen neurochemischen Vorgängen und psychischen Prozessen, ihren allgemein- und differentiellpsychologischen Aspekten.

Wilhelm Janke wurde damit für die Pharmakopsychologie im deutschsprachigen Raum ihr prominentester international wahrgenommener Vertreter, wie nachzulesen im Buch von Ban, Healy und Shorter "The triumph of psychopharmacology and the story of CINP" (2000, Animula, Budapest). Eine Vielzahl von Publikationen - experimentelle Arbeiten, Übersichtsartikel und Stichwortbeiträge für Lexika - belegen diese Forschungsergebnisse.

In seinem 2008 zusammen mit Martin Schmidt-Daffy und Günter Debus herausgegebenen Buch über "Experimentelle Emotionspsychologie - Methodische Ansätze, Probleme, Ergebnisse" dokumentierte Wilhelm Janke in einer ihm eigenen beeindruckend systematisierenden Weise zentrale Forschungsfragen und -resultate. Gleichzeitig offenbart dieser Band durch die Beteiligung von insgesamt 55 Autoren, wie vernetzt Wilhelm Janke mit anderen Forschergruppen experimentelle Emotionsforschung betrieb.

In der Emotionspsychologie waren Themen wie Stress, Angst, Ärger und - in letzter Zeit zunehmend - Emotionen positiver Valenz zentraler Forschungsgegenstand. Ihn interessierte nicht nur, wie man valide experimentiert, sondern auch mit welchen Indikatoren man differenziert Wirkungen und/oder die sie modifizierenden Merkmale erfasst. Dies war Anlass zur Entwicklung einer Reihe von standardisierten Verfahren, von denen als bekannteste und am meisten verwendete die Eigenschaftswörterliste (EWL) zur Erfassung des psychischen Befindens (1978 mit Günter Debus publiziert) und der Stressverarbeitungsfragebogen (SVF) zur Erfassung der Emotions-/Stressregulation erwähnt seien, der mit Gisela Erdmann als Koautorin 2008 in vierter Auflage mit einem umfänglichen Handbuch erschienen ist, das im Einleitungskapitel zugleich einen systematischen Überblick über die (Bio-)psychologie von Stress und Stressverarbeitung gibt.

Wilhelm Janke, am 15.2.1933 in Ortshausen bei Salzgitter geboren, studierte zwischen 1952/1953 und 1957 am Marburger Psychologischen Institut und wurde dort nach der Promotion 1961 Wissenschaftlicher Assistent. 1963 wechselte er nach Gießen, wo er 1967 habilitierte und 1969 eine Professur übernahm. 1971 bis 1982 war er Professor für Psychologie in Düsseldorf, danach bis zu seiner Emeritierung 2001 in Würzburg. Ab 2001 bis zuletzt war er als Lehrbeauftragter in der Abteilung für "Biopsychologie und Neuropsychologie" an der TU Berlin weiter aktiv in Forschung und Lehre tätig.

Sein Tod kam plötzlich, für alle unerwartet und hat ihn mitten aus der wissenschaftlichen Arbeit und seinen vielen Plänen gerissen.

Über die eigene Forschung hinaus hat Wilhelm Janke durch vielfältige organisatorische und fachpolitische Aktivitäten zur Entwicklung und Etablierung der Biologischen Psychologie in Deutschland und ihrer interdisziplinären Verankerung beigetragen. Besonders hervorzuheben ist sein Einsatz für die Einrichtung eines dezidiert experimentell-naturwissenschaftlichen Diplomstudiengangs in Düsseldorf, durch den er auch den Verbleib des Fachs in der Math.-Nat.-Fakultät sowie eine Ausstattung des Instituts (räumlich, sachlich und personell) entsprechend einer naturwissenschaftlichen Disziplin erreichte. Auch in Würzburg hat er - trotz Zugehörigkeit des Instituts zur Philosophischen Fakultät - gemeinsam mit Otto Heller eine experimentell-naturwissenschaftliche Ausrichtung durchgesetzt.

In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen wurde er 1998 von der Deutschen  Gesellschaft für Psychophysiologie und ihre Anwendungen (DGPA), 1999 von der Arbeitsgemeinschaft für Neuropharmakologie und Pharmakopsychiatrie (AGNP) zum Ehrenmitglied ernannt.

Auf der gemeinsamen Tagung der DGPA und der Fachgruppe für Biologische Psychologie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie "Psychologie und Gehirn" wird im Juni dieses Jahres auf Anregung der Organisatoren ein Gedenksymposium zu seinen Ehren stattfinden, ebenso im Oktober auf der diesjährigen AGNP-Tagung.

Gisela Erdmann




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