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Cannabis setzt sich bei der Behandlung chronischer Schmerzen durch

Seit fünf Jahren dürfen Cannabis-Medikamente in Deutschland als medizinische Wirkstoffe eingesetzt werden, entsprechende Präparate sind seitdem bereits zehntausendfach verschrieben worden. Ein Wirksamkeitsnachweis aus placebo-kontrollierten Studien fehlt zwar nach wie vor, in der Praxis zeichnen sich jedoch Anwendungsbereiche ab, in denen eine Cannabis-Therapie für die Patientinnen und Patienten durchaus hilfreich sein kann. Seit Kurzem liegen hierzu erste Daten aus der sogenannten Begleiterhebung vor, über die die Cannabis-Therapie in den ersten fünf Jahren beobachtet wurde. 21.000 Behandlungen sind in die Erhebung eingeflossen.

Die Möglichkeit, medizinisches Cannabis in begründeten Einzelfällen zu verschreiben, wurde 2017 an ein begleitendes Monitoring gekoppelt, an das die behandelnden Ärztinnen und Ärzte ihre Erfahrungen mit der Therapie melden sollten. Ob diese Meldungen repräsentativ sind, lässt sich noch nicht beurteilen.

 

Dennoch liefern die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichten Daten einige wichtige Informationen. Zum einen gibt die Erhebung einen Überblick über das Spektrum der Erkrankungen und Beschwerden, bei denen Cannabis-haltige Präparate zum Einsatz kommen. „Die mit Abstand häufigste Indikation ist der chronische Schmerz“, berichtet das Institut. Er mache drei Viertel der Behandlungen aus, gefolgt von Spastik (9,6 Prozent) und Anorexie oder Wasting mit 5,1 Prozent. Die zugrundeliegende Erkrankung war in 14,5 Prozent der Fälle eine Tumorerkrankung, in knapp 6 Prozent eine Multiple Sklerose. Begrenzte Aussagen sind auch zu den eingesetzten Medikamenten möglich. So wurde am häufigsten das Cannabis-Arzneimittel Dronabinol verschrieben – es stellte mit 62,2 Prozent fast zwei Drittel der Verordnungen. Cannabis-Blüten dagegen wurden zwar deutlich seltener, besonders aber an jüngere, männliche Patienten abgegeben; auch wiesen sie eine höhere THC-Dosis auf.

 

Welche Schlüsse lassen sich in Bezug auf die Wirksamkeit der Cannabis-Präparate ziehen, und unter welchen Umständen sollten die Krankenkassen die Kosten für die Therapie übernehmen? Einen positiven Effekt der Cannabis-Medikamente sahen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte vor allem bei schwerwiegenden Erkrankungen und bei starken Schmerzen. „Bei chronischen Schmerzen sowie in der Palliativmedizin sollte es daher weiterhin möglich sein, medizinisches Cannabis ohne großen bürokratischen Aufwand zu verschreiben," empfiehlt das Institut. Allerdings sollten die Kriterien hierfür im Rahmen von Studien weiter charakterisiert werden. Bevor die Krankenkassen die Cannabis-Therapie für weitere Indikationen öffneten, sollte jedoch wie bei allen anderen Medikamenten ein evidenzbasiertes Zulassungsverfahren durchlaufen werden – mit doppelblinden, placebokontrollierten Studien, auf die bislang verzichtet wurde.

 

Begleiterhebung:

https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis-als-Medizin/Begleiterhebung/_node.html

 

Literatur zum Thema

rausch – Wiener Zeitschrift für Suchttherapie 2019-3

Themenschwerpunkt: Cannabis als Medizin
Gastherausgeber: Ingo Ilja Michels, Heino Stöver


https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html
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