Deinsberger-Deinsweger geht konsequent von fundamentalen menschlichen Bedürfnissen aus. Er teilt sie in sechs Kategorien ein:
- "Schutzbedürfnisse waren von je her unmittelbar mit baulich konstruktiven Maßnahmen verbunden, wenn es beispielsweise um den Schutz vor Unwetter, vor Tieren oder Personen geht. Dies stellt auch jene Bedürfnisgruppe dar, die am stärksten im Bewusstsein der Menschen verankert ist und daher nahezu selbstverständlich in jedem Wohnbau umgesetzt wird - im Gegensatz zu vielen anderen Bedürfnisgruppen."
- "Anhand der Kontaktbedürfnisse wird die Multidimensionalität in der Mensch-Umwelt-Beziehung besonders deutlich erkennbar. So steht der Begriff ´Kontakt´ in diesem Kontext stellvertretend für die Vielzahl an Austausch- und Interaktionsprozessen zwischen dem Menschen und seiner physischen wie sozialen Umwelt, beispielsweise für die Wahrnehmung (sensorischer Kontakt), Kommunikation (sozialer Kontakt), Metabolismus (physiologische Austauschprozesse)" usw.
- Bedürfnisse nach Kontrolle, z.B. durch Entscheidungsmöglichkeiten: "Je mehr Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen, desto eher kann eine Situation mitbestimmt werden ..." Ein Mangel an Regulationsmöglichkeiten kann Unbehagen auslösen - Stress, Angst, Reaktanz, Resignation u.a. Dem Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Wahlfreiheit kann im Wohnbaukontext mit einem entsprechenden Angebot an Selektions- und Modifikationsmöglichkeiten entsprochen werden.
- Der Mensch hat zyklisch wechselnde Aktivitäts- und Passivitätsbedürfnisse: Handlung, Entspannung und ungestörter Schlaf müssen im Wohnbereich möglich sein.
- Kinder wie Erwachsene haben ein Bedürfnis nach Wachstum, Weiterentwicklung, Selbstverwirklichung, Selbstwirksamkeit, Identität, Kompetenz, Sinnerfüllung. Wieviel Entwicklung dieser Art lässt der Wohnbereich zu?
- Unter dem Begriff "Kongruenzbedürfnisse" fasst Deinsberger-Deinsweger mehrere Komplexe zusammen: körperliches Wohlbefinden, Behaglichkeit, Bequemlichkeit, gute Nutzbarkeit, Aufwandsminimierung, Hindernisfreiheit, Ästhetik, Übereinstimmung mit eigenen Wertvorstellungen und Möglichkeiten der Selbstdarstellung.
Wohnpsychologisches Wissen wird in der Bauwirtschaft regelhaft ignoriert. Daher "sind ganze Wohnprojekte aufgrund wohnpsychologischer Defizite gescheitert. Dies sind nicht nur Wohnobjekte, die sich durch Leerstände oder häufige Mieterfluktuation kennzeichnen, sondern auch Anlagen, die Vandalismus, Einbruch, Diebstahl, Verwahrlosung und dergleichen scheinbar magisch anziehen. Bei näherer Analyse sind diese Hintergründe meist klar analysierbar und wohnpsychologisch erklärbar.
Und dies sind nur die offensichtlichen und größeren Folgeschäden falscher wohnpsychologischer Planung. Viele kleinere menschliche ´Schäden´ werden häufig gar nicht öffentlich registriert - wie beeinträchtigte Beziehungen, Verhaltensauffälligkeiten, Gereiztheit, Angespanntheit, innere Unruhe, Unwohlsein, unbestimmte Angstzustände ..."