Anne Will bescherte am Sonntag Abend dem Groß-Drogisten Dirk Roßmann die Chance für den bestmöglichen Werbeauftritt: "Das Wichtigste in meinem Tun ist es, ein Klima zu schaffen, in dem sich meine Mitarbeiter wohl fühlen." Das Ergebnis dieses Tuns lasse sich anhand des erfreulichen wirtschaftlichen Erfolgs beziffern: der unternehmerische Königsweg, auf den sich alle Vorgesetzten bewegen sollten.
Selbstverständlich beschrieb Roßmann das Optimum, dessen Erreichbarkeit von Fall zu Fall und von Person zu Person problematisch wird. Unternehmer-Coach Roland Jäger ließ denn auch keinen Zweifel daran, dass viele Chefs "zu kuschelig" seien, und oft 10 bis 20 Prozent der Belegschaft durch Bequemlichkeit auffallen.
Die Talkrunde bei Anne Will zeichnete ein differenziertes Szenario zum Schlagwort "Wenn der Chef zum Feind wird." Gelingt dem Vorgesetzten die "Bossing"-Rolle, hat (nicht nur) er viele Fehler gemacht, und langfristig fallen seine Ergebnisse in den Keller.
Da jedes spannende Drama auch einen Bösewicht benötigt, war neben der zierlichen Moderatorin der massige Arbeitgeber-Anwalt Helmut Naujoks aus Duisburg placiert und verwies auf unerfreuliche Arbeitnehmer; auch wenn selbige hinter diversen Kündigungsschutzbestimmungen in Deckung gehen können, findet Naujoks allemal Wege, Arbeitgeber von ihrer Last zu befreien.
In der Talkrunde musste es unentschieden bleiben, wieviel Verantwortung für Missverhältnisse im Arbeitsleben mehr "oben" oder mehr "unten" zu suchen ist. Realistisch war der Hinweis, dass Führung und Motivation hochkomplexe Aufgaben sind und nicht gelernt werden können wie das Steuern eines Gabelstaplers. Die teils grotesken Defizite in den Chefetagen sind ebenso gut belegt wie Motivations- und Qualifikationsmängel bei Belegschaften und Arbeitslosen.
Anne Will und den Mitwirkenden sei dafür gedankt, unspektakulär auf die Probleme hingewiesen und zu Nachdenklichkeit angeregt zu haben.
