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Alternativer Drogen- und Suchtbericht: Die Drogenprohibition schädigt Menschen stärker als der Drogenkonsum

11. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2024

11. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2024

Kritisch werten Dres. Heino Stöver und Ilja Michels im ´11. Alternativen Drogen- und Suchtbericht´ die Suchtpolitik der ´Ampel-Regierung´. "Eine Reform der Drogenpolitik muss sich gerade auf die Menschen fokussieren, die andere verbotene Substanzen als Cannabis konsumieren. Deutlich sind die gesundheitlichen, sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen der Prohibition v.a. für Menschen, die abhängig geworden sind von illegalen Drogen. Das Verbot der Drogen schädigt die Menschen mehr als der Konsum der Drogen. Wir konstatieren ein Problem der Drogenpolitik und nicht des Drogenkonsums an sich.

Wenn auch in den letzten Jahren vermehrt der Blick auf das Schädigungspotenzial der Drogenpolitik gerichtet war, ist dieser zumeist nur angewendet worden auf Cannabis - u.a. weil die Zahl der Cannabiskonsumierenden mittlerweile eine Rekordhöhe erreicht hat und aus unserer Kultur nicht mehr wegzudenken ist. Heroin-/Kokain-/Crackkonsumierende brauchen einen Rahmen, der ihnen keine weiteren Probleme außerhalb des Drogenkonsums selbst bringt. Deshalb muss die Cannabislegalisierung als erster, aber sehr wichtiger Schritt zur Entkriminalisierung des Konsums, Erwerbs und Besitzes von psychoaktiven Substanzen gesehen werden."

Zur Risikominimierung fordern die Autoren im Alternativen Drogen- und Suchtbericht ein 3-Punkte-Programm:

 

Drugchecking
Länder wie Niederlande, Schweiz u.a. zeigen es: die diskrete Analyse von Drogensubstanzen auf gefährliche Zusammensetzungen hin, kann Risiken des Drogenkonsums  deutlich verringern helfen. Die Europäische Beobachtungsstelle Drogen und Abhängigkeit (seit Juli diesen Jahres Europäische Drogenagentur European Drug Agency EUDA) empfiehlt deshalb die Umsetzung solcher Analysemöglichkeiten- diskret, anonym, effektiv zum Konsument*innenschutz. Seit 2023 ist das drugchecking nun erlaubt im Rahmen einer Anpassung des Betäubungsmittelgesetzes, aber wie bei der Legalisierung von Drogenkonsumräumen müssen die Bundesländer Rechtsverordnungen erlassen und dies ist bis November 2024 in keinem Bundesland passiert! Der Stadtstaat Berlin hat damit bereits begonnen, unabhängig von den Initiativen auf Bundesebene. Flächendeckend sollten in öffentlicher Hand (z.B. Gesundheitsämter, Apotheken, Landschaftsverbände,) Angebote zur Qualitäts- und Risikokontrolle von Drogensubstanzen geschaffen werden, deren Ergebnisse von Drogengebraucher*innen eingesehen werden können (Verbraucherschutz). Die Ergebnisse dieses Angebots in Berlin sind positiv. Die Evaluation kommt zu dem Ergebnis: “Die Ergebnisse zeigen, dass das Berliner Drug-Checking-Modellprojekt effektiv dazu beiträgt, Gesundheitsrisiken zu reduzieren und einen bewussteren Umgang mit psychoaktiven Substanzen zu fördern. Die hohen Akzeptanzwerte und die positiven Wirkungseffekte unterstreichen die Wirksamkeit des Angebots.“ (Evaluationsbericht 2024)

 

Take-home- Naloxonvergabe
Zur Bewältigung des Drogennotfalls (Überdosis) und Senkung der Mortalität unter Drogenkonsument*innen soll Naloxon, ein bewährtes Mittel zur Behandlung des Drogennotfalls, flächendeckend als Take-home-Rezept verfügbar gemacht werdenfür Menschen mit riskantem Opiatkonsum. Das bundesweite Modellprojekt Naltrain wurde deshalb für alle Träger der Drogenhilfe finanziert und organisiert. Tatsächlich gibt es aber nach wie vor keine flächendeckende Versorgung mit Naloxon, wobei eine große Hürde die Verschreibungspflicht darstellt! (Fleissnder, Stöver, Schäffer 2023) (Wodarz 2024)

 

Medikamentengestützte Behandlung (Opioid Antagonist Behandlung)
Diamorphin (synthethisches Heroin als Medizinprodukt) und andere Formen der Opioidsubstitution (mit Methadon, Levomethadon und Buprenorphin auch als Depot) sind wirksam, aber nicht annähernd ausreichend verfügbar. Die bewährten suchtmedizinischen Angebote sind zudem besser zugänglich zu machen, speziell auch für die steigende Anzahl von Drogenkonsument*innen ohne Krankenversicherungsschutz. Für drogengebrauchende Menschen in den ist auch in der suchtmedizinischen Versorgung das Äquivalenzprinzip umzusetzen: Substitution muss in Haft mit allen entwickelten Substitutionsformen genauso zugänglich sein wie außerhalb der Haftanstalten, wenn die medizinische Indikation besteht. Das gilt auch für den diskreten Zugang zu sterilem Spritzenbesteck, um das besonders hohe Haftrisiko der Hepatitis oder Aids-Infektion wirksam zu reduzieren. Auch in Maßregelvollzugseinrichtungen muss dieses Angebot zur Verfügung stehen, zumal es sich nicht um Haftanstalten handelt, sondern um psychiatrische Kliniken, die der Aufsicht der Gesundheits- und Sozialministerien unterliegen, nicht der Justizverwaltung und damit den Qualitätsstandards der Bundesärztekammer zur Substitution unterliegen.

 

11. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2024
akzept e.V. (Hrsg.)
Pabst, 132 Seiten

 




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