Demgegenüber liefert Carl Stumpf in seiner "Erkenntnislehre" überraschend aktuelle Gegenargumente. Das Werk, 1939 bei Barth in Leipzig erschienen, dann jahrzehntelang vergriffen, wurde jetzt von Pabst neu vorgelegt. Margret Kaiser-el-Safti steuerte eine Einleitung bei.
Sie sieht Stumpfs Kern-Idee in "einer ganzheitlichen Auffassung des Psychischen. Hier dürfte zuletzt auch ´der einheitliche Faden´ der wissenschaftlichen Lebensarbeit in der stark verzweigten Schriftstellerei namhaft zu machen sein, wie Stumpf sie in seiner Autobiografie andeutete."
Er schrieb: "So lässt sich in Hinsicht des Ding- oder Substanzbegriffs darauf hinweisen, dass wir in bestimmten Anschauungen die innige Durchdringung von Teilen eines Ganzen direkt wahrnehmen." Diese sinnliche Grundlage des Substanzbegriffs im Phänomen der Verschmelzung konsonanter Intervalle war auch Grundlage des Seelenbegriffs respektive der ´Einheit des Bewusstseins´...
Stumpf hat nie für sich in Anspruch genommen, ein allumfassendes Erklärungsprinzip entdeckt zu haben. Mit einem Zitat aus einer Arbeit Wilhelm Diltheys stellte er seiner Autobiografie ein Motto voran, das andeutete, dass er zwar "Gänge angebohrt" habe, die "in die Tiefe führen", sich aber damit zufrieden gäbe, "auf der Wanderschaft zu sterben." Philosophen wie Psychologen haben die Chance, die Gänge weiterzuverfolgen ...
Erkenntnislehre
Stumpf, Carl (Eingeleitet von Margret Kaiser-el-Safti)