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Psychoanalyse

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2010-2/3 (25)

Oliver Decker
Editorial

Horst-Eberhard Richter
Einige Bemerkungen zu Vorurteilen über Kleinkind-Erziehung im gesellschaftlichen Wandel

Juliane Hinkel, Marisa Benz, Britta Frey & Manfred Cierpka
Auswirkungen frühkindlicher außerfamiliärer Betreuung - eine Betrachtung aus wissenschaftlicher Perspektive
Zusammenfassung

Yvonne Schütze
Mutterbilder in Deutschland
Zusammenfassung

Hannes Gießler
Beihilfe zur Erschaffung des Neuen Menschen? Verstrickungen und Scheitern der Psychoanalyse im Erziehungswesen der jungen Sowjetunion - ein Indizienprozess
Zusammenfassung

Hendrik Berth, Peter Förster, Elmar Brähler & Yve Stöbel-Richter
Hat der Besuch einer Kinderkrippe Auswirkungen auf psychische und Einstellungsfaktoren im Erwachsenenalter? Ergebnisse der Sächsischen Längsschnittstudie
Zusammenfassung

Johanna Brückner, Silke Schmidt, Elmar Brähler & Oliver Decker
Politik und Sozialisation. Bedingungen außerfamiliärer Kleinkind-Betreuung in der DDR: Gibt es fassbare Einflüsse im Erwachsenenalter? Ergebnisse einer Untersuchung
Zusammenfassung


Berichte aus anderen Ländern

Karolina Solojed
Außerfamiliäre Betreuung der Kinder in Russland: Geschichte und Moderne - Zur Geschichte der Kinderbetreuung

Maria Mögel
Krippenbetreuung von Kleinstkindern - Unterschiede in der psychoanalytischen Debatte in der Schweiz und in Deutschland

Kristen Weber
Public Child Care in Denmark - a Naturalized Fact

Richard Ruth
Some Thoughts on Discourse on Extra-Familial Childcare in the United States

Elisabeth Brainin
Krippenausbau und Entwicklungsbedürfnisse - Überlegungen zum Memorandum der DPV: Krippenausbau in Deutschland

Roberto P. Neuburger
Die Kinderbetreuung in Argentinien und die Psychoanalyse


Thematische Filmbesprechung

Lutz Fiedler
Nach dem Ende der Utopie - Ran Tals Dokumentation Yeldei HaShemesh (Kinder der Sonne) über Kindheit im Kibbutz


Separata

Wulf Hübner
Wir brauchen die Hexe nicht: "Es ist an der Zeit, selbst zu denken..." Bemerkungen zu den metapsycho-logischen Überlegungen von Mentzos und Laplanche
Zusammenfassung

Bertram von der Stein & Wilfried Ruff
Die Wiederkehr des Exorzismus - Regression auf paranoid-schizoide Glaubensinhalte im postmodernen Christentum?
Zusammenfassung

Timo Storck & Svenja Taubner
Neues vom Junktim: Psychoanalyse und Universität
Zusammenfassung

Andreas Peglau
Verbrannt und beworben. Psychoanalytische Schriften im Nationalsozialismus und das Beispiel Wilhelm Reich
Zusammenfassung

Klaus Baethge, Barbara Fried, Detlev Claussen, Bastian Pielczyk & Siebo Siems
Antiamerikanismus in der Krise
Zusammenfassung


Dokumentation: Die Verleihung des Sigmund-Freud-Preises der DPV/DPG an Christoph Türcke

Werner Balzer
Denn das Denken ist nichts als des Schrecklichen Wandlung - Zu C. Türckes Genealogie des Mentalen im Zeitalter seiner medialen Selbstzersetzung

Christoph Türcke
Ein Seitenweg zu Freud


Aktuelles

Helmut Dahmer
Port-au-Prince und Lissabon

 


Auswirkungen frühkindlicher außerfamiliärer Betreuung - eine Betrachtung aus wissenschaftlicher Perspektive
Juliane Hinkel, Marisa Benz, Britta Frey & Manfred Cierpka

Zusammenfassung:
Im Fokus der öffentlichen Debatte um die Frage nach möglichen negativen Konsequenzen außerfamiliärer Betreuung lag bisher zumeist die Berufstätigkeit der Mutter als potentieller Risikofaktor für die kindliche Bindung und Entwicklung, insbesondere im Verlauf der ersten drei Lebensjahre. Im folgenden Artikel wird darüber hinaus die Rolle der Väter in diesem Kontext berücksichtigt, die als wichtige Bindungspersonen über dieselben intuitiven elterlichen Kompetenzen wie Mütter verfügen. Auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstandes wird der Frage nach möglichen negativen Auswirkungen einer frühen außerfamiliären Kinderbetreuung auf die kindliche Bindung und Entwicklung nachgegangen. Die Ergebnisse der aktuellen Forschung zeigen, dass v.a. innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes verschiedene Faktoren, wie kindliche Eigenschaften, Merkmale der Eltern/Familie sowie Charakteristika der außerfamiliären Betreuungseinrichtung, zusammenwirken. Im Sinne der sogenannten Kompensationshypothese können diese unterschiedlichen Faktoren ausgleichend wirken. Ein doppeltes Risiko ("dual risk"-Hypothese) für die kindliche Entwicklung liegt jedoch dann vor, wenn ein Kind eine wenig feinfühlige Betreuung in der Familie erlebt und zudem eine wenig angemessene außerfamiliäre Betreuung erfährt. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass sich eine außerfamiliäre Betreuung innerhalb der ersten Lebensjahre dann nicht negativ auf die kindliche Entwicklung und Bindung auswirkt, wenn bestimmte ausgleichende Faktoren gegeben sind.

Schlüsselwörter: außerfamiliäre Betreuung, frühkindliche Entwicklung, Bindung, mütterliche Feinfühligkeit, väterliches Involvement, Qualitätsstandards außerfamiliärer Betreuung


Dipl.-Psych. Juliane Hinkel
SLK-KLiniken Heilbronn
Kinderklinik
Am Gesundbrunnen 20-26
D-74078 Heilbronn
E-Mail:
JuleHinkel@web.de

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Mutterbilder in Deutschland
Yvonne Schütze

Zusammenfassung:
Mit der historischen Familien- und Sozialisationsforschung kann man davon ausgehen, dass sich erst im späten 18. Jahrhundert mit der Etablierung der bürgerlichen Familie in Deutschland ein Mutterbild, im Sinne eines Leitbildes für die Ausübung von Mutterschaft konstituierte. Zwar hat sich die gesellschaftliche Position der Frauen im Zeitverlauf wesentlich verbessert, gleichzeitig aber sind auch die normativen Anforderungen an Mütter stetig gestiegen. Während im 19. Jahrhundert Mutterpflichten sich in erster Linie auf den medizinisch gesegneten Umgang mit dem kindlichen Körper erstreckten, wird die Mutter ab der Mitte des 20. Jahrhunderts sowohl für das physische wie das emotionale und kognitive Gedeihen des Kindes verantwortlich gemacht. Dabei sind Mütter - wie die immer wieder aufflammenden Kontroversen zum Thema mütterliche Erwerbstätigkeit zeigen - ständig dem Verdacht ausgesetzt, nicht das Beste für ihr Kind zu wollen oder zu tun.

Schlüsselwörter: Mutterbild, Mutterpflichten, Erziehung, Bindung, Bindungsqualität, mütterliche Erwerbstätigkeit, empirische Untersuchungen zu den Folgen mütterlicher Erwerbstätigkeit


Prof. (i.R.) Dr. Yvonne Schütze
Breisacherstr. 18
D-14195 Berlin
E-Mail:
yvonne.schuetze@rz.hu-berlin.de

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Beihilfe zur Erschaffung des Neuen Menschen? Verstrickungen und Scheitern der Psychoanalyse im Erziehungswesen der jungen Sowjetunion - ein Indizienprozess
Hannes Gießler

Zusammenfassung:
Anfang der zwanziger Jahre, bevor die Psychoanalyse durch Stalin erst verfemt und dann verboten wurde, unterstützten die Bolschewiki verschiedene psychoanalytische Projekte. Auffällig ist dabei, dass sich diese Projekte oftmals um Erziehung drehten. In selber Zeit proklamierten die Bolschewiki auch die "Erziehung des Neuen Menschen". Während der Freudianer Aron Salkind diese Erziehung federführend vorantrieb, warnte Moshe Wulff vor diesem Vorhaben in einem Vortrag vor der Russischen Psychoanalytischen Vereinigung. Während die Ziele und Grundsätze des von der Russischen Psychoanalytischen Vereinigung betriebenen Kinderheimlaboratoriums, in denen Kinder jenseits der Familie erzogen wurden, ungefährlich klingen, wurde seine wissenschaftliche Direktorin Wera Schmidt später offenbar eine Getreue Stalins.

Schlüsselwörter: Erziehung, Kindererziehung, Oktoberrevolution, Sowjetunion, Bolschewiki, Russische Psychoanalyse, Pädologie, Kollektiverziehung, Familie, Individuum, Kollektiv, Kinderheimlaboratorium, psychoanalytische Erziehung, freie Erziehung, Sublimierung, Ontogenese


Hannes Gießler
c/o Netzwerk für Demokratie und Courage
Paul-Gruner-Str. 63
D-04107 Leipzig
E-Mail:
hannes.giessler@gmx.de

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Hat der Besuch einer Kinderkrippe Auswirkungen auf psychische und Einstellungsfaktoren im Erwachsenenalter? Ergebnisse der Sächsischen Längsschnittstudie
Hendrik Berth, Peter Förster, Elmar Brähler & Yve Stöbel-Richter

Zusammenfassung:
Spätestens seit der deutschen Wiedervereinigung wird der Einfluss eines frühkindlichen Kinderkrippenbesuchs auf die spätere psychische und soziale Entwicklung extrem kontrovers diskutiert. Gegner der frühkindlichen Krippenbetreuung argumentieren, dass die frühe Trennung von der Mutter zu gravierenden, negativen psychischen Folgen im späteren Leben führen würde.
Anhand von Daten einer Untersuchung mit N = 383 ostdeutschen jungen Erwachsenen (21. Welle der Sächsischen Längsschnittstudie, 54,2 % weiblich, mittleres Alter 34,2 Jahre) im Jahr 2007 wurde der Einfluss eines Krippenbesuchs auf verschiedene psychische und Einstellungsindikatoren geprüft. Mittels standardisierter Fragebögen wurden u. a. Angst, Depressivität, Körperbeschwerden, Bindung, Zukunftszuversicht, Bedrohungserleben und allgemeine politische Einstellungen untersucht.
Die Ergebnisse zeigen vornehmlich Geschlechtsunterschiede, z. B. ein schlechteres psychisches Befinden der Frauen. Der Krippenbesuch als abhängige Variable wirkte sich nur auf einen der untersuchten Indikatoren aus: Studienteilnehmer, die nicht in der Krippe waren, fühlen sich durch potentielle stressauslösende Lebensereignisse, wie z. B. Arbeitslosigkeit, bedrohter. Die Varianzanalyse erbrachte weiterhin einige Interaktionen zwischen Geschlecht und Krippenbesuch.
Die Daten belegen insgesamt nicht, dass der Besuch einer Kinderkrippe einen schädlichen Einfluss auf die Psyche im Erwachsenenalter hat. Sie zeigen allerdings auch nicht, dass sich ein Krippenbesuch auf die untersuchten Merkmale besonders förderlich auswirkt. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussionen um den Ausbau der (frühkindlichen) (Ganztags-) Betreuung bedarf es daher differenzierter Untersuchungen, die etwa die Qualität der Kinderbetreuung stärker berücksichtigen.

Schlüsselwörter: Kinderkrippe, frühkindliche Sozialisation, psychisches Befinden, junges Erwachsenenalter, Ostdeutschland


PD Dr. phil. habil. Yve Stöbel-Richter
Universität Leipzig, Medizinische Fakultät
Selbst. Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische
Soziologie
Ph.-Rosenthal-Str. 55
D-04103 Leipzig
E-Mail:
yve.stoebel-richter@medizin.uni-leipzig.de

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Politik und Sozialisation. Bedingungen außerfamiliärer Kleinkind-Betreuung in der DDR: Gibt es fassbare Einflüsse im Erwachsenenalter? Ergebnisse einer Untersuchung
Johanna Brückner, Silke Schmidt, Elmar Brähler & Oliver Decker

Zusammenfassung:
Die Auseinandersetzung mit der außerfamiliären Unterbringung nimmt in der aktuellen politischen Diskussion einen breiten Raum ein. Häufig wird die Betreuung von Kindern im Vorschul- und Säuglingsalter in der DDR als Argument gegen eine außerfamiliäre Betreuung in Stellung gebracht. Um die Reichweite des Arguments einschätzen zu können, sollen in diesem Beitrag zum einen die Bedingungen der Unterbringung, zum anderen in einer post hoc Studie die Auswirkung derselben untersucht werden. Eingangs wird hierfür die Struktur und Funktion der außerfamiliären Betreuung in der DDR beschrieben. Hierzu werden als Quellen Veröffentlichungen aus der Zeit der DDR herangezogen wie auch Untersuchungen, die retrospektiv durchgeführt worden sind. Es wird deutlich, dass die der Betreuung zugrunde liegenden Erziehungsideale sich aus zwei Quellen speisten: Zum einen war die Ausrichtung in einem höchsten Maße zentralisiert und politisiert. Zum anderen waren sie lange Zeit nach 1945 getragen von einem in Deutschland, nicht nur in der DDR, fortwirkenden Ideal autoritärer Erziehung. Die Quellen geben Auskunft über eine Veränderung dieses Erziehungsideals in den letzten Jahren der DDR. Anschließend werden die Ergebnisse einer Untersuchung an Studierenden vorgestellt, die zu einer der letzten Generationen gehörten, welche in der DDR in Krippen betreut worden sind. Als Vergleichsgruppe dient eine Gruppe von Studierenden, welche in der BRD in der Familie betreut worden sind.

Schlüsselwörter: Kleinkindbetreuung, Krippe, DDR, Sozialisation, politische Einstellung, Rechtsextremismus


PD Dr. phil. habil. Oliver Decker, Dipl.-Psych.
Vertretungsprofessor für Sozial- und Organisationspsychologie
Fachbereich 2
Universität Siegen
Adolf-Reichwein-Str. 2
D-57068 Siegen
E-Mail:
decker@fb2.uni-siegen.de

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Wir brauchen die Hexe nicht: "Es ist an der Zeit, selbst zu denken..." Bemerkungen zu den metapsychologischen Überlegungen von Mentzos und Laplanche
Wulf Hübner

Zusammenfassung:
In diesem Beitrag werden die metapsychologischen Konzepte von Mentzos und Laplanche dargestellt. Mentzos’ Grundannahme von einer dem Menschen vorgegebenen Bipolarität von selbst- und objektbezogenen Tendenzen wird an den Vorstellungen über die Ich-Entwicklung, die Mentzos und seine Frankfurter ‘Psychosentherapiegruppe’ rekonstruktiv aus der Erfahrung mit Erkrankten gewonnen haben, erläutert. Der dort beschriebene Prozess der Ich-Entwicklung wird dann auf  die von Winnicott geschilderten Szenarien, die sich aus >Säugling plus mütterlicher Fürsorge< ergeben, bezogen. Und es stellt sich heraus, dass Mentzos’ Annahmen der selbst- und objektbezogenen Tendenzen als die zu Winnicotts’ Überlegungen passenden metapsychologischen Grundannahmen verstanden werden können. Während Mentzos und seine Gruppe die frühe Ich-Entwicklung als aktive Inbesitznahme, als Übernahme der Körperfunktionen in die Regie des Säuglings und also als Emanzipation vom mütterlichen Hilfs-Körper beschreiben, beginnt für Laplanche das Heraustreten des noch nicht sprechenden Kindes aus der ursprünglichen Position der Passivität gegenüber der Mutter mit seiner ersten Symbolisierungsleistung:  eine erste Selbstbehauptung auf der symbolischen Ebene, die zugleich den Prozess der Verdrängung in Gang setzt. Das ‘Triebhafte im Menschen’ wird als konstante Erregung verstanden, die die verdrängten Sachvorstellungen (auch "Quellobjekte des Triebs") auf das Individuum ausüben. Beide metapsychologischen, anthropologischen Konzepte kommen ohne ‘Spekulation’ aus, emanzipieren sich von der Tradition. Das ist der eine Strang der Gedankenführung.
Der andere führt, in Auseinandersetzung mit Freuds triebtheoretischen Spekulationen in Jenseits des Lustprinzips, am Ende des Beitrags zu der selbstreflexiven Überlegung, wie die Übernahme von Verantwortung für den in uns tätigen Todestrieb gedacht und ‘vollzogen’ werden kann, und führt zu dem Ergebnis, dass die Aufforderung, dieses Konzept als brauchbar anzuerkennen, d. h. als eine anthropologische Selbstbestimmung  reflexiv einholen zu wollen, auf nicht zu bewältigende Schwierigkeiten trifft. Aus diesem Grund ist eine Interpretation des Garnrollenspiels, das in Jenseits des Lustprinzips eine so befremdliche wie prominent gewordene Rolle spielt, mit der in diesem Text entwickelten ‘Todestriebbegrifflichkeit’ schon Freud selbst schwer gefallen.

Schlüsselwörter: Metapsychologie, Todestrieb, Bipolarität, Allgemeine Verführungstheorie, Selbstreflexion


Dr. Wulf Hübner
Am Hehsel 13
D-22339 Hamburg
E-Mail:
wulfhuebner@web.de

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Die Wiederkehr des Exorzismus - Regression auf paranoid-schizoide Glaubensinhalte im postmodernen Christentum?
Bertram von der Stein & Wilfried Ruff

Zusammenfassung:
Die Autoren widmen sich anhand von Fallvignetten dem Phänomen der Renaissance des schon tot geglaubten Exorzismus und des Teufelsglaubens. Unter dem Aspekt von Religiosität auf paranoid-schizoidem Niveau werden Auswirkungen des Exorzismus, der als Mittel für Schuldverschiebung und Hindernis für reife Verantwortungsübernahme von eigenen destruktiven Tendenzen instrumentalisiert werden kann, aufgezeigt. Die Autoren setzen sich kritisch damit auseinander, dass derartige religiöse Praktiken ein Behandlungshindernis darstellen kann. Sie fordern eine Entmythologisierung des Teufels und zeigen Perspektiven auf, wie in Psychoanalyse und Psychotherapie Glaubensinhalte produktiv genutzt werden können, um eine reifere Religiosität entwickeln zu können.

Schlüsselwörter: Teufel, Exorzismus, paranoid-schizoide Position, Fundamentalismus, konventionelles Christentum, reife Religiosität


Dr. med. Bertram von der Stein
Quettinghofstr. 10a
D-50769 Köln
E-Mail:
dr.von.der.stein@netcologne.de

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Neues vom Junktim: Psychoanalyse und Universität
Timo Storck & Svenja Taubner

Zusammenfassung: Anknüpfend an allgemeine methodologische Gedanken zum Transfer der Psychoanalyse in außertherapeutische Felder wird der Bogen zur Frage geschlagen, in welcher Weise universitäre Lehre die Vermittlung psychoanalytisch-methodischer Kompetenz transportieren kann1. Im Rahmen der Reflexion eines Studienprojektes an der Universität Bremen werden systematische Probleme in der Entwicklung einer Berufsidentität als Diplom-Psychologe/-in ersichtlich, die dokumentieren, wie praxisfern die Ausbildung zum/-r klinischen Psychologen/-in ausgerichtet ist. Aus Berichten von Studierenden wird die Rollenverunsicherung insbesondere insofern deutlich, als sie sehr gerne helfen wollen, jenseits alltagsnaher supportiver Techniken jedoch kaum auf erlebnisgetragene Begriffe davon, was eine ›Hilfe‹ sein könnte, zurückgreifen können. Aus den präsentierten Überlegungen lässt sich als Fazit ableiten, dass die zukünftige verkürzte Struktur eines Bachelor-Studiums der Psychologie zu einer weiteren Verunsicherung der beruflichen Identität der AbsolventInnen beitragen wird, wenn nicht praxisnahe Lehr-Konzepte den Erwerb psychodynamischer Basiskompetenzen

und Möglichkeiten methodisch getragener Beziehungsgestaltung ermöglichen. Präsentiert wird dazu ein Modell psychoanalytischer Lehre und studentischer Praxiserfahrung sowie deren Reflexion in Form eines Forschungstagebuches und der Begleitung durch Studierendengruppe und Lehrende. Das Anliegen ist dabei nicht vorrangig, die Möglichkeiten einer Integration psychoanalytischer Ausbildungsgänge in universitäre Lern- und Lehrstrukturen zu eruieren (vgl. Wallerstein 2009), sondern Gedanken dazu zu entwickeln, wie die psychoanalytische Erkenntnismethode - Freuds »wesentliche Entdeckung« (Laplanche 1995) - in Universitätsstudiengängen vermittelt werden kann, z. B. in einem Master Klinische Psychologie oder Master Psychotherapiewissenschaft.

Schlüsselwörter: Junktim-Behauptung, szenisches Verstehen, Methodentransfer, Psychologie-Studium, Erwachsenen-Bindungsinterview, Forschungstagebuch


Timo Storck
Universität Kassel
Arnold-Bode-Str. 10
D-34109 Kassel
E-Mail:
tstorck@uni-bremen.de

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Verbrannt und beworben. Psychoanalytische Schriften im Nationalsozialismus und das Beispiel Wilhelm Reich
Andreas Peglau

Zusammenfassung: Der Beitrag widmet sich - teilweise auf unveröffentlichtem bzw. in diesem Zusammenhang nicht ausgewertetem Archivmaterial basierend - insbesondere dem Schicksal analytischer Publikationen im Nationalsozialismus. Diesem bislang kaum erforschten Thema nachgehend, ergeben sich nicht nur manche notwendige Korrekturen und Ergänzungen bezüglich des Ablaufes von Bücherverbrennung und Bücherverboten. Auch der grundsätzliche Umgang mit Freuds Lehre im "Dritten Reich" steht zur Debatte: Keinesfalls kann davon die Rede sein, dass die Psychoanalyse oder ihre Literatur im Nationalsozialismus pauschal verboten oder verfolgt gewesen wäre. Darüber hinaus wird die innerhalb der Psychoanalyse weitgehend verdrängte reale Bedeutung des Psychoanalytikers Wilhelm Reich und seiner Schriften in der Zeit vor und nach der faschistischen "Machtergreifung" umrissen.

Schlüsselwörter: Bücherverbrennung, Feuersprüche, Erich Rothacker, Alfred Baeumler, Matthias Heinrich Göring, Otto von Kursell, Werner Achelis, Zentralblatt für Psychotherapie, Zentralblatt für die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Völkischer Beobachter, Sexualerregung und Sexualbefriedigung, Schund- und Schmutzgesetz, Massenpsychologie des Faschismus


Andreas Peglau
Drachenfelsstr. 4
D-10318 Berlin
E-Mail:
ich.ev@t-online.de

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Antiamerikanismus in der Krise
Klaus Baethge, Barbara Fried, Detlev Claussen, Bastian Pielczyk & Siebo Siems

Zusammenfassung:
Nach den Anschlägen des 11. September 2001 ist wiederholt auf eine verstärkte Virulenz des Antiamerikanismus hingewiesen worden. Trotz des deutlichen Zuwachses an Veröffentlichungen in den letzten 10 Jahren ist es allerdings nicht gelungen, Antiamerikanismus als Vorurteil klar einzugrenzen und theoretisch zu bestimmen. Diese Defizite gehen mit einer Ausrichtung qualitativer Analysen auf die Medien und dort gebräuchliche Argumentationsmuster, Symbole und Bilder einher, die schon seit den 1920er Jahren als Bestandteile des Antiamerikanismus gelten. Auch Meinungsumfragen konstruieren hieraus ihre Fragebögen und übergehen aktuelle Bedeutungsverschiebungen auf der Subjektseite. Die Frage ist, wie solche scheinbar unveränderlichen Stereotype zu einer sich so drastisch wandelnden Realität passen. Die Arbeitshypothese unserer auf Gruppendiskussionen basierenden Untersuchung ist, dass Antiamerikanismus als flexible Form subjektiver Verarbeitung der Wirklichkeit fungiert, die zwar auf überlieferte Stereotypen zurückgreift, aber nicht ohne deren aktualisierende Transformation auskommt.

Schlüsselwörter: Antiamerikanismus, Gruppendiskussion, Vorurteil, Stereotyp, Einstellung, Alltag, Medien, Alltagsreligion, Qualitative Sozialforschung, Rekonstruktive Sozialforschung, Deutungsmuster, Kommunikation


Dr. Siebo Siems
Weißdornweg 8
D-37077 Göttingen
E-Mail:
siebosiems@online.de

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