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Psychoanalyse

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2006-1 (18)

Schwerpunktthema: Heimat


Oliver Decker:
Editorial

Burkhard Brosig:
"Une certaine difficulté d’être": Zum Verhältnis von Trauma und Kreativität  in R. W. Fassbinders "Fontane Effi Briest"
Zusammenfassung

Lutz Götzmann:
Transplantierte Organe und ihre Spender als Übergangsobjekte
Zusammenfassung

Katharina Rothe:
Vom fortgesetzten Verschwinden der Opfer oder zur Gegenläufigkeit von Weg-Bewegung versus (Re)Inszenierung im intergenerationellen Sprechen über die nationalsozialistische Judenvernichtung
Zusammenfassung


Beiträge von der Ost-West-Tagung der DPV

Günter Jerouschek:
Einführung zur Ost-West-Tagung in Jena

Friedrich-Wilhelm Eickhoff:
Einführung von Professor Léon Wurmser in Jena am 24. September 2005

Léon Wurmser:
Die heiligen Scherben. Gedanken eines Gastes über das Verhältnis zur deutschen Nation

Manfred G. Schmidt:
Das "fremde Selbst" - klinische und entwicklungspsychologische Implikationen des Konzeptes von P. Fonagy, G. Gergely, E. Jurist und M. Target
 
Dagmar Völker:
Einführung zu Joachim Gauck

Joachim Gauck:
Vergiftete Heimaten - Von der Schwierigkeit, sich als Deutscher mit seiner Nation zu identifizieren

Heike Bernhardt:
Mitgift Heimat - Ankommen in Deutschland

Uwe Langendorf:
Verlorene Heimaten in Vertreibungsschicksalen

Günter Jerouschek:
Zusammenfassung 13. Ost-West-Tagung in Jena zum Thema "Vergiftete Heimaten - Von der Schwierigkeit, sich als Deutscher mit seiner Nation zu identifizieren"

 


"UNE CERTAINE DIFFICULTÉ D’ÊTRE": ZUM VERHÄLTNIS VON TRAUMA UND KREATIVITÄT IN R. W. FASSBINDERS "FONTANE EFFI BRIEST"
Burkhard Brosig

ZUSAMMENFASSUNG: Der Beitrag beschäftigt sich mit dem 1974 entstandenen Films von Rainer Werner Fassbinder "Fontane Effi Briest". Ausgehend von der Wahrnehmung des "Unheimlichen" im eigenen Erleben, wird, in einer dekonstruktiv orientierten Werkanalyse, dieses zunächst subjektive Phänomen schichtweise aufgeschlossen. Im Fokus der Analyse stehen dabei die Dehiszenzen zwischen dem manifestem Text der Romanvorlage Fontanes, der eindrucksvollen schwarz-weiß gefilmten Bildsprache und schließlich den real agierenden Personen im Film, die in Fassbinders Leben eine wichtige Rolle gespielt haben, in der künstlerischen wie in der biographischen Realität. Dabei wird die Gegenläufigkeit von progressiv-sublimatorischen und regressiv-desymbolisierenden Prozessen in Fassbinders Kreativität genauer herausgearbeitet und die Tatsache zum Zentrum der Analyse gemacht, dass Fassbinder die Rolle der Mutter Briest zwar von der eigenen Mutter spielen ließ, diese jedoch dann durch eine Synchronstimme verfremdete. Die Arbeit verfolgt dabei die These, dass im Film "Fontane Effi Briest" mit "indirekten" filmischen Mitteln ein Trennungstrauma in Resonanz gebracht wird, das sich dekontruktiv-hermeneutisch aus den im Film auffindbaren gegenläufigen Lesarten aufschließt und die Bearbeitung eines Trennungstraumas darstellt. Die dabei eingesetzten Stilmittel der Entfremdung, besonders in Bezug auf das Primärobjekt, erinnern an die perverse "Lösung" eines  Verlusttraumas unter Umgehung von Trauerprozessen. 

SCHLÜSSELWÖRTER: Filmanalyse, psychoanalytische Kulturtheorie, Dekonstruktion, R. W. Fassbinder


BURKHARD BROSIG
EICHGÄRTENALLEE 30
D-35394 GIEßEN
TEL.: 0641-491 466
FAX.: 0641-948 14 08
EMAIL: Burkhard.Brosig@gmx.de

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TRANSPLANTIERTE ORGANE UND IHRE SPENDER ALS ÜBERGANGSOBJEKTE
Lutz Götzmann

ZUSAMMENFASSUNG: In der psychosomatischen Transplantationsliteratur finden sich Hinweise, dass der so genannte "Übergangsraum" (im Sinne D.W. Winnicotts) eine wichtige Rolle bei der psychischen Integration eines Organs bzw. seines Spenders spielt. In der vorliegenden Fallstudie wird aufgezeigt, wie ein Organempfänger Organ und Spender als Übergangsobjekte erlebt und gebraucht.
Die Fallstudie basiert auf einem halbstandardisierten Leitfadeninterview, das im Rahmen eines qualitativen Forschungsprojektes mit 20 Patientinnen und Patienten nach einer Lungentransplantation durchgeführt wurde. Zwei transkribierte Textpassagen, die das transplantierte Organ und seinen Spender betreffen, werden unter dem Aspekt von Winnicotts Konzept der Übergangsphänomene interpretiert.
Die Äußerungen des Patienten zeigen, dass dieser noch Jahre nach einer Lungentransplantation Organ und Spender als Übergangsobjekte erlebt. Der Spender ist in der Wahrnehmung des Patienten eine lebendige, real anwesende und omnipotente Person, der ideale Persönlichkeitseigenschaften des Organempfängers attribuiert werden. Die transplantierte Lunge hingegen bleibt sowohl dem Spender wie dem Empfänger zugehörig. Als typisches Übergangsobjekt übt insbesondere der Spender eine hilfreiche und kreative Funktion in der Alltagsbewältigung des Patienten aus.
In der vorliegenden Fallstudie kann die Verwendung des Spenders bzw. des transplantierten Organs als "Übergangsobjekte" als eine positive Bewältigungsstrategie verstanden werden. Allerdings können Übergangsphänomene auch auf desintegrative Prozesse in der Verarbeitung einer Organtransplantation hinweisen. Diese klinischen Fragen werden zum Abschluss der Arbeit diskutiert.

SCHLÜSSELWÖRTER: Organtransplantation, Organspender, Organintegration, Übergangsobjekt, Übergangsraum


DR. LUTZ GÖTZMANN
ABTEILUNG PSYCHOSOZIALE MEDIZIN
UNIVERSITÄTSSPITAL ZÜRICH
HALDENBACHSTRAßE 18
CH-8091 ZÜRICH
TEL.: +41 1 255 52 52
FAX: +41 1 255 43 84
E-MAIL: lutz.goetzmann@usz.ch

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VOM FORTGESETZTEN VERSCHWINDEN DER OPFER ODER ZUR GEGENLÄUFIGKEIT VON WEG-BEWEGUNG UND (RE)INSZENIERUNG IM INTERGENERATIONELLEN SPRECHEN ÜBER DIE NATIONALSOZIALISTISCHE JUDENVERNICHTUNG
Katharina Rothe

"Die Abwehr der Erinnerung an das Unsägliche, was geschah, bedient sich eben der Motive, welche es bereiten halfen" (Horkheimer, 1959, S.126).

ZUSAMMENFASSUNG: In diesem Beitrag werden Auszüge der Interpretation einer themenzentrierten Gruppendiskussion mit Männern aus den Jahrgängen 1928-1930 vorgestellt. Die Teilnehmer wurden als Schüler z.T. Zeugen einer Deportation der Jüdinnen und Juden aus ihrer Stadt - Ausgangspunkt und Thema der Diskussion. Anhand der Einstiegssequenz der Gruppendiskussion zeichnet die Autorin eine Weg-Bewegung von diesem Thema nach. In dieser Weg-Bewegung selbst wird die (Re)Inszenierung von Aspekten der Vernichtung als eine ihr immanente Gegenläufigkeit deutlich. Zugespitzt wird die These der Gegenläufigkeit im Hinblick auf ein fortgesetztes Verschwinden der Opfer in einem (sprechenden) Nicht-Sprechen über die Verfolgung und Vernichtung der Juden. Dieses Sprechen wird einmal von der Abwehrseite her bestimmt und zugleich scheint darin die Wiederkehr des Verdrängten (bzw. Verleugneten) auf, indem sich etwas vom damaligen Verschwinden der Opfer, das in ihrer bürokratisch-industriellen Vernichtung mündete, im heutigen (Nicht-)Sprechen fortsetzt. Die Wiederholung ist aber nur die eine Seite der (Re)Inszenierung, denn sie lässt sich heute nur (nachträglich) verstehen in ihrer Verwobenheit mit der aktuellen Bedeutung, die wiederum nicht loszulösen ist vom intergenerationellen Setting der Gruppendiskussion. Dieses wird schließlich analysiert als Situation, in der sich die im Hinblick auf den Forschungsgegenstand (die Weiterwirkungen der Judenvernichtung) relevanten Konflikt- und Abwehrprozesse nicht-jüdischer Deutscher in einer ausgeprägten Verdichtung zeigen.
Methodisch liegt das szenische Verstehen, die psychoanalytische Erkenntnismethode in Anwendung auf einen sozialpsychologischen Gegenstand, zugrunde. Als eine Validierungsebene analysiert die Autorin dabei auch die eigenen Affekte unter Rückbezug auf das Transkriptmaterial.

SCHLÜSSELWÖRTER: Folgen des Nationalsozialismus, nationalsozialistische Judenvernichtung, nicht-jüdische Deutsche nach 1945, Schuldabwehr, Antisemitismus, psychoanalytisch orientierte Sozialforschung, themenzentrierte Gruppendiskussion, szenisches Verstehen


KATHARINA ROTHE
AKADEMIE FÜR ARBEIT UND POLITIK
UNIVERSITÄT BREMEN
PARKALLEE 39
D-28209 BREMEN
E-MAIL: ROTHE@AAP.UNI-BREMEN.DE

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