Editorial der Herausgeber
L. Fischer & T. Wehner
Editorial des Gastherausgebers
P. Angerer
Psychosoziale Belastungen bei der Arbeit und Erkrankungen, Teil 1:
Psychische Belastungen am Arbeitspatz und deren Zusammenhang mit Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Depression
J. Lang & P. Angerer
Zusammenfassung | Abstract
Psychosoziale Belastungen bei der Arbeit und Erkrankungen, Teil 2:
Psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
P. Angerer & J. Lang
Zusammenfassung | Abstract
Psychische Gesundheit in einem Großunternehmen
S. W. Weiler & S. Allmendinger
Zusammenfassung | Abstract
Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
D. Beck & B. Splittgerber
Zusammenfassung | Abstract
Die Förderung der psychischen Gesundheit von Beschäftigten - Ein Überblick über die Wirksamkeit und Erfolgsfaktoren partizipativer verhältnisbezogener Interventionen im Betrieb
A. Müller
Zusammenfassung | Abstract
Arbeitsfähigkeit in Organisationen messen und erhalten - ein Konzept und ein Instrument aus der Arbeitsmedizin
M. Ebener & H. M. Hasselhorn
Zusammenfassung | Abstract
Einflussfaktoren der psychischen Gesundheit bei Lehrerinnen - ein Altersgruppenvergleich
R. Seibt, K. Meyer, A. Steputat & K. Scheuch
Zusammenfassung | Abstract
Gesundheit, Kommunikation und Leistung in Großraumbüros - Zusammenhänge mit Personenzahl, spezifischen Umgebungsbedingungen und allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen
B. Herbig, A. Schneider & D. Nowak
Zusammenfassung | Abstract
Flexible und entgrenzte Arbeit - Segen oder Fluch für die psychische Gesundheit?
J. Glaser & E. Palm
Zusammenfassung | Abstract
Separatum
Psychoanalytische Führungskräfte- und Organisationsentwicklung in Deutschland: Theoretische Fundierung und praktisches Desiderat
Th. Kretschmar & M. Senarclens de Grancy
Zusammenfassung | Abstract
Psychosoziale Belastungen bei der Arbeit und Erkrankungen, Teil 1
Psychische Belastungen am Arbeitspatz und deren Zusammenhang mit Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Depression
Jessica Lang & Peter Angerer
In den westlichen Industrienationen zählen Muskel-Skelett-Beschwerden zu den häufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeitstage. An zweithäufigster Stelle für die krankheitsbedingte Abwesenheit vom Arbeitsplatz stehen die psychischen und Verhaltensstörungen, darunter vor allem die Depression. Für beide Beanspruchungsarten werden psychische Belastungen am Arbeitsplatz als mitauslösende Faktoren diskutiert. Welche konkreten Arbeitsbelastungen wissenschaftlich gesichert mit der Entstehung von Muskel-Skelett-Beschwerden und Depressionen in Zusammenhang gebracht werden, wird in diesem Beitrag über Ergebnisse aus Meta-Analysen dargestellt. Im Anschluss werden Erklärungsmodelle aufgeführt, um den Wirkmechanismus der psychischen Belastungen auf die Beanspruchungen zu beschreiben. Letztlich wird auf die praktische Anwendung der dargestellten Erkenntnisse im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen und verhältnispräventiven Maßnahmen hingewiesen.
Schlüsselwörter: psychische Belastung, psychische Beanspruchung, Gesundheit, Depression, Muskel-Skelett-Beschwerden
Psychosocial demands at the workplace and their relationship to musculoskeletal diseases and depression
Musculoskeletal complaints are the leading cause of lost work days in the western industrialized nations. Mental and behavioral disorders, most notably depression account for the second most common reason for disease-related absence from work. For both types of strain psychological demands at the workplace are discussed as co-contributing factors. The present work lays out which specific demands have already been scientifically linked to the development of musculoskeletal disorders and depression by describing results from current meta-analyses. In addition, it will be explained which mechanisms may exist that describe the link between psychosocial demands and these strain outcomes. Ultimately, attention is drawn to the practical application of findings in the context of risk assessments and structural interventions.
Keywords: psychological demands, psychological strain, health, depression, musculoskeletal disorders
Prof. Dr. rer. soc. Jessica Lang
Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin
Medizinische Fakultät
RWTH Aachen University
Pauwelsstraße 30
D-52074 Aachen
jlang@ukaachen.de
Prof. Dr. med. Peter Angerer
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Centre for health and society
Medizinische Fakultät
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Universitätsstraße 1
D-40225 Düsseldorf
peter.angerer@uni-duesseldorf.de
Psychosoziale Belastungen bei der Arbeit und Erkrankungen, Teil 2
Psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Peter Angerer & Jessica Lang
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in den Industrienationen. Ein Großteil dieser Erkrankungen, vor allem die, die durch Atherosklerose der Arterien verursacht werden, entwickelt sich über Jahrzehnte. Psychosoziale Belastungen, auch und insbesondere am Arbeitsplatz sind mittlerweile als Risikofaktor für diese Erkrankungen wissenschaftlich gut belegt. Anknüpfend an die Darstellung krankheits-verursachender Arbeitsbelastungen in Teil 1 wird hier zunächst die epidemiologische Evidenz über den Zusammenhang zwischen diesen Belastungen ("Arbeitsstressmodelle") und kardiovaskulären Risikofaktoren sowie kardiovaskulären Erkrankungen dargestellt. Die wichtigsten biologischen Mechanismen, die diesen Zusammenhang erklären, werden zusammengefasst. Schließlich folgt ein Fazit für die Praxis.
Schlüsselwörter: psychosoziale Belastung bei der Arbeit, Arbeitsstress, kardiovaskuläre Erkrankungen, koronare Risikofaktoren, biologische Mechanismen, Interventionen
Psychosocial stress at work and cardiovascular disease
Cardiovascular diseases (CVD) are the most frequent cause of mortality in highly industrialised countries. The majority of these diseases takes decades to develop, especially those caused by atherosclerosis of arteries. Mental stress, especially at the workplace, is established by scientific evidence as risk factor for the development of CVD. Related to the discussion of work stress as a risk factor for disease in part one of this article, in part two we present the epidemiological evidence on the relationship between work stress (as conceptualized by work stress models), CVD risk factors, and CVD, respectively. Important biological mechanisms that explain the relationship are summarised. Finally, a conclusion for practical application is given.
Keywords: psychosocial stress at work, work stress, cardio-vascular disease, coronary risk factors, biological mechanisms, interventions
Prof. Dr. med. Peter Angerer
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Centre for health and society
Medizinische Fakultät
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Universitätsstraße 1
D-40225 Düsseldorf
peter.angerer@uni-duesseldorf.de
Prof. Dr. rer. soc. Jessica Lang
Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin
Medizinische Fakultät
RWTH Aachen University
Pauwelsstraße 30
D-52074 Aachen
jlang@ukaachen.de
Psychische Gesundheit in einem Großunternehmen
Stephan W. Weiler & Steffen Allmendinger
Im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) stellen sich aufgrund der häufigeren Diagnosestellung psychischer Erkrankungen und geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen (ArbmedVV, 2013; ArbSchG, 2013) häufig Fragen zum Umgang mit psychisch Erkrankten im Betrieb, aber genauso häufig auch zur gesundheitsgerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen. Dies betrifft präventive Aspekte genauso wie therapeutische und rehabilitative Maßnahmen. Am Beispiel der Audi AG werden aktuell behandelte Forschungsaufgaben zur Arbeitsplatzgestaltung und Prozesse für die Integration psychischer Gesundheitsthemen in das bestehende BGM dargestellt.
In allen Geschäftsbereichen wurden präventiv ausgerichtete Schulungen für Vorgesetzte durchgeführt, in Vorsorgeuntersuchungen dokumentierte Beratungsanlässe ausgewertet und Ergebnisse von Wiedereingliederungsmaßnahmen beim Vorliegen psychischer Erkrankungen analysiert. Dabei zeigt sich, dass psychische Erkrankungen im Betrieb mit den bereits etablierten Verfahren gut berücksichtigt werden können und die Entwicklung der Erkrankungszahlen in der betrieblichen Praxis weniger dramatisch ausfällt als nach der Medien-Berichterstattung zu erwarten. Der Erhalt der psychischen Gesundheit gehört zu den Zielen der Audi Personalstrategie, psychische Belastungen und Beanspruchungen wurden zudem ein Themenfeld in der Strategie zur Arbeitsplatzgestaltung. Dazu wurden Beschäftigtenbefragungen zu subjektiven Stressoren bei Montagearbeiten durchgeführt und durch arbeitsmedizinische Erkenntnisse ergänzt.
Fazit für die Praxis: Der Erhalt der psychischen Gesundheit und der Umgang mit psychischen Erkrankungen von Beschäftigten kann und sollte in bestehende BGM-Systeme integriert werden - dadurch können flexible und wirksame Maßnahmen mit begrenztem Aufwand umgesetzt werden.
Schlüsselwörter: betriebliches Gesundheitsmanagement, Arbeitsgestaltung, Reintegration, Prozesssteuerung
Mental health in a blue-chip company
In Corporate Health Management (CHM) it becomes more important to address psychic disorders due to their growing importance, e.g. in terms of sick leave or special legislative regulations, as well as regarding healthy workplace design for mentally ill people. This concerns preventive aspects just as therapeutical and rehabilitative actions. Using the Audi AG as an example, actual research projects in industrial engineering and processes for the integration of mental health factors into CHM are presented.
In all business domains we realized in-company trainings for management levels. Mental disorders as documented in medical screenings and occupational reintegration processes were evaluated. Our results demonstrate that mental disorders might be addressed well by established processes. Sick leave data below the range expected indicate the efficacy of the existing measures. Nevertheless mental health became one of the strategic tasks at the Audi human resource department. The importance of psychological stress and strain for industrial engineering grew significantly. Thus, in a car assembly department an additional survey focusing on stressors was performed, and the results were supplemented by occupational health professionals data.
Conclusion: Conservation of mental health and handling of psychic disorders in employees might and should be integrated in existing CHM systems. Thereby flexible, non-discriminating and effective actions can be taken with finite efforts.
Keywords: corporate health management, industrial engineering, reintegration, process engineering
PD Dr. Stephan W. Weiler
Audi AG
Gesundheitswesen I/SW-3
D-85053 Ingolstadt
stephan.weiler@audi.de
Steffen Allmendinger
Audi AG
Gesundheitswesen I/SW-3
D-85053 Ingolstadt
steffen.allmendinger@audi.de
Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Empfehlungen des Arbeitsprogramms "Psyche" der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie
David Beck & Bettina Splittgerber
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber/-innen dazu, auf Basis einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Bei dieser Gefährdungsbeurteilung sind auch psychische Belastungen der Arbeit zu berücksichtigen. In diesem Beitrag werden zentrale Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen der Arbeit vorgestellt, auf die sich die staatlichen Aufsichtsbehörden und Unfallversicherungsträger gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) verständigt haben.
Schlüsselwörter: Gefährdungsbeurteilung, psychische Belastung, Betriebe, Arbeitsschutz
Psychosocial risk assessment
Recommendations of the Joint German occupational safety and health strategy
The Occupational Safety Act obliges the employers to carry out risk assessments to decide which measures are necessary to protect and strengthen the health and safety of employees. These risk assessments have to include psycho-social factors as well. Based on the joint recommendations of the German government, the federal states ("Länder), the accident insurance institutions as well as the social partners, this article describes the tasks and the required steps of procedure for carrying out psycho-social risk assessments.
Keywords: workplace risk assessment, psychosocial factors, occupational health and safety
Dr. David Beck
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
Fachgruppe 3.5: Psychische Belastungen
Nöldnerstraße 40-42
D-10317 Berlin
beck.david@baua.bund.de
Bettina Splittgerber
Hessisches Ministerium für Soziales und Integration,
Abteilung III: Arbeit
Dostojewskistraße 4
D-65187 Wiesbaden
bettina.splittgerber@hsm.hessen.de
Die Förderung der psychischen Gesundheit von Beschäftigten - Ein Überblick über die Wirksamkeit und Erfolgsfaktoren partizipativer verhältnisbezogener Interventionen im Betrieb
Andreas Müller
Bislang liegt kein umfassender Überblick über die Wirksamkeit partizipativer verhältnisbezogener Interventionen (PVI) im Betrieb auf das psychische Befinden von Beschäftigten vor. Auf der Basis von vier systematischen Reviews wurden insgesamt 20 Studien zu 19 kontrollierten PVI identifiziert. Sechs Studien (32%) berichten durchweg positive Effekte auf psychisches Befinden, allgemeines Gesundheitserleben oder Arbeitsunfähigkeitstage. Genauso viele Studien konnten keine Effekte beobachten. Sieben Studien (37%) berichten uneinheitliche Effekte. Die Ergebnisse zeigen, dass PVI im Betrieb zu Befindensverbesserungen beitragen können. Die Erfolgschancen von PVI scheinen jedoch stark abhängig von den jeweiligen betrieblichen Rahmenbedingungen. Praktisch relevant sind Ergebnisse für Maßnahmenentwicklungen und -umsetzungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung.
Schlüsselwörter: Arbeitsgestaltung, Gesundheit, Intervention, Review, Stress, Prävention, Gefährdungsbeurteilung
Improving the mental wellbeing of employees - The effects and success factors of participatory organizational interventions
So far there is no comprehensive overview on the effects of participatory organizational interventions (POI) on mental wellbeing of employees. On the basis of four systematic reviews a total of 20 studies on 19 controlled POI were identified. Six studies (32%) reported consistently positive effects. Six studies observed no effects. Seven studies (37%) reported inconsistent effects. The results show that POI can contribute to the mental wellbeing of employees. The success of POI, however, seems to be dependent on the particular organizational boundary conditions, such as the support of managers and the integration of POI into corporate structures.
Keywords: job design, health, intervention, review, stress, prevention, risk assessment
PD Dr. Andreas Müller
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Centre for Health and Society
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
andreas.mueller@uni-duesseldorf.de
Arbeitsfähigkeit in Organisationen messen und erhalten - ein Konzept und ein Instrument aus der Arbeitsmedizin
Melanie Ebener & Hans Martin Hasselhorn
Der demografische Wandel und das bereits angehobene Eintrittsalter für die Regelrente liefern Gründe für die verstärkte Integration Älterer in den deutschen Arbeitsmarkt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten aller Altersstufen zu erhalten und somit auch, sie auf individueller und organisationaler Ebene erfassen zu können. Das Konzept Arbeitsfähigkeit entstammt der Arbeitsmedizin und wurde in den 1980er Jahren in Finnland entwickelt. Eng verknüpft damit ist das Instrument Work Ability Index (WAI), das zuerst in epidemiologisch geprägter Forschung einsetzt wurde. Seit 1995 wird es in Deutschland - beginnend in der Arbeitsmedizin, dann auch in der nicht-medizinischen Organisationsberatung - angewendet. Im ersten Schritt erklärt der Beitrag das Konzept der Arbeitsfähigkeit und grenzt es gegenüber benachbarten Konzepten ab. Im zweiten Schritt wir
der Work Ability Index zur Erfassung der Arbeitsfähigkeit dargestellt, und es werden Hinweise zu dessen Verwendung in der Organisationsberatung gegeben. Dabei fließen Erfahrungen aus dem WAI-Netzwerk an der Universität Wuppertal1 ein, das von 2009 bis 2015 Anwender des Instruments beriet. Der Beitrag schließt mit einer kurzen Übersicht von Instrumenten, die in den letzten Jahren aus dem WAI abgeleitet wurden.
Schlüsselwörter: Arbeitsfähigkeit, Beschäftigungsfähigkeit, Gesundheit, Arbeitsfähigkeitsindex, WAI, demografischer Wandel
To assess and maintain work ability in organisations - a concept and an instrument from occupational health
Due to the demographic change and the increased pension age in Germany, there is a need for higher employment participation of older workers. As a consequence, work ability of employees should be maintained, and that raises the question of its measurement. Work ability (WA) has been conceptualised in the 1980s in Finnish occupational health research, resulting in the instrument work ability index (WAI). Since 1995, concept and instrument are used in Germany, initially in the domain of occupational health, and, consecutively, in non-medical consulting. This paper explains the concept of work ability and shows relations to similar concepts. In a second step, the WAI instrument is introduced and suggestions for its use in consulting are made. These are based on experiences from the German "WAI-Network, which was coordinated by the University of Wuppertal. The paper ends with a short overview of questionnaires that have been derived from the WAI during recent years.
Keyords: work ability, employability, health, work ability index, WAI, demographic change
Dipl.-Psych. Melanie Ebener
Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft
Fakultät für Maschinenbau und Sicherheitstechnik
Bergische Universität Wuppertal
Gaußstraße 20
D-42119 Wuppertal
ebener@uni-wuppertal.de
Prof. Dr. med. H. M. Hasselhorn
Facharzt für Arbeitsmedizin
Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft
Fakultät für Maschinenbau und Sicherheitstechnik
Bergische Universität Wuppertal
Gaußstraße 20
D-42119 Wuppertal
hasselhorn@uni-wuppertal.de
Einflussfaktoren der psychischen Gesundheit bei Lehrerinnen - ein Altersgruppenvergleich
Reingard Seibt, Katja Meyer, Anne Steputat, Klaus Scheuch
Der Lehrerberuf ist durch ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen gekennzeichnet, das im Zusammenhang mit der hohen Berufsbelastung, aber auch mit personenbezogenen Merkmalen diskutiert wird. Zudem ist diese Berufsgruppe von Überalterung sowie Lehrermangel betroffen. Diese Risikokonstellation erfordert die Auseinandersetzung mit altersbezogenen Befunden zur psychischen Gesundheit. Es wurden Ausprägung und Zusammenwirken von psychischer Gesundheit (GHQ-12) und ausgewählten Einflussfaktoren bei jüngeren (< 40 Jahre) und älteren (≥ 50 Jahre) Lehrerinnen im Querschnitt untersucht. Als vermutete Einflussfaktoren wurden arbeits- (Arbeitsbedingungen, Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis - ER-Ratio) sowie personenbezogene Merkmale (Kohärenzerleben, Erholungsunfähigkeit, Stressanfälligkeit, soziale Anerkennung) regressionsanalytisch untersucht. Die Altersgruppenunterschiede sind für die psychische Gesundheit und die betrachteten Einflussfaktoren gering. Erklärungswert für die psychische Gesundheit wiesen bei jüngeren Lehrerinnen das Kohärenzerleben und das ER-Ratio (25%) auf, bei älteren Lehrerinnen die Erholungsunfähigkeit und ebenfalls das ER-Ratio (28%). Personenbezogene Merkmale sollten als individuelle Ressourcen zur Belastungsbewältigung aktiv gefördert werden.
Schlüsselwörter: psychische Gesundheit, Einflussfaktoren, Lehrkräfte, Alter
Determinants of mental health in teachers - comparison of age groups
The teaching profession is characterized by an increased risk of mental illness which is discussed not only in the context of high psychosocial occupational exposure but also regarding personal characteristics. In addition, this occupational group is affected by a problematic overaging and shortage of skilled workers. This risk constellation requires that the currently lacking age-related findings on mental health have to be edited. Against this background, the point values and interactions of mental health components (GHQ-12) of younger (< 40 years) and elder (≥ 50 years) female teachers (FT) were studied. Work-related (working conditions, effort-reward-ratio - ER-Ratio) and individual-related characteristics (sense of coherence, inability to relax, susceptibility to stress, social recognition) were considered as influencing factors. The age group differences for mental health and their influencing factors are small. The sense of coherence and the ER-Ratio supply an explanatory value for mental health in younger FT (25%); in older FT this applies to the inability to relax and also the ER-Ratio (28%). Personal characteristics as individual stress coping resources should be actively promoted.
Keywords: mental health, influencing factors, female teachers, age
Dr. rer. nat. Reingard Seibt
Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin
Medizinische Fakultät
Carl Gustav Carus der TU Dresden
Fetscherstraße 74
D-01307 Dresden
reingard.seibt@mailbox.tu-dresden.de
Gesundheit, Kommunikation und Leistung in Großraumbüros - Zusammenhänge mit Personenzahl, spezifischen Umgebungsbedingungen und allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen
Britta Herbig, Anna Schneider & Dennis Nowak
Großraumbüros erfreuen sich in Unternehmen großer Beliebtheit. Kosteneinsparung und verbesserte Kommunikation und Kooperation unter den Mitarbeitern sind die Hauptargumente für diese Büroform. Demgegenüber steht die Argumentation des soziotechnischen Ansatzes, dass Großraumbüros Stressoren am Arbeitsplatz erhöhen und in der Konsequenz zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mitarbeiter führen. Ein Überblick über die wissenschaftliche Evidenz zum Thema zeigt, dass die Zufriedenheit mit Umgebungsfaktoren, die Leistung und Gesundheit der Mitarbeiter in Großraumbüros im Vergleich zu Einzel- und Kleinbüros deutlich verringert ist. Anhand einer exemplarischen Studie mit 207 Mitarbeitern eines großen Unternehmens wird zudem gezeigt, dass die Anzahl von Personen pro Bürofläche psychosoziale Stressoren wie Arbeitsunterbrechungen, Qualitätseinbußen und Zusatzaufwand systematisch erhöht, während eine Verbesserung von Kommunikation und Interaktion als psychosoziale Ressourcen nicht zu beobachten ist.
Schlüsselwörter: Großraumbüros, Arbeitsumgebung, psychosoziale Stressoren, Kommunikation und Interaktion, Leistung, Gesundheit und Wohlbefinden
Health, communication and performance in open-plan offices - Associations with number of persons, environmental factors and work characteristics
Open-plan offices enjoy great popularity in the corporate world. Main arguments in favor of this office type are cost-savings and increased communication and cooperation among employees. In contrast, the sociotechnical approach argues that open-plan offices increase stressors at the workplace and, in turn, impair employees health. An overview of the scientific evidence shows that environmental satisfaction, performance and health of employees are significantly worse in open-plan offices in comparison to cellular or small-sized offices. As an example, a study with 207 employees from a big corporation is presented. It shows that the number of persons per enclosed office space systematically increases psychosocial work stressors like work interruptions, perceived quality loss and additional effort whereas an improvement of communication and interaction as psychosocial work resources could not be observed.
Keywords: open-plan office, work environment, psychosocial work stressors, communication and interaction, performance, well-being and health
PD Dr. Britta Herbig
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Klinikum der Universität München
Ziemssenstraße 1
D-80336 München
britta.herbig@med.uni-muenchen.de
Flexible und entgrenzte Arbeit - Segen oder Fluch für die psychische Gesundheit?
Jürgen Glaser & Esther Palm
Die zunehmenden Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Erwerbsarbeit werden im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben meist positiv bewertet. In Forschung und Gesellschaft mehren sich jedoch Stimmen, die auch schädliche Folgen flexibler und insbesondere entgrenzter Arbeit für die "Life Domain Balance" und die psychische Gesundheit der Beschäftigten sehen.
Der Beitrag beschreibt zunächst Formen und Trends der Flexibilisierung von Arbeit mit bisherigen metaanalytischen Erkenntnissen zu deren Wirkungen auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten. Im Anschluss werden rollentheoretische Annahmen zur Grenzsetzung (Boundary Management) zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben vorgestellt. In diesem Zusammenhang werden empirische Befunde zur erweiterten arbeitsbezogenen Erreichbarkeit und entgrenzter Arbeit mit psychischer Gesundheit (Abschalten von der Arbeit, Erholung) und Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben berichtet. Diese Ergebnisse verdeutlichen die insgesamt recht ambivalenten Wirkungen von entgrenzter Arbeit auf die Beschäftigten. Vor diesem Hintergrund werden Chancen und Risiken flexibel-entgrenzter Arbeit für eine humanorientierte Gestaltung gesunder Arbeit, Forschungsbedarfe und Implikationen für die betriebliche Praxis diskutiert.
Schlüsselwörter: Flexible Arbeit, erweiterte Erreichbarkeit, Entgrenzung von Arbeits- und Privatleben, Grenzsetzung, Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben, psychische Gesundheit
Flexible and boundaryless work - blessing or curse for psychomental health?
With regard to life domain balance, increasing options for flexibilization of work are predominantly evaluated positive. However, in research as well as in society doubts arise concerning possible detrimental consequences of flexible work, especially boundaryless work for employee life domain balance and mental health.
This article describes forms and trends of flexibilization of work and draws on previous meta-analytic findings concerning effects on employee mental health. Subsequently, role-theoretical assumptions concerning boundary management between work and private lives are introduced. In this context, empirical findings of extended work-related availability and boundaryless work concerning mental health (detachment from work, recovery) and balance between work and private domains are reported. Overall, the results elucidate the ambivalent effects of boundaryless work for employees. Against this background, chances and risks of flexible and boundaryless work for a human-oriented design of healthy work as well as research gaps and practical implications are being discussed.
Keywords: flexible work, extended availability, boundaryless work, boundary management, life domain balance, mental health
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Glaser
Institut für Psychologie
Universität Innsbruck
Innrain 52
A-6020 Innsbruck
juergen.glaser@uibk.ac.at
Mag. Esther Palm (BSc)
Institut für Psychologie
Universität Innsbruck
Innrain 52
A-6020 Innsbruck
esther.palm@uibk.ac.at
Psychoanalytische Führungskräfte- und Organisationsentwicklung in Deutschland: Theoretische Fundierung und praktisches Desiderat
Thomas Kretschmar & Moritz Senarclens de Grancy
Während der praktische Nutzen einer psychoanalytisch orientierten Führungskräfte- und Organisationsentwicklung in vielen Ländern längst etabliert ist, liegt ihr Potenzial in Deutschland noch weitgehend brach. Dabei kennt Psychoanalyse - verstanden als ein empirisch fundiertes Verfahren zur Handhabung psycho-dynamischer Prozesse - wirkungsvolle und innovative Verfahren für den Umgang mit Übertragung, Widerstand, Wiederholung und weiteren Phänomenen des Organisationsalltags. Hierzu werden klassische und neuere psychoanalytische Verfahren und Fachbegriffe vorgestellt und mit Blick auf ihren Praxiswert für den Einsatz in Unternehmen und Organisationen diskutiert.
Schlüsselwörter: Psychodynamik, Führungskräfte- und Organisationsentwicklung, Phantasie, Übertragung
Psychoanalytic executive and organizational development in Germany: Theoretical foundations and practical desideratum
While the practical benefits of psychoanalytically oriented executive and organizational development has long been established in many countries, their potential is still largely untapped in Germany. Psychoanalysis - understood as an empirically informed technique of handling psychodynamic processes - has effective and innovative techniques for dealing with transmission, resistance, repetition and other phenomena of the workaday life of organizations. Therefore classic and novel psychoanalytic methods and technical terms are presented and discussed with a view to their practical value for use in businesses and organizations.
Keywords: psychodynamic, executive and organisation development, imagination, transference
Prof. Dr. rer. pol. Thomas Kretschmar
Mind Institute SE
Friedrichstraße 88
D-10117 Berlin
tk@mind-institute.de
Dr. phil. Moritz Senarclens de Grancy
Mind Institute SE
Friedrichstraße 88
D-10117 Berlin
ms@mind-institute.de