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Verhaltenstherapie & Verhaltensmedizin

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2007-3

Inhaltsverzeichnis

Erfahrungsseelenkunde
Zusammenfassung | Abstract

Editorial
Harald C. Traue & Lucia Jerg-Bretzke
Schmerzpsychotherapie: Eine Einführung

Paul Nilges & Harald C. Traue
Psychologische Aspekte des Schmerzes
Zusammenfassung | Abstract

Sibylle Klosterhalfen & Paul Enck
Placebo-Forschung: Theoretische Konzepte und experimentelle Befunde
Zusammenfassung | Abstract

Regine Klinger, Herta Flor, Stephanie Soost, Jens Tretrop & Margitta Worm
Die klinische Relevanz des Placeboeffektes in der Schmerztherapie und -forschung
Zusammenfassung | Abstract

Wolf-Dieter Gerber & Gabriele Gerber-von Müller
Schmerzpsychotherapie bei Kindern und Jugendlichen
Zusammenfassung | Abstract

Birgit Kröner-Herwig & Heide Denecke
Die Behandlung von Kopfschmerz bei Kindern und Jugendlichen - eine Praxisstudie
Zusammenfassung | Abstract

Michael Hüppe
Zum Einfluss psychologischer Faktoren auf postoperativen Schmerz: ein narratives Review
Zusammenfassung | Abstract

Heinz-Dieter Basler
Besonderheiten der Diagnostik und Therapie des Schmerzes im Alter
Zusammenfassung | Abstract

 


Erfahrungsseelenkunde

Liebe Leserin, lieber Leser!

Es ist keine Frage, Biofeedback (BF) ist ein hilfreiches Verfahren für die Behandlung von Kopfschmerzen. Erst kürzlich hat Frank Andrasik in den Neurological Sciences wieder ein Loblied auf das Biofeedback angestimmt. Mediziner haben sowieso kein Problem damit, denn schließlich haben sie es erfunden. Ach, das wussten Sie nicht? Doch, doch, von Arnold Kegel stammt die erste Studie. Ich will da nicht in die Details gehen, aber der Name dieses Urologen ist ja den meisten durch den Begriff der Kegelübungen vertraut.
Neben der Biofeedbackanordnung hat er auch diese gerätefreien Übungen erfunden, ursprünglich zur Behandlung von unwillkürlichem Abgang von Urin. Da die so behandelten Frauen als Nebenwirkung eine vermehrte Empfindungsfähigkeit im Bereich des Genitale angaben und sogar behaupteten, den Orgasmus verstärkt zu erleben (was man zwar als Nebenwirkung sehen muss, aber nicht als unerwünschte), wurde die Indikation von Kegelübungen erweitert.
Auch hier gilt, Übung macht den Meister. Ein Manual könnte lauten: Stellen Sie sich vor, den Urin zurückzuhalten. Dadurch werden die muskulären Partien des Beckenbodens gestärkt. Versuchen Sie etwa 20 Mal, die Muskeln zusammenzuziehen, ohne dabei die Bauch- oder Beinmuskulatur zu beteiligen. Gelingt es, die richtigen Muskeln zu betätigen, kann man die Frequenz steigern, bis etwa 40 Kontraktionen möglich sind. Schön ist, dass dieses kognitiv-behaviorale Training für Außenstehende nicht erkennbar ist und somit auch in den alltäglichsten Situationen zwar nicht ohne Mühe, aber doch weitgehend unbemerkt durchgeführt werden kann. Beispielsweise bei Teambesprechungen, während des Besuchs im Caféhaus, im Theater oder der Straßenbahn.
Aber ich will nicht abschweifen. Kommen wir zurück zum BF. Nicht wegen Arnold Kegel, sondern aus eigener Anschauung bin ich ein entschiedener Anhänger dieser Intervention. Um das zu erklären, will ich mich zu einem einschneidenden therapeutischen Erlebnis bekennen. Von einer USA-Reise zurückgekehrt, beschafften wir im Institut ein Biofeedbackgerät, dessen Herstellerfirma mir entfallen ist. Jedenfalls litt mein nächster Patient an Kopfschmerzen vom Spannungstyp, die man damals noch Spannungskopfschmerzen nannte und er war ein geeigneter Kandidat für meine von John Stoyva erworbenen klinischen Kenntnisse. Der Patient wurde in die verfügbare Entspannungsliege gelegt, die aus einem Stahlrahmen bestand, auf dessen Federkern (ebenfalls aus chromblitzendem Stahl) eine Polstermatratze lag, die mit schwarzem Vinyl bezogen war. Er wurde an das EMG-BF angeschlossen und eine mittlere Tonhöhe eingestellt. Ich befand mich am Kopfende seitlich rechts neben dem Patienten etwa auf Schulterhöhe. Sie merken schon: Hier kommt es auf die Details an.
Das BF-Gerät gab einen gut erträglichen Ton ab, der allerdings trotz meiner therapeutischen, an sich wirksamen Stimme und den Bemühungen des Patienten nur wenig variierte. Um auch die Nähe des Therapeuten wirksam einzusetzen, rückte ich etwas näher und legte dem Patienten ermutigend meine Hand auf die Schulter. Na also! Sanft senkte sich die Tonfrequenz. Wenn ich die Hand zurückzog, blieb der Ton zunächst unten, der Patient entspannt und stieg dann langsam wieder an. Nach einigen dieser Übungen konnte ich den auslösenden Stimulus der Entspannungsreaktion noch in seiner Wirksamkeit steigern, indem ich dem Patienten die Hand oberhalb der Stirnelektroden vorsichtig auf die Haare legte. Der Patient lernte auf diese Weise zweierlei: erstens wunderbar seine Muskelspannung zu reduzieren und zweitens, dass BF vor allem in Kombination mit Handauflegen half. Ich lernte auch, dass BF vor allem dann Wirksamkeit entfaltet, wenn man dem Patienten nahe ist und ihn im Bereich der Elektrodenapplikation leicht berührt. Die enorme Wirkung meiner selbst auf den Patienten tat meinem noch sehr unsicheren professionellen Selbstgefühl sehr gut. Zwar gab es die so genannte Sozialpsychophysiologie damals noch nicht, aber ich kann, so gesehen, im Grunde als Erfinder dieses Begriffes gelten.
Die Wirkung des BF verlor sich später bei den Patienten, nachdem wir eine großflächige Isolationsmatte mit Erdung unter Entspannungsliege und Therapeutenstuhl angebracht hatten. Aber das war nicht so schlimm, weil der Patient in diesem Therapiestadium bereits meine therapeutisch wirksame Stimme mit Hilfe eines Kassettenrekorders aufgezeichnet hatte und mich regelmäßig des Abends zur Entspannung und zum ungestörten Einschlafen abhörte. Wie ich später von einer befreundeten systemischen Therapeutin erfuhr, tat das seiner ehelichen Beziehung gar nicht gut, aber von seinen Kopfschmerzen war er durch mein BF praktisch geheilt.
Wenn Sie auch schon solche Erfahrungen mit Schmerztherapie gemacht haben, schreiben Sie das auf und senden Sie es mir!

Anonymus

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Psychologische Aspekte des Schmerzes
Paul Nilges & Harald C. Traue

Zusammenfassung:
Zusammenfassung: In diesem Beitrag werden die historisch wissenschaftliche Entwicklung psychologischer und psychobiologischer Schmerzkonzepte und der aktuelle Diskussionsstand zur Rolle psychologischer Faktoren für Schmerzen skizziert. Ausgehend von einer kritischen Diskussion der Dichotomisierung von Schmerzen als somatogen vs. psychogen werden Schmerzkonzepte vorgestellt, die für ein integratives Verständnis von Schmerzen und psychotherapeutischen Interventionen bei Schmerzen relevant sind. Die zentralen Aussagen des verhaltensmedizinischen Schmerzmodells mit seinem Fokus auf Schmerzverhalten werden den neurokognitiven Annahmen gegenübergestellt. Die neurobiologischen Methoden der Bildgebung bestätigen die wesentlichen Elemente der psychologischen Schmerzforschung. Essentiell am Schmerz beteiligte Hirnstrukturen wurden ermittelt und können den psychologischen Faktoren zugeordnet werden. Es handelt sich dabei nicht um ein Schmerzzentrum, sondern um eine neuronale Matrix, die viele Zentren des Gehirns umfasst. Abschließend wird das Spektrum psychologischer Arbeit mit Schmerzpatienten in der speziellen Schmerzpsychotherapie und ihre Wirksamkeit beschrieben.

Schlüsselwörter: Schmerzkonzept, Schmerzpsychotherapie, Schmerzverhalten, Verhaltenmsedizin


Psychological Aspects of Pain
Abstract: This contribution summarizes the historical-scientific development of psychological and psychobiological concepts of pain and presents the current impact of psychological factors in this discussion. Starting with a critical examination of the di

Key words: Pain concept, pain therapy, pain behavior, behavioral medicine


Korrespondenzadressen:
Prof. Dr. Harald C. Traue
Universitätsklinikum Ulm
Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie
Sektion Medizinische Psychologie
Am Hochsträß 8
D-89081 Ulm

Dr. Paul Nilges
DRK Schmerz-Zentrum Mainz
Auf der Steig 16
D-55131 Mainz
Tel.: +49 (0) 6131-988 550
Fax: +49 (9) 6131-988 505
E-Mail:
nilges@uni-mainz.de

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Placebo-Forschung: Theoretische Konzepte und experimentelle Befunde
Sibylle Klosterhalfen & Paul Enck

Zusammenfassung:
Die Placeboresponse in Medizin und Psychologie ist bislang unzureichend erklärt und wird in der Regel entweder mystifiziert oder abgewertet; rationale Ansätze zum Verständnis der Placebowirkung einer medizinischen oder psychologischen Intervention sind jedoch aus der bisherigen Literatur ableitbar. Wir diskutieren hier drei Theorien, die u.E. viele der beschriebenen Placeboeffekte erklären können: a) Regression zum Mittelwert (regression to the mean, RTM): Dies können "Messfehler" sein, die durch kleine Stichproben, globale abhängige Variablen, spontane Schwankungen der Symptomatik und andere methodische Gründe entstehen. b) Pavlovsche Konditionierung (PC): Hier entsteht die Placebowirkung z.B. über erfolgreiche Verknüpfung von Diagnose- und Therapiemaßnahmen in der Vergangenheit (Krankengeschichte) eines Individuums mit Symptombesserung. Neutrale Stimuli aus dem Umfeld der Behandlung wie die Verabreichung einer Injektion oder die Farbe einer Tablette (konditionierte Stimuli) bekommen so eine therapeutische Potenz. c) Signal-Entdeckungstheorie (signal detection, SD): Die Manipulation von Erwartungen und Kognitionen der Patienten* und Probanden* durch Suggestionen und verbale Instruktionen auf Seiten der Versuchsleiter* und Ärzte* verändert die Bereitschaft der Patienten, Symptome als gebessert/verschlechtert zu betrachten, insbesondere dann, wenn dies auf dem Hintergrund eines hohen Rauschpegels geschieht, z.B. bei starken Spontanschwankungen der Symptome. Für alle drei theoretischen Modelle werden Beispiele aus der medizinischen und psychologischen Behandlung von Erkrankungen bzw. der experimentellen Forschung herangezogen. Potentielle biologische Mechanismen der Placeboantwort werden diskutiert, einschließlich der Möglichkeit einer genetischen Prädisposition zum Placeboresponder.

Schlüsselwörter: Placebo, funktionelle Magen-Darm-Störungen, Depression, Schmerz, Parkinson, Konditionierung, Signalentdeckung, kortikale Bildgebung


Abstract: The placebo response in medicine and psychology is incompletely understood and is usually mystified or ignored, but rational approaches to a better understanding of the placebo responses in medical and psychological interventions can be deducted from the published literature. We will discuss three theories that can explain most of the placebo phenomena: a) Regression to the mean (RTM): these can be characterized as measurement errors that are generated by small sample sizes, spontaneous variations in symptoms, and other methodological reasons; b) Pavlovian conditioning (PC): here, placebo responses are generated via associations of successful diagnostic and therapeutic "healing” procedures in the past (medical history) of an individual. Stimuli associated with symptom improvement gain therapeutic power, e.g. the injection of a drug or the colour of a pill. c) Signal detection theory (SDT): Manipulation of expectancies and cognitions of patients and treating physicians are generated by suggestions and verbal instructions, and change the ability of the patient and/or doctor to perceive symptoms as changed (improved, worsened) especially in a "noisy” environment, e.g. with high spontaneous variation of symptoms. All three models will be illustrated by examples from medical and psychological clinical and experimental placebo research, and psychobiological mechanisms will be discussed, including genetic predisposition to be a placebo responder.

Key words: placebo, gastro intestinal disorders, depression, pain, parkinson, conditioning, signal detection, cortical imaging


Korrespondenzadresse:
Prof. Paul Enck
Universitätsklinikum Tübingen
Medizinische Universitätsklinik VI:
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Forschungsbereich
Fronsbergstr 23
D-72076 Tübingen
Tel: +49 (0) 7071-29-89118
Fax: +49 (0) 7071-938 73 79
E-Mail:
paul.enck@uni-tuebingen.de

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Die klinische Relevanz des Placeboeffektes in der Schmerztherapie und -forschung
Regine Klinger, Herta Flor, Stephanie Soost, Jens Tretrop & Margitta Worm

Zusammenfassung:
Der Placebo-Effekt ist ein ungewöhnliches Phänomen und übt hohe wissenschaftliche Faszination aus. Seine Wirksamkeit wurde in vielen Studien und Metaanalysen nachgewiesen. Ebenso konnte gezeigt werden, dass sich unerwünschte Nebeneffekte als sog. Nocebo-Effekte verselbstständigen können. Es besteht jedoch für beide Fälle bis heute Unklarheit darüber, über welche Mechanismen genau sie vermittelt sind.
Der Artikel gibt einen Überblick über klinische Relevanz der Placeboanalgesie und -hypoalgesie und auch über das "Gegenteil" des Placebo-Effektes, den sog. "Nocebo-Effekt". Während beim Placebo-Effekt erwünschte Effekte eines Medikaments durch ein wirkstofffreies Präparat ausgelöst werden, treten beim Nocebo-Effekt die unerwünschten Nebenwirkungen eines Präparates in den Vordergrund. Es werden Faktoren aufgezeigt, die den Placebo-Effekt beeinflussen, und es werden die gegenwärtig relevanten, primär psychologischen Modelle der Entstehung und Aufrechterhaltung des analgetischen Placeboeffektes dargestellt: 1. Die klassische Konditionierung, 2. Erwartungstheorien. Herausgearbeitet wird die Frage der Interaktion beider Modelle und ihre enge Verzahnung mit neurochemischen Mechanismen der Placeboanalgesie und deren hirnorganischen Korrelaten. Der aktuelle Literaturüberblick wird ergänzt durch eine exemplarische Darstellung typischer experimenteller Untersuchungsdesigns. Darüber hinaus wird der Frage nach unterschiedlichen Wirkungen der Placeboanalgesie bei Patienten und gesunden Kontrollpersonen nachgegangen und es werden Ideen zur praktischen Nutzung und Umsetzung des Placeboeffektes herausgearbeitet.

Schlüsselwörter: Placeboanalgesie, Placebohypoalgesie, Placeboeffekt, Noceboeffekt, Klassische Konditionierung, Erwartungstheorien


The clinical relevance of the placebo effect in paintherapy and -research
Abstract: The placebo effect is a peculiar phenomena which highly fascinates scientists. Its effectivness has been prooven in many studies and metaanalyses. It has also been shown that unwanted side effects, the so called nocebo effects, can manifest themselves. The underlying mechanisms of both are still unclear.
This article reviews the clinical relevance of placebo analgesia and hypoalgesia and also of the "opposite", the nocebo effect. Whereas the placebo effect represents the desired effects of e.g. a pill, which are activated through an ineffective agent, the nocebo effect represents the unwanted effects which are shaped through the same mechanisms. The article shows factors which influence the placebo effect and it reviews the current relevant primarily psychological models of the shaping and maintainance of the analgetic placebo effect: 1. classical conditioning and 2. the expectancy theories. It discusses the question of the interaction between both models and their close link to neurochemical mechanisms of placebo analgesia and their correlations with brain function and structure. The cited current literature is expanded through an explanation of the typical experimental designs. Furthermore the question of differing effectiveness in the case of patients and in the case of healthy controls is pursued and practical ideas for the use and implementation of the placebo effect are proposed.

Key words: placebo analgesia; placebo hypoalgesia; placebo effect; nocebo effect; classical conditioning; expectancy theory


Korrespondenzadresse:
Dr. phil. Regine Klinger
Department Psychologie
Psychotherapeutische Hochschul-ambulanz - Verhaltenstherapie -
Universität Hamburg
Von-Melle-Park 5
D-20146 Hamburg
E-Mail:
rklinger@uni-hamburg.de

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Schmerzpsychotherapie bei Kindern und Jugendlichen
Wolf-Dieter Gerber & Gabriele Gerber-von Müller

Zusammenfassung: Der psychologischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit akuten Schmerzen etwa im Vorfeld schmerzhafter medizinischer Eingriffe (z.B: bei kindlichen Krebserkrankungen) kommt sowohl im pädiatrischen Umfeld als auch in d

r speziellen Schmerztherapie eine große Bedeutung zu. Darüber hinaus sind psychotherapeutische Behandlungsverfahren besonders bei chronischen Schmerzerkrankungen (z.B. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Krebsschmerzen u.a.) und insbesondere bei jüngeren Kindern die Therapie erster Wahl. Psychotherapeutische und vor allem verhaltenstherapeutische (verhaltensmedizinische) Interventionen beziehen sich auf eine biopsychosoziale Sichtweise des Schmerzes, wobei neben der Berücksichtigung der individuellen Konfliktlage des Kindes insbesondere auch die wichtige Bedeutung der Familie berücksichtigt werden muss. Die psychotherapeutischen bzw. verhaltensmedizinischen Interventionsverfahren bei Kindern und Jugendlichen sind äußerst effektiv und beziehen sich auf das Reizverarbeitungstraining, Entspannungstechniken, Stressmanagementverfahren, Schmerzimmunisierungstechniken, Biofeedbacktherapie, multimodale Techniken sowie auf spezifische Patientenschulungsprogramme. Während diese Techniken bei kindlichen Kopfschmerzen gut evaluiert sind, fehlen noch gut kontrollierte Studien zu anderen Schmerzerkrankungen (wie z.B. Krebsschmerz).

Schlüsselwörter: Schmerzpsychotherapie, Verhaltensmedizin, psychologische Schmerztherapie


Psychological pain management in children and adolescents
Abstract: The psychological preparation as well as the behavioural management of acute pain in children and adolescents plays an important role in the field of behavioural medicine and pediatric care. Painful experiences of children could be dominant predictors for the development of unfavourable pain coping strategies influencing the pain memory. Thus the early preparation of children due to painful events and the treatment of children suffering from pain seems to be very important in psychotherapy. The psychological pain management approaches are mainly based on biobehavioural approaches. They are directed to specific pain disorders as well as headaches, abdominal pain and cancer pain. Behavioural medicine interventions mostly are very much effective and are directed to information-processing-training, stress-management, relaxation training, pain-coping techniques, biofeedback training as well as multimodal techniques and patient education programmes. Many studies have been reported to the treatment of headaches whereas further studies should be recommended in the psychological treatment of paediatric cancer and abdominal pain.

Key words: Pain management in children, behavioural medicine, headache, pediatric cancer, abdominal pain


Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Wolf-Dieter Gerber
Dipl.-Soz.Päd.
Gabriele Gerber-von Müller
Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie
Universitätsklinikum Schleswig-
Holstein, Campus Kiel
Diesterwegstraße 10-12
D-24113 Kiel
E-Mail:
gerber@med-psych.uni-kiel.de

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Die Behandlung von Kopfschmerz bei Kindern und Jugendlichen - eine Praxisstudie
Birgit Kröner-Herwig & Heide Denecke

Zusammenfassung:
Nachdem eine erste Evaluationsstudie mit einem randomisierten Kontrollgruppendesign, durchgeführt  an der Universität Düsseldorf, die Wirksamkeit eines neu entwickelten Anti-Kopfschmerztrainings für Kinder und Jugendliche (Gruppentraining) nachgewiesen hatte, führten wir eine Praxisstudie durch, um die Effektivität des Trainings im naturalistischen therapeutischen Setting zu untersuchen. Es nahmen 23 niedergelassene Psychotherapeuten/innen teil, die 234 Kinder in die Behandlung aufnahmen, für die Baselinedaten vorliegen. Die im Durchschnitt 11-jährigen Kinder hatten nach Dokumentation durch ein Tagebuch vor der Therapie ca. 9.1 Tage Kopfschmerzen pro Monat, die sich nach der Therapie  hoch signifikant um ca. 3 Tage reduzierten. Nach Aussage der Eltern ist die Reduktion bezogen auf einen 3 Monatszeitraum noch deutlicher und liegt bei ca. 50%. Andere Kopfschmerzparameter zeigten keine Besserung. Die Gesamtbefindlichkeit der Kinder war nach der Therapie und in der Katamnese etwas besser als vorher. Besonders deutlich haben sich die Bewertung der Kopfschmerzen durch die Kinder und ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugungen zum Positiven verändert. Sie sind in ihrem Umgang mit den Kopfschmerzen deutlich autonomer und unabhängiger von ihren Eltern geworden. Auch die Eltern bestätigen eine positive Wirkung auf die Kinder. Die Trainingsbeurteilung fällt insgesamt sowohl durch die Kinder wie die Eltern sehr positiv aus. Die Aussagekraft der Studie wird durch die hohen Daten-Dropout-
Raten besonders in der Tagebuchdokumentation begrenzt. Trotz  einer anscheinend etwas geringeren Effektgröße bezüglich der Kopfschmerzreduktion, als sie in der Forschungsstudie gefunden wurde, ist das Training praxistauglich und kann für die Anwendung bei Kindern mit beeinträchtigendem Kopfschmerz empfohlen werden.

Schlüsselwörter: Anti-Kopfschmerz-Training, Praxisstudie, Kinder und Jugendliche


Treatment of headaches in children and adolescents - a naturalistic study
Abstract: After a first outcome study (RCT) carried out within a university setting supported the efficacy of a newly developed headache treatment for children and adolescents, a study within a "naturalistic setting” of psychotherapeutic practices was conducted to investigate its "effectivity”.
23 psychotherapists from different regions of Germany took part in the study, who presented data on 234 children who were prone to be treated in the 8-session group training. After treatment the children (mean age 11yrs) decreased the frequency of days with headache from 9.1 days/month by three days as documented by a headache diary. According to the parents their headache frequency was even reduced by 50% based on a three months estimation. Further headache parameters did not change to the positive. The general well being of the children improved significantly after therapy and (as a statistical trend) at follow-up. Very distinct changes were found regarding the children’s appraisal of headache and their self efficacy beliefs regarding headache. Children reported to much better cope with their headache without the support of their parents. Parents’ reports underlined these positive changes. The training was very well accepted by the children and their parents. One limitation regarding our findings is the large number of dropouts regarding diary data. Nevertheless we come to the conclusion that the headache training program can be appropriately implemented in an outpatient therapeutic setting and its use be recommended for the sake of the children’s well being and health.

Key words: Headache training program, naturalistic study, effectivity, children / adolescents


Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Birgit Kröner-Herwig
Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie
Goßlerstr. 14
D-37073 Göttingen
Fax: +49 (0) 551-393 544

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Zum Einfluss psychologischer Faktoren auf postoperativen Schmerz: ein narratives Review
Michael Hüppe

Zusammenfassung:
Dieses narrative Review beschreibt den Einfluss psychologischer Faktoren auf Schmerzen nach Operationen. Postoperative Schmerzen sind von psychischen und somatischen Merkmalen des Patienten und von Merkmalen der Anästhesie und Operation abhängig. Faktoren, die zur Anästhesie und Operation gehören, werden bislang ausschließlich aus medizinischer Sicht diskutiert. In einem ersten Abschnitt werden psychologische Merkmale des Patienten und ihre Beziehung zum postoperativen Schmerz dargestellt. Dabei wird gezeigt, dass präoperative Angst, präoperative depressive Stimmung, präoperative Schmerzen und dysfunktionale Kognitionen und Stressverarbeitung für Schmerzen nach Operationen von erheblicher Bedeutung sind. Der zweite Abschnitt behandelt psychologische Aspekte der Anästhesie und Operation. Hierfür existiert bislang kein Klassifikationsansatz, der aus der Psychologie abgeleitet wurde. Vorgestellt wird eine Differenzierung von Merkmalen der Anästhesie und Operation nach psychologischen Aspekten. Sie basiert auf Befunden der Stressforschung. Aus den Darstellungen der Patientenmerkmale und denen der Anästhesie/Operation ergeben sich Konsequenzen für psychologische und psychotherapeutische Interventionsmöglichkeiten.


Impact of psychological factors on postoperative pain: a narrative review
Abstract: This narrative review describes the impact of psychological factors on pain following surgery. Postoperative pain is influenced by psychological and somatic characteristics of the patients and by features of anaesthesia and surgery. Until now, variables concerning anaesthesia and surgery are exclusively described by medical factors. The first part of this article describes the impact of psychological factors of the patient on postoperative pain. Anxiety, depressive mood, preoperative pain and dysfunctional cognitions and coping have a significant influence on acute pain following surgery. The second part deals with psychological factors concerning anaesthesia and surgery. Up to day there is no classification describing anaesthesia and surgery by psychological features. A psychological classification is proposed. It depends on results of stress research. The implications of these results are discussed in relation to psychological treatment of surgical patients.

Key words: postoperative pain, surgery, psychological factors, psychological treatment


Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Michael Hüppe
Universität zu Lübeck
Klinik für Anästhesiologie
Ratzeburger Allee 160
D-23538 Lübeck
Tel.: +49 (0) 451-500 62 14
FAX: +49 (0) 451-500 34 05
E-Mail:
hueppe@mail.uni-luebeck.de

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Besonderheiten der Diagnostik und Therapie des Schmerzes im Alter
Heinz-Dieter Basler

Zusammenfassung: Obwohl Schmerzerkrankungen alterskorreliert sind, haben unterschiedliche Schmerzdiagnosen in ihrem zeitlichen Verlauf einen voneinander abweichenden Häufigkeitsgipfel. Besonders häufig treten im Alter Schmerzen aufgrund degenerativer Veränderungen im Skelett-Muskel-System auf. Experimentelle Studien lassen auf eine Erhöhung der Schmerzschwelle im Alter schließen, wenn es sich um kutan applizierte nozizeptive Reize handelt, nicht aber wenn eine Reizung tieferer Gewebestrukturen vorgenommen wird. Klinische Beobachtungen bei akuten Erkrankungen sowie die Ergebnisse experimenteller Studien geben Anlass zu der Vermutung, das Schmerz-Warnsystem sei bei älteren Menschen beeinträchtigt. Verbunden mit der geringeren Fähigkeit der Regeneration geschädigter Gewebe steigt das Risiko der Chronifizierung. In der Schmerzmessung ist das Phänomen des "Underreporting of Pain" zu beachten. Bei kognitiver Beeinträchtigung sollten bevorzugt verbale Rating-Skalen und Interviews statt Fragebögen eingesetzt werden. Patienten mit einer Demenz sollten hinsichtlich ihres Schmerzverhaltens beobachtet werden. Leitlinien zur Schmerztherapie müssen die häufig vorhandene Komorbidität und damit verbundene Multimedikation beachten. Auch wenn für die Wirksamkeit multimodaler Programme bei alten Menschen keine ausreichende Evidenz besteht, konnte der positive Effekt kognitiv-behavioraler Therapie gesichert werden. Ein Training körperlicher Aktivität sollte Fear-Avoidance-Beliefs berücksichtigen.

Schlüsselwörter: Schmerz, Alter, Diagnostik, Therapie


Peculiarities of pain assessment and treatment in the elderly
Abstract: Despite the fact that pain related disease increases with advancing age, different pain diagnoses show diverging peaks in the course of time. In the elderly, the pain most frequently reported is related to degenerative processes of the skeletal system and the joints. Experimental studies indicate an increase of pain thresholds when pain stimuli are applied to the surface of the skin, but not when applied to deeper tissues. Clinical observations with regard to acute conditions as well as experimental studies allow the assumption that the warning function of pain may be compromised in the elderly. In conjunction with a decreased ability of tissue regeneration, this age-related alteration contributes to an increased risk of chronicity. Pain assessment has to consider the well-known phenomenon called "underreporting of pain”. Verbal rating scales may better suit the elderly than visual analogue scales or numeric rating scales, especially in the presence of cognitive impairment. Pain assessment in dementia relies on behavioural observation. Treatment guidelines have to take co-morbidity and multi-medication into account. There is not sufficient evidence to support the efficiency of interdisciplinary treatment in pain clinics for the elderly, on the other hand, beneficial effects of cognitive-behavioral therapy are well documented. Physical activity programs should also address fear avoidance beliefs.

Key words: Pain, elderly, assessment, treatment


Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Dr. Heinz-Dieter Basler
Institut für Medizinische Psychologie
Philipps-Universität Marburg
Bunsenstr. 3
D-35037 Marburg
Tel.: +49 (0) 6421-286 62 50
Fax: +49 (0) 6421-286 48 81
E-Mail:
basler@med.uni-marburg.de

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