Zunächst müssen TherapeutInnen die Hochbegabung und ihre Folgen wahrnehmen, verstehen und respektieren. "Damit der hochbegabte Patient dem Therapeuten sowohl personales als auch Kompetenz-Vertrauen entgegenbringt, braucht es besonders einen Austausch auf Augenhöhe, das heißt Hochbegabte möchten Rückfragen stellen, sich (fachlich) vertieft auseinandersetzen sowie fundierte Antworten erhalten. In der psychotherapeutischen Praxis hat sich gezeigt, dass dieser intensive, zuweilen für den Therapeuten fordernde Austausch eine Art von ´Beziehungstest´ darstellen kann, inwieweit ein authentischer Kontakt möglich ist.
Einfühlendes Verstehen von und unbedingte Wertschätzung für das spezifische intra- und interpersonelle Erleben des Patienten bilden zusammen mit der Echtheit des Psychotherapeuten die Grundlage der Behandlungs-Beziehung - insbesondere wenn Hochbegabte über die Lebensspanne wiederholt (verletzende), invalidierende Erfahrungen gesammelt haben." Stark empfiehlt, ausgeprägte Motive Hochbegabter komplementär zu befriedigen: kognitive Herausforderungen, Erweiterung eigener Kompetenzen, eigenständige Entscheidungen.
Insbesondere "in der Psychotherapie sollte ermöglicht werden, sich als Patient mit nicht majoritätskonformen Aspekten des Selbst zu zeigen, die verbundenen Ressourcen in Zusammenarbeit mit dem Psychotherapeuten ausleben und damit positiv-korrigierende Erfahrungen hinsichtlich eines bedeutenden Teilidentitätsaspektes sammeln zu können."
Sabine Stark: Kognitive Verhaltenstherapie mit hochbegabten Erwachsenen.
IN: Verhaltenstherapie & Verhaltensmedizin 1/2024 (https://doi.org/10.2440/006-0035)
Matthias Backenstraß (Hrsg.)