BINDUNGSARMUT: Moderne Emanzipations- und Individualisierungsprozesse haben Menschen aus Zwängen befreit, jedoch Eigenverantwortung auferlegt. Nach der Entlassung aus traditionellen Bindungen, Verpflichtungen und Abhängigkeiten "scheitern Menschen häufig daran, aus eigenen Antrieben und in eigener Verantwortung zu psychischer Stabilität zu gelangen." Gleichzeitig leiden viele "unter Bindungsarmut, die charakteristisch ist für die Fragmentierung und Atomisierung des sozialen Lebens." Es fehlen Verbindliches und Verbindendes.
SOZIALE UNGLEICHHEIT: Weder Reichtum, noch Armut als solche deprimieren den Menschen. Vielmehr deprimiert es, deutlich weniger zu besitzen als andere oder deutlich weniger zu verdienen als selbst zu leisten. Sozioökonomische Asymmetrie und Statusunterschiede belasten die Psyche folgenschwer.
DILEMMATA AM ARBEITSPLATZ: Zunehmende Belastungen und evtl. Unsicherheiten am Arbeitsplatz werden häufig durch konkurrierendes Verhalten oder Mobbing verschärft. Und: "Während die Zwänge im Arbeitsbereich für viele Menschen zurückgegangen sind, scheint nun der Zwang zur Übernahme von Verantwortung und Aktion zu bestehen... Demnach bringt die Leistungsgesellschaft depressive Stimmungen und Verstimmungen hervor. Zu ihrer Kehrseite gehören exzessive Müdigkeit und Erschöpfung."
Mark Galliker: Sozioökonomie und Psychotherapie -
Austauschanalysen, Evaluationen, Perspektiven.
Pabst, 408 S., Hardcover ISBN 978-3-95853-749-1, eBook ISBN 978-3-95853-750-7