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Psychologie & Gesellschaftskritik

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2021-3/4 (179/180)

Inhaltsverzeichnis

 

Editorial 

 

Reinhard Olschanski
Resentment oder Ressentiment? - Nietzsche und die Kolonisierung der Moral 

 

Gudrun Brockhaus
Neue Erlebnisangebote? Zur Sozialpsychologie rechtspopulistischer Bewegungen 

 

Charlotte Uhlig & Tom Uhlig
Ich möchte nicht Teil dieser Jugendbewegung sein. Tiefenhermeneutische Erkundungen der Identitären Bewegung 

 

Hans-Dieter König
Biedermann und die Brandstifter. Tiefenhermeneutische Rekonstruktion der von Horst Seehofer gehaltenen Rede zur Heimat 

 

Nils Kumkar
Affektive Besetzung? Protestziel, Protestwunsch und Lernprozesse am Beispiel der OccupyBewegung in den USA und Deutschland 

 

Jessica Lütgens
»Ich war mal herzlinks, aber das war überhaupt nicht fundiert oder so« - Zum emanzipatorischen Potential von Emotionen am Beispiel linker Politisierungsbiographien

 

Autorinnen und Autoren dieses Heftes 

 


 

Reinhard Olschanski

Resentment oder Ressentiment? – Nietzsche und die Kolonisierung der Moral


Ressentiment ist eine Hauptvokabel der Zeit. Ressentimentgefühle prägen soziale Befindlichkeiten. Doch um was für Gefühle handelt es sich genauer? Wie verhalten sie sich zu einem Fühlen, das auf moralische Verletzungen reagiert? Und wie muss ein Ressentimentbegriff beschaffen sein, der den Affekt kritisch einordnen kann, statt ihn einfach nur zu denunzieren? Ein Blick in die Geschichte des Ressentimentbegriffs soll zeigen, dass Ressentiment nicht mit den moralischen Gefühlen im Sinne des Resentment zusammenfällt. Und dass es auch nicht in Nietzsches Sinne das genealogische Wesen von, sondern eine besondere Herausforderung für Moral darstellt. Ressentiment ist ein paramoralischer Affekt, der das moralische Fühlen überformt und kolonisiert.

Schlagwörter: Ressentiment, Resentment, Nietzsche, Moral, Gefühle

 

rol12@gmx.de


 

Gudrun Brockhaus

Neue Erlebnisangebote? Zur Sozialpsychologie rechtspopulistischer Bewegungen


Nazi-Vergleiche spielen in den politischen Debatten um rechtsextreme Gruppierungen und populistische Protestbewegungen wie ›Querdenken‹ eine große Rolle. Von den neuen Rechten werden die Nazi-Vergleiche als Diffamierung zurückgewiesen und umgekehrt von ihnen selbst gegen den Staat und die Machtelite gerichtet. Das neurechte Selbstverständnis als dissidente Widerstandsbewegung zeigt die größere Bedeutsamkeit emotionaler Motive im Vergleich zu kognitiven ideologischen Einstellungsmustern. Der Selbstentwurf als Opfer und heldischer Kämpfer gegen die Macht stellt ein emotionales Erlebnisangebot dar, das auch im historischen Nationalsozialismus große Attraktivität entfaltet hatte.

Schlagwörter: Nazi-Vergleiche, Neue Rechte, Corona-Protestbewegungen, Sozialpsychologie des Nationalsozialismus, emotionale Erlebnisangebote

 

g.brockhaus@brockhausstiftung.de


 

Charlotte Uhlig & Tom Uhlig

Ich möchte nicht Teil dieser Jugendbewegung sein. Tiefenhermeneutische Erkundungen der Identitären Bewegung

Die Identitäre Bewegung (IB) bildet den aktivistischen Arm der Neuen Rechten. Mit Methoden, die der Kommunikationsguerilla entlehnt sind, versuchen sie den öffentlichen Raum zu besetzen und politische Gegner*innen zu verunsichern. Man wähnt sich jugendlich und ist bemüht, die völkische Ideologie hip zu präsentieren. Wie wirkt aber das Propagandamaterial der IB konkret? Welche latenten Sinnebenen liegen ihm zugrunde. Mittels zweier tiefenhermeneutischer Gruppendiskussionen haben wir zwei Videos zur Agitation – einmal des französischen bloc identitaire und einmal der bayerischen IB – analysiert und ausgewertet. Es zeigte sich in der gruppendynamischen Reaktion aufs Material, dass sich darin ein Aufruf zur Massenbildung transportiert, der von der Gruppe durch die fantasierte Konstruktion eines Liebespaares gestört wurde.

Schlagwörter: Identitäre Bewegung, rechte Propaganda, Tiefenhermeneutik, Psychoanalyse

 

charlotte.uhlig@posteo.de


 

Hans-Dieter König

Biedermann und die Brandstifter. Tiefenhermeneutische Rekonstruktion der von Horst Seehofer gehaltenen Rede zur Heimat


Mit Hilfe der Tiefenhermeneutik wird die Doppelbödigkeit der vom Bundesinnenminister gehaltenen Ansprache rekonstruiert: Der manifeste Sinn der Ansprache lädt dazu ein, durch die Erinnerung an die deutschen Ostgebiete den Sinn für die Heimat zu pflegen, die allen Deutschen »Sicherheit und Geborgenheit« so gebe, wie sie vor Migranten und Terroristen zu schützen sei. Auf eine latente Bedeutungsebene werden
dagegen die Verbrechen des Nationalsozialismus, die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in reiche Wirtschaftseliten und die ärmer werdende Mehrheit der Bevölkerung und die durch den Rechtsterrorismus drohende Gefahr verbannt. Die Heimatrede sozialisiert, indem sie schon wieder eine nationale Identität schmiedet, welche die Eigengruppe mit erbaulichen Affekten des Stolzes und der Selbstzufriedenheit aufpumpt, alle negativen Affekte dagegen bei Migranten und Terroristen deponiert, die als Fremdgruppen auf Distanz zu halten sind.

Schlagwörter: Heimat, nationale Identität, Vergangenheitsbewältigung, Nationalsozialismus, Migration, Terrorismus, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit.

 

h.d.koenig@web.de


 


Nils Kumkar

Affektive Besetzung? Protestziel, Protestwunsch und Lernprozesse am Beispiel der Occupy-Bewegung in den USA und Deutschland


Die Occupy Proteste in den USA und Deutschland nahmen einen sehr unterschiedlichen Verlauf. Während erstere explosiv wuchsen, aber scheinbar genauso plötzlich wieder in sich zusammenfielen, blieben zweitere sehr viel kleiner, scheinen aber langlebiger und strategisch flexibler gewesen zu sein. Der Artikel erklärt diese Unterschiede anhand des je spezifischen Verhältnisses von Protestwunsch und Protestziel, das sich in diesen Bewegungen dokumentierte. Es wird gezeigt, dass die Träger*innenschichten der jeweiligen Bewegungen sich vor dem Hintergrund ihrer gelebten Erfahrung zur Protestpraxis hingezogen fühlten und dass dieser implizite Protestwunsch teilweise in Widerspruch zu den expliziten Protestzielen trat. Besonders stark war die affektive Besetzung der Protestpraxis als Protestwunsch im Fall von Occupy Wall Street in den USA, weil die Aktivist*innen hier einschneidende biographische Krisenerfahrungen im Protest bearbeiteten. Während die leidvolle Spannung zwischen Protestwunsch und Protestziel in diesem Falle aber zunächst eine Weiterentwicklung der Protestpraxen blockierte, bildete sie mittelfristig auch eine Quelle von Lernprozessen, die sich in Verschiebungen der politischen Strategie der US-amerikanischen Linken niederschlug.

Schlagwörter: Occupy Wall Street, Blockupy, Dokumentarische Methode, Soziale Bewegungen, Affekt

 

kumkar@uni-bremen.de


 

Jessica Lütgens

»Ich war mal herzlinks, aber das war überhaupt nicht fundiert oder so« - Zum emanzipatorischen Potential von Emotionen am Beispiel linker Politisierungsbiographien


Die potentiell emanzipatorische Kraft von Emotionen in politischer Sozialisation sowie der Politik wird in der öffentlichen Debatte als auch in der Forschung vernachlässigt. Dieser Leerstelle wird in dem Beitrag nachgegangen indem aus Fallauszügen einer biographischen Studie zu linker Politisierung in der Adoleszenz heraus rekonstruiert wird, wie ein affektiv-somatischer Impuls Jugendliche dazu anregte, sich Ungerechtigkeiten und Gewalt zu widersetzen oder gegen solche zu intervenieren. Die Auszüge im Spiegel theoretischer Bezugnahmen auf den somatischen Impuls nach Adorno und auf das Prinzip der Nachträglichkeit aus der Psychoanalyse erlauben Schlussfolgerungen für eine weiterführende pädagogische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Affekten und Emotionen in der politischen Sozialisation und Politik.

Schlagwörter: Politische Sozialisation; Biographie; Adoleszenz; Emotionen; Psychoanalysis


luetgens@em.uni-frankfurt.de


 

Psychologie & Gesellschaftskritik
45. Jahrgang • 2021 • Heft 3/4 (179/180)
Pabst, 2021
ISSN 0170-0537
Preis: 19,- €

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