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Psychologie & Gesellschaftskritik

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2021-2 (178)

Inhaltsverzeichnis


Editorial

Christina Meyn
Depression und Gesellschaftskritik – der ›Erschöpfungsdiskurs‹ im Wandel

Ernst von Kardorff
Arbeiten mit bedingter Gesundheit – ausgewählte Ergebnisse aus zwei qualitativen Studien

Wolfgang Hien
Chronisch krank zur Arbeit aus Angst vor sozialem Abstieg und Armut – ein Fallbericht aus dem Gastgewerbe

Annett Schulze & Thorsten Schäfer
Arbeitsbedingte Erkrankungen und Berufskrankheiten: Zur Mobilisierung von Recht

Lutz Eichler
Erosionen des adoleszenten Möglichkeitsraums und der Wandel von Berufsorientierungen
 


Depression und Gesellschaftskritik – der ›Erschöpfungsdiskurs‹ im Wandel
Christina Meyn

Der Beitrag möchte anhand eines Ausschnitts des öffentlichen, insbesondere massenmedialen Diskurses ab dem Jahr 1968 zeigen, wie sich im Rahmen der Entwicklung von Deutungsmustern der Depression ein Wandel von (Un-)Sagbarkeitsräumen öffentlicher Gesellschaftskritik vollzogen hat, dem nach dem Burnout-Phänomen als diskursives Ereignis und (vorläufigem) Zenit ein diskursiver Wandel folgte. Diese Kritikformen konnten sich einen Ausdruck verschaffen, indem die Leistungsgesellschaft als soziale Ursache von psychischen Störungen - insbesondere der Depressionen - diskursiv verhandelt wurde. Gegenwärtig entfernt sich die Diskursivierung der Depression vom soziokulturellen Phänomen hin zum individuellen, ungeklärten Krankheitsbild. Das Burnout-Phänomen hat zudem spezifische (Ent-)stigmatisierungsprozesse in Gang gesetzt. Hier lässt sich ein Wandel von Deutungsmustern erkennen, die vom Türöffner über eine Verharmlosung bis hin zu einer neuen Stigmatisierung der Depression reichen.

Schlagwörter: Diskurs, Depression, Burnout, Kritik, Stigma


Depression and Social Criticism – The ›Discourse of Exhaustion‹ in Change

Based on an excerpt of the mass media discourse from 1968 onwards, the article aims to show a transformation of interpretation patterns of depression and their conveying social criticism. This was followed by a discursive change after the burnout phenomenon as a discursive event and (preliminary) zenith. These forms of criticism were able to find expression by discursively negotiating meritocracy as the social cause of mental disorders – in particular depression. At present, the hegemonic interpretation of depression is moving away from the socio-cultural phenomenon to the individual, unresolve ed cluster of symptoms. The burnout phenomenon has also set specific (de-)stigmatization processes in motion. A change in patterns of interpretation can be seen, ranging from the door opener to trivialisation to a new stigmatisation of depression.

Keywords: discourse, depression, burnout, criticism, stigma


Christina Meyn

 


Arbeiten mit bedingter Gesundheit – ausgewählte Ergebnisse aus zwei qualitativen Studien
Ernst von Kardoff

Die durch den demografischen Wandel und durch einen branchenspezifischen Fachkräftemangel gewachsenen Herausforderungen an eine nachhaltige Beschäftigungssicherung für chronisch kranke und/oder ältere Beschäftigte ist auf detaillierte Kenntnisse darüber angewiesen, wie betroffene Beschäftigte ihre Arbeits- und Lebenssituation beurteilen. Bislang gibt es nur wenige Studien, die auf der Basis arbeitsweltbezogener Krankheitsnarrationen die Formen der Thematisierung von und des Umgangs mit Krankheit im Betrieb oder Probleme bei der Rückkehr in Arbeit nach Rehabilitation aufgreifen um daraus passfähige Unterstützungsangebote zu entwickeln. Am Beispiel von zwei qualitativen Studien werden die Erkenntnispotentiale eines hermeneutisch-interpretativen Forschungsansatzes für praxisbezogene Empfehlungen zur Unterstützung von Beschäftigten in kleineren und mittleren Betrieben (KMU-Betrieben) sowie für die Hilfen bei der Rückkehr in Arbeit nach Rehabilitation exemplarisch dargelegt.

Schlagwörter: Krankheit am Arbeitsplatz, Rückkehr und Verbleib in Arbeit, Reden über Krankheit am Arbeitsplatz, Krankheitsbewältigung im Betrieb, interpretative Zugänge.


Working with a chronic condition – selected examples form two qualitative studies

The increased challenges for enduring employment protection for chronic ill workers and clerks caused by demographic change and lack of skilled workers in the high industrialized western societies require detailed knowledge about the concrete modes and contents of the ways in which chronic ill workers think and feel about their working and living conditions. Until now only a few studies are dealing on the basis of interpretive reconstructions of illness narratives in the workplace with the forms of talking about illness in the job, on coping with a chronic condition in daily work-life or with the problem of return to work after rehabilitation. From this knowledge could be derived specific suitable forms of internal and external support for enduring employment despite a chronic condition. Based on two qualitative studies the gain of knowledge from a hermeneutic-interpretive perspective for practical recommendations in the field will be exemplified.

Keywords: illness narratives at the workplace, Return to Work and Stay at Work, interpretive research-design, coping with illness on the job, talking about illness in the workplace


Ernst von Kardorff

 


Chronisch krank zur Arbeit aus Angst vor sozialem Abstieg und Armut – ein Fallbericht  aus dem Gastgewerbe
Wolfgang Hien

Dieser Fallbericht verknüpft die Erfahrungen einer 58-jähringen weiblichen Fachkraft im Hotelgewerbe, die dort nach 20 Jahren Bürotätigkeit im Industriebetrieb und nach Schließung dieses Betriebes in einem von ihr gewünschten Arbeitsfeld seit inzwischen 10 Jahren in einem Hotelbetrieb in Südfrankreich arbeitet. An diesem Einzelfall kann beispielhaft das Zusammenspiel zwischen individueller Lebensgestaltung, kritischen Lebensereignissen, Alter und individuellen Bewältigungsformen mit den charakteristischen Anforderungen und Belastungen im Hotelgewerbe nachgezeichnet werden. Dabei werden die Herausforderungen sichtbar, die mit der Beratung und Unterstützung älterer und gesundheitlich beeinträchtigter Arbeitnehmer/innen zur nachhaltigen Beschäftigungssicherung verbunden sind. Die Protagonistin zeigt trotz gesundheitlicher Einschränkungen eine hohe Arbeitsorientierung. Ihre Wahrnehmungen, Überlegungen und Entscheidungen sind von einer latenten Angst vor sozialem Abstieg und Armut geprägt. Hier wird ein objektiver Bedarf an überbetrieblicher Beratung hinsichtlich Beschäftigungssicherung und sozialpolitischer Unterstützung sichtbar.

Schlüsselwörter: Hotel- und Gaststättengewerbe, Arbeitsbedingungen und -belastungen, arbeitsbedingte Erkrankungen, individuelles Bewältigungsmuster


Chronically ill at work for fear of social decline and poverty - a case report from the hotel and restaurant services

The case report combines the experiences of a 58-year-old female specialist in the hotel industry who, after 20 years of office work in an industrial company and after the closure of this company, has now been working in a hotel in southern France for 10 years in a field of work she wanted. In this individual case, the interplay between individual lifestyle, critical life events, age and individual forms of coping with the characteristic requirements and burdens in the hotel industry can be traced. The challenges that are associated with advising and supporting older and health-impaired employees in order to secure sustainable employment become visible. The protagonist shows a high work orientation despite health restrictions. Your perceptions, considerations and decisions are shaped by a latent fear of social decline and poverty. Here, an objective need for supra-company advice with regard to job security and socio-political support becomes apparent.

Keywords: Hotel and catering trade, working conditions and stresses, work-related illnesses, individual coping patterns


Wolfgang Hien

 


Arbeitsbedingte Erkrankungen und Berufskrankheiten: Zur Mobilisierung von Recht
Annett Schulze, Thorsten Schäfer

In diesem Beitrag zeigen wir exemplarisch, welche Hürden für arbeitsbedingt erkrankte Beschäftigte bestehen, wenn sie gesetzlich gewährte Rechte in Anspruch nehmen wollen. Die hier ansetzende Beratungsarbeit entfaltet einen sozialen Prozess, der als »Rechtsmobilisierung« (Baer 2017) bezeichnet werden kann. Zentral betrachtet wird erstens die Rolle unabhängiger Beratungsstellen, die vermittelnd für Beschäftigte und Betriebe tätig werden. Ihr Disziplinen übergreifendes Fachwissen und ihre eigene Vernetzung auf lokaler, regionaler und Bundesebene tragen wesentlich zum Erfolg der Rechtsmobilisierung und der Rechtsdurchsetzung bei. Zweitens, und komplementär dazu, werden rechtliche Regulierungen und rechtsbezogenes Handeln in den Blick genommen. Inwiefern Gesetze auf dem Papier in der Praxis mobilisiert werden können, wird anhand von Fallbeispielen aus einer Beratungsstelle skizziert und problematisiert. Für die Inanspruchnahme von Recht werden damit zwei Forderungen virulent: die Einrichtung weiterer unabhängiger Beratungsstellen für arbeitsbedingt Erkrankte und eine interdisziplinäre arbeitswissenschaftliche Forschung, welche die realen Entwicklungen evidenzbasiert untermauert. Abschließend werden die im Beratungsprozess sich als problematisch erweisenden Neuerungen im Berufskrankheitenrechts angesprochen.

Schlüsselwörter: unabhängige Beratungsstellen, arbeitsbedingte Erkrankung, Berufskrankheiten, Rechtsmobilisierung


Work-related and occupational diseases: Mobilising the law on occupational safety and health

This article aims at analysing legal and social barriers for employees with occupational diseases and workrelated illnesses. The advisory work that starts here unfolds a social process that can be described as »legal mobilization« (Baer 2017). It focuses, first, on the role of independent advisors who take an intermediary position between employers and companies by mobilising law. Their interdisciplinary knowledge as well as their networking at local, regional and federal level are factors that influence the activation of legal rights. Second, law regulations and rights-based approaches will be considered. As such and by using a case analysis, we problematise the gap between law in the books and law in action. Two aspects are essential: the establishment of independent advisory centres as well as an interdisciplinary work science that lays the ground for evidence-based practice. Finally, the innovations in occupational disease law that have turned out to be problematic in the consultation process are addressed.

Keywords: occupational integration management, Work-related illness, occupational disease, mobilization of law and legal norms


Annett Schulze


Thorsten Schäfer

 


Erosionen des adoleszenten Möglichkeitsraums und der Wandel von Berufsorientierungen
Lutz Eichler

Nicht mehr, sondern eher weniger Jugendliche und junge Menschen wollen sich heute in der Arbeit verwirklichen und streben nach einer Tätigkeit, die interessant und mit ihren Neigungen verbunden ist. Dies widerspricht den Erwartungen und Hoffnungen. Der Autor eruiert die Gründe der Entwicklung und argumentiert, dass das adoleszente Moratorium, in dem sich Berufsorientierungen bilden, nicht nur von (verlängerten) Bildungszeiten, sondern von der antizipatorischen Sozialisation in Schule und Familie abhängt. Vorweggenommen werden prekäre, kompetitive und flexibilisierte Arbeitsmärkte, die nur von einem Teil der Jugendlichen selbstbewusst als Raum eigener Chancen und Möglichkeiten betrachtet wird. In den Unter- und Mittelschichten regiert hingegen oft Angst. Diese sozialen Ängste engen den adoleszenten Möglichkeitsraum ein und beschneiden die inneren Freiheiten der Heranwachsenden. Aktuelle sozialökonomische als auch bildungspolitische Prozesse tragen maßgeblich dazu bei, dass freie, interessen- und neigungsorientierte Berufswahlen trotz verlängerten Bildungsmoratorien zurückgehen. Darüber hinaus entwickeln sich bei einer beträchtlichen Zahl von Jugendlichen psychische und psychosomatische Störungen, die mit Belastungen in Familie, Schule und Übergang zusammenhängen.

Schlagwörter: Adoleszenz, Arbeitsorientierungen, Moratorium, psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter

Lutz Eichler

 


Psychologie & Gesellschaftskritik
45. Jahrgang • 2021 • Heft 2 (178)
Pabst, 2021
ISSN 0170-0537
Preis: 13,- €

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