NEWSBÜCHERJOURNALEONLINE-SHOP



 

Sie befinden sich hier: JOURNALE » Psychologie & Gesellschaftskritik » Bisher erschienen » Inhalt lesen

« zurück

Psychologie & Gesellschaftskritik

» Psychologie & Gesellschaftskritik im Online-Shop...


2006-2 (118)

Editorial

Francesca Cappelletto
Kriegserinnerungen in zwei Dörfern der Toskana. Vom autobiographischen zum sozialen Gedächtnis
Zusammenfassung | Abstract

Katja Reinhardt
»Erinnerte Emotionen« oder »emotionale Erinnerungen«. Über den Zusammenhang von Emotionen, Erinnerung und Persönlichkeit bei Marcel Proust
Zusammenfassung | Abstract

Claudia Lenz & Sabine Moller
Die Gegenwart in der Vergangenheit: Gruppendiskussionen über den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust in (Ost)Deutschland und Norwegen
Zusammenfassung | Abstract

Nicole Mehring
Funktionale Architektur - emotionale Erinnerungen. Luftschutzbunker als Erinnerungsorte in der Bundesrepublik seit den 1990er Jahren
Zusammenfassung | Abstract

Jan D. Reinhardt
Die Kneipe als Generator emotionaler Erinnerungen
Zusammenfassung | Abstract

Christoph Burtscher
»Kommt ein Vogel geflogen« - ein fotografisches Kindertagebuch aus den Jahren 1973-1983

 


Kriegserinnerungen in zwei Dörfern der Toskana. Vom autobiographischen zum sozialen Gedächtnis
Francesca Cappelletto

Der Beitrag analysiert erzählte Erinnerungen an Massaker, die deutsche Truppen in zwei Dörfern der Toskana während des Zweiten Weltkriegs verübt haben. Er untersucht die Mechanismen der Konstruktion eines Gruppengedächtnisses, wobei sowohl die soziale als auch die emotionale Seite der Erinnerungen beleuchtet wird. Ausgehend von Maurice Blochs These, dass es zwischen den Repräsentationen des autobiographischen und des historischen Gedächtnisses keine Unterschiede gibt, werde ich zu zeigen versuchen, dass die visuellen Bilder, die mit früheren traumatischen Erfahrungen assoziiert sind, eine zentrale Rolle beim Erzählen spielen und so den Übergang zwischen privaten und öffentlichen Erinnerungen erleichtern. Indem ich Erinnerung als eine Form des mit symbolischen Inhalten gefüllten intersubjektiven Wissens betrachte, statt als einstimmiges, kollektives Unterfangen, vertrete ich eine Sichtweise, die unterschiedliche Disziplinen zu integrieren versucht.

Schlüsselbegriffe: Krieg und Erinnerung, NS-Verbrechen, Anthropologie und Geschichte, Gewalt, traumatische Erinnerung, Emotion und Gedächtnis


War memories in two tuscan villages. From autobiographical to social memory

The article analyses narratives of massacres by German troops in two villages in Tuscany during the Second World War. It explores the mechanisms of construction of group memory, considering the recollections from the perspective of both their social patterning and their emotional quality. Working from Maurice Bloch’s assertion that there is no difference between the representations of autobiographical memory and those of historical accounts, I argue that visual imagery associated with past traumatic experience is a fundamental part of oral narratives, and facilitates the passage from personal to public memories. Treating memory as a form of intersubjective knowledge endowed with symbolic content, rather than as a unanimous, collective endeavour, I argue for an approach that integrates different disciplinary theories.

Keywords: War and remembrance, Nazi-fascist massacres, anthropology and history, violence, traumatic memory, emotions and memory.


Dr. Francesca Cappelletto
Dipartimento di Psicologia e Antropologia culturale
Università degli Studi di Verona
Via S. Francesco 22
I-37129 Verona
Italia
E-mail:
francesca.cappelletto@univr.it

nach oben


»Erinnerte Emotionen« oder »emotionale Erinnerungen«. Über den Zusammenhang von Emotionen, Erinnerung und Persönlichkeit bei Marcel Proust
Katja Reinhardt

Da die proustsche Recherche sich m. E. nicht ohne Rückgriff auf zwei zentrale psychologische Begriffe - nämlich den der Erinnerung und den der Emotion - verstehen lässt, versuche ich in diesem Aufsatz, auf Grundlage von Prousts großem Hauptwerk, die Zusammenhänge von Erinnerung und Emotion, wie sie von Proust - zumindest implizit - nahe gelegt werden, darzustellen. Dabei führe ich zunächst anhand eines Textbeispiels aus, wie der Schmerz im Rahmen von Verlusterlebnissen als Katalysator von Erinnerungs- und Vergessensprozessen fungieren kann, so dass nach einer Phase intensiver Erinnerung, die sinnlich-konkreten Erinnerungsbilder an emotionaler Bedeutung verlieren. Eine umgekehrte Konstellation ergibt sich, wenn der Erinnerungsgehalt selbst als überwiegend emotional (und nicht als bildlich) zu verstehen ist: Hier wiederholt sich, und zwar teilweise hinter dem Rücken des Protagonisten, eine ursprüngliche emotionale Erfahrung aufgrund einer strukturellen Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Gegenwart und Vergangenheit, so dass empfunden oder in Abhängigkeit von eigenen Empfindungen reagiert wird, ohne dass der Bezug des aktuellen Denkens, Fühlens und/oder Handelns zu früheren Erfahrungen deutlich werden muss. Zu einer Aufhebung der Dissoziation von Erinnerungsbildern und Emotionen kommt es im Zuge des ›unwillkürlichen‹ Erinnerns, des Kernstücks der proustschen Recherche, indem, zwar dank eines äußeren Zufalls, doch nicht ganz ohne das Zutun des Subjekts, autobiographische Erinnerungen ihre emotionale Bedeutung zurückerhalten. In einem letzten Teil ziehe ich Parallelen zwischen dem proustschen Erinnerungsbegriff und dem ›impliziten Erinnern‹, einem wichtigen Konstrukt der psychologischen Gedächtnisforschung.

Schlüsselbegriffe: Erinnern, Vergessen, unwillkürliches Erinnern, emotionales Erinnern, implizites Erinnern


»Remembered emotions« or emotional remembering. On emotions, memory and personality in Marcel Proust’s »Remembrance of things past«

Since in my opinion Proust’s recherche (abbreviated form of »remembrance of things past«) cannot be understood without recurring to two conceptions - namely the conception of memory and the one of emotion -, I try in this essay to work out connections between memory and emotion on the basis of Proust’s central work. By delineating a passage of his book I demonstrate how pain based on the experience of loss can catalyse remembrance and push processes of forgetting so that after a while memories lose their emotional meaning. Reflecting other passages of the text I will suggest that remembrance can refer to emotions rather than visual memories: Behind the back of the protagonist an emotional experience repeats itself as a result of a structural similarity between presence and past. This happens in a rather subliminal than obvious way.
The dissociation between visual and emotional memory is dissolved by means of »involuntary memory«, where autobiographical memories receive back their emotional meaning.
In the last part of the article I try to draw a parallel between Proust’s conception of emotion and »implicit memory« as it is understood in psychological research.

Keywords: remembering, forgetting, involuntary memory, emotional memory, implicit memory


Dipl.-Psych. Katja Reinhardt
Winscheidstr. 17
40239 Düsseldorf
E-mail:
katia.reinhardt@web.de

nach oben


Die Gegenwart in der Vergangenheit: Gruppendiskussionen über den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust in (Ost)Deutschland und Norwegen
Claudia Lenz & Sabine Moller

Im folgenden Beitrag geht es darum, historische Sinnbildungsprozesse durch ein kontrastierendes Verfahren sichtbar zu machen. Dazu werden mit Norwegen und Ostdeutschland eine westeuropäische und eine postsozialistische Gesellschaft verglichen. Dieser Vergleich schärft den Blick dafür, dass in der Gesellschaft der ehemals Besetzten wie auch der ehemaligen Besatzer inzwischen eine dritte bzw. vierte Generation herangewachsen ist, die sich tradierte nationale und familiäre Muster des Erinnerns und Tradierens von NS- und Besatzungsgeschichte unter dem Eindruck eines zusammenwachsenden Europas und den Deutungsangeboten einer »globalisierten Erinnerung « aneignet.

Schlüsselbegriffe: Nationalsozialismus, Holocaust, Geschichtsbewusstsein, Geschichtspolitik/Geschichtskultur, Generationen, Erinnerung


The presence in the past: Group-discussions about the Second World War and the Holocaust in (Eastern) Germany and Norway

By applying a contrasting method, the article investigates how meaning is given to the past. Eastern Germany and Norway, a post socialist society and a well established welfare state, are compared. This contrast highlights that in the society of the former occupier as well as in that of the former occupied, a third and fourth generation has grown up which adopts traditional patterns of commemoration in new ways: both national and family narratives are transformed by the dynamics of a unified Europe and a "globalisation” of commemoration.

Keywords: National Socialism, World War II, Holocaust, universalization, historical consciousness, qualitative social research, group discussions, politics of memory, generations, memory


Dr. Claudia Lenz
Senter for studier av
Holocaust og livssynsminoriteter
Postboks 1168 Blindern
N-0318 Oslo
Norwegen
E-mail:
claudia.lenz@hlsenteret.no

nach oben


Funktionale Architektur - emotionale Erinnerungen. Luftschutzbunker als Erinnerungsorte in der Bundesrepublik seit den 1990er Jahren
Nicole Mehring

Der Text versucht sich der Verklammerung von Emotion und Erinnerung aus kulturwissenschaftlicher Perspektive zu nähern und fragt am Beispiel der Musealisierung von Luftschutzbunkern nach der Materialisierung, Generierung und Inszenierung sinn- und identitätsstiftender kollektiver Erinnerung. Nach einleitenden Überlegungen die neuere erinnerungskulturelle Debatte zum Luftkrieg betreffend, werden Bunkerarchitekturen als Erinnerungsorte und damit als Medien des kollektiven Gedächtnisses skizziert und auf ihre Arten und Weisen des ›Zu-sehen-Gebens‹ befragt, wobei insbesondere affirmative Darstellungsweisen wie auch ›Opfernarrative‹ in Bezug auf die nationalsozialistische Vergangenheit diskutiert werden.

Schlüsselworte: Kollektive Erinnerung, Erinnerungsorte, Bombenkrieg, Luftkrieg, Bunkerarchitekturen, militärische Kriegsrelikte, nationalsozialistische Vergangenheit


Functional architecture - emotional memories. Air-raid shelters as sites of memory since the nineteen-nineties in Germany

Since the nineteen-nineties air-raid shelters have been seen more and more in the light of history in Germany (after a long time of forgetting and ignoring). The article deals with the process of their turning into museums and memorials - and thereby into media of collective memory. It discusses how this happens: how different mnemonic communities negotiate and produce history, how military war relics turn into meaningful historical sites. Giving three examples, the article shows how in newly established museums in former air-raid shelters the bomb war, its prehistory and consequences are commemorated and how references are made to the general history of German National Socialism. Finally, the critique focuses on emotional narratives and their ways of depicting the past.

Keywords: Collective memory, air-raid shelters, air-raids, World War II, military war relics, National Socialist past



cand. prom. Nicole Mehring, Staatsexamen
Kolleg Kulturwissenschaftliche Geschlechterstudien
an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Schulstr. 12
26135 Oldenburg
E-mail:
nicole.mehring@mail.uni-oldenburg.de

nach oben


Die Kneipe als Generator emotionaler Erinnerungen
Jan D. Reinhardt

Der Aufsatz entwickelt eine primär soziologische und sozialpsychologische Perspektive auf die Kneipe als Erinnerungsraum. Die Kneipe wird dabei zunächst als Sozialraum und Affektnische gesellschaftstheoretisch analysiert. Es werden daraufhin Überlegungen nicht nur dazu, wie sich individuelle Erinnerungen und Emotionen auf besondere Weise an diesen Ort ketten, angestellt, sondern auch im Hinblick darauf, wie sich die Erinnerungen von Individuen mit denjenigen ihrer Interaktionspartner in der Kneipensituation durch Kommunikation verknüpfen und vermischen. Einen Fokus bildet dabei das Konzept der personalen Identität. Schließlich wird die Analyse auf Prozesse der kollektiven Erinnerungsarbeit und ihre Bedeutung für kollektive Identitätskonstrukte ausgedehnt sowie ein Zusammenhang zwischen Kneipe und kulturellem Gedächtnis skizziert.

Schlüsselbegriffe: Kneipe, Erinnerung, Identität, kulturelles Gedächtnis, Kommunikation


Generating emotional memories: The pub

The essay develops a primarily sociological and social-psychological perspective on the pub as a space for memories. At first the pub is analysed as a social situation and residual territory for affective behaviour in modern society. In this context it is not only depicted how individual memories and emotions can be linked to this place in specific ways, but it is also assumed that in the pub situation the memories of individuals become connected and mixed up with those of their partners of interaction by processes of communication. In this respect a central concept of the paper is that of personal identity. Finally the theoretical ideas are transmitted to the analysis of collective work on remembrance and constructs of collective identity and a link between the pub and cultural memory is lined out.

Keywords: pub, remembering, identity, cultural memory, communication


Dr. Jan D. Reinhardt
Schweizer Paraplegiker-Forschung
CH-6207 Nottwil
E-mail:
jan.reinhardt@paranet.ch

nach oben


» Psychologie & Gesellschaftskritik im Online-Shop...





alttext    

 

Aktuell

Socials

Fachzeitschriften