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Forensische Psychiatrie und Psychotherapie

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2024-1

Inhaltsverzeichnis

 

Markus G. Feil & Reinhard Eher
Editorial 
Abstract


Reinhard Eher, Markus G. Feil & Martin Rettenberger
Risikokategorisierung, Risikokommunikation und risikobezogene Entscheidungsfindung in der forensischen Psychiatrie und Psychologie – über Versuche einer besseren Transparenz und Fairness
Abstract


Reinhard Eher, Martin Rettenberger & Markus G. Feil
Von neun Risk Bins zu fünf Kategorien – erste Validierungsergebnisse zum Fünfkategorien-Modell des VRAG-R
Abstract


Markus G. Feil, Joana Daniel, Sharon Schumann & Alexander Jovanovic
Zur Anwendung des Fünf-Kategorienmodells auf die Sexualstraftäterpopulation einer forensischen Ambulanz des Strafvollzugs – risiko-, steuerungs- und versorgungsrelevante Aspekte
Abstract


Nicole Borchert
SothA neu gedacht: Modulare Gruppentherapie in der Sozialtherapie Waldheim in Sachsen, ein Werkstattbericht
Abstract

 
Miriam Kolter, Claudia Mehl, Roland Denzler, Moritz Köbrich & Claudia Schmidt

Systematische Integration des Responsivity-Prinzips in die forensisch-therapeutische Behandlung
Abstract


Markus G. Feil, Juliana Santino & Sharon Schumann
Das Unwilligenforum – eine Maßnahme zur Steigerung der Erreichbarkeit bei Probanden mit überdurchschnittlichem Rückfallrisiko?
Abstract


Matthias Hofmarcher & Reinhard Eher
Die Violence Risk Scale (VRS) – Behandlungsorientierte Prognostik und Messung risikorelevanter Veränderung bei Gewaltstraftätern
Abstract


 

Editorial 
Markus G. Feil & Reinhard Eher


 


Risikokategorisierung, Risikokommunikation und risikobezogene Entscheidungsfindung in der forensischen Psychiatrie und Psychologie – über Versuche einer besseren Transparenz und Fairness 
Reinhard Eher, Markus G. Feil & Martin Rettenberger


Zusammenfassung
Die erkenntnistheoretischen und methodischen Grundlagen und die mit diesen einhergehenden Dilemmata und Herausforderungen gehen im Tun forensischer Versorgungseinrichtungen häufig unter, wenigstens verschwinden sie aus dem Diskurs und Bewusstsein. Gleichzeitig sind sie in den arbeitstäglich häufig zu treffenden Entscheidungen, die oft weitreichende Konsequenzen haben, ständig präsent und wirksam. 
Nach einer Darstellung und Erörterung der Herausforderungen des forensischen Alltags wird das Fünfkategorien-Modell zur Risikokommunikation (Hanson et al., 2017) vorgestellt. Dieses füllt insofern eine Lücke, als es die Risikokommunikation über fünf methodisch klar definierte Kategorien vereinheitlicht und Anschlussfähigkeit an bestehende Methoden und Instrumente zur Risikoeinschätzung schafft. Ferner bietet es eine Orientierung bezüglich des in den jeweiligen Kategorien notwendigen Interventionsbedarfs und der Erwartung der durch entsprechende Interventionen erzielbare Effekte. Damit sichert es in der Einrichtung zu treffende Entscheidungen ab und ermöglicht eine rationale Ressourcenallokation. 
Diskutiert werden auch wesentliche Kritikpunkte und bestehende Unsicherheiten des Fünfkategorien-Modells. Es stellt aus Sicht der Autoren eine deutliche Innovation dar und stimuliert Innovation und Entwicklung in der Forschung und Praxis.

Schlüsselwörter: Risikoeinschätzung, Risikokategorisierung, Fünfkategorien-Modell


Risk Categories, Risk Communication and Risk Relevant Decisions in Forensic Psychology and Psychiatry – Moving towards more Transparency and Fairness


Abstract
Risk relevant decisions are part of everyday life in forensic psychology and psychiatry. However, along with these challenges different dilemmas occur. In this article, the development of a common risk language, the Five-Level Risk and Needs System, is presented and discussed. This system enables a reliable and objective risk communication, assuring the transmitter and the receiver of the risk message may generate the same ideas of risk. Additionally, it offers an objective and quantitative estimate about the advantages and disadvantages of the decision-making.
After introducing this model, benefits and concerns are discussed.

Keywords: Risk Assessment, Risk Categorizing, 5-Category Risk and Needs Model


 


Von neun Risk Bins zu fünf Kategorien – erste Validierungsergebnisse zum Fünfkategorien-Modell des VRAG-R 
Reinhard Eher, Martin Rettenberger & Markus G. Feil


Zusammenfassung
Der Violence Risk Appraisal Guide in seiner revidierten Version (VRAG-R) ist das meist verwendete und bestbeforschte standardisierte Verfahren zur Einschätzung des Gewaltrisikos. Er findet im klinischen und forensischen Bereich eine breite Anwendung. Die Risikokommunikation erfolgt mithilfe von neun Risikobereichen („risk bins“), die atheoretisch durch Teilung des höchst- und niedrigstmöglichen Gesamtwerts in neun gleiche Teile gebildet wurden. Für diese „risk bins“ liegen Werte zur Darstellung des absoluten und relativen Risikos vor. In der vorliegenden Arbeit werden entsprechende Grenzwerte für eine Risikokommunikation nach dem mittlerweile üblichen Fünfkategorien-Modell vorgeschlagen. Die hier erstmals vorgeschlagenen fünf Risikokategorien des VRAG-R erfüllen die Definitionskriterien des Fünfkategorien-Modells und zeigen sich als klinisch und forensisch bedeutsame Kategorien, die bedeutsame Unterschiede des Risikos und der späteren Rückfälligkeit erfassen können. Mit der Anwendungsmöglichkeit des Fünfkategorien-Modells für den VRAG-R werden auch die Nachteile der bisherigen Kommunikation des absoluten Risikos (Stichprobenvariabilität, weitgehend willkürliche Kategorienbildung, keine transparenten nominalen Zuordnungen zu Zahlenwerten) überwunden.

Schlüsselwörter: VRAG-R, Fünfkategorien-Modell zur Erfassung des Risikos, absolutes Risiko, relatives Risiko


From nine risk bins to five categories - first validation results on the five-category model of the VRAG-R


Abstract
In this study, we present an algorithm for transforming nine VRAG-R risk bins into the new five-level risk and needs system. In our study, the five risk categories of the VRAG-R met the general requirements and definitions of the five-level risk system. Reoffense rates of the new five VRAG-R risk categories significantly differed from each category. 

Keywords: VRAG-R, five-level risk and needs system, relative risk, absolute risk


 

Zur Anwendung des Fünf-Kategorienmodells auf die Sexualstraftäterpopulation einer forensischen Ambulanz des Strafvollzugs – risiko-, steuerungs- und versorgungsrelevante Aspekte 
Markus G. Feil, Joana Daniel, Sharon Schumann & Alexander Jovanovic 


Zusammenfassung
In diesem Artikel wird die Sexualstraftäter-Population einer großen ambulanten forensischen Versorgungseinrichtung beschrieben und mit anderen publizierten Stichproben verglichen. Ferner wird der forensische Versorgungsbedarf der eigenen Population anhand des Fünfkategorien-Modells ermittelt. Dazu wurden wesentliche kriminologische Aspekte der Stichprobe mittels Static-99 und der Violence Risk Scale – Sexual Offender Version (VRS-SO) erfasst. Untersucht wurde ferner die Übereinstimmung dieser beiden Instrumente bei der Kategorisierung der Probanden auf der Gruppen- sowie der Einzelfallebene. Im Ergebnis zeigte sich, dass die hier untersuchte Stichprobe mit der anderer Publikationen vergleichbar ist, auch wenn einige Unterschiede bestehen. Beispielsweise war das mit dem Static-99 ermittelte Rückfallrisiko ähnlich hoch wie das anderer Stichproben, das mit der VRS-SO ermittelte jedoch geringer. Auf der Gruppenebene übereinstimmend kamen beide Instrumente zu der Einschätzung, dass etwa 30 % der Stichprobe keinen spezifisch forensischen Versorgungsbedarf haben. Auf der Ebene des Einzelfalls stimmten die Zuordnungen der Instrumente jedoch nur in 40 % der Fälle überein, was allerdings mehr war als in einer vergleichbaren Studie. Die Implikationen für die Praxis und die Steuerung einer forensischen Einrichtung werden diskutiert.

Schlüsselwörter: Risikoeinschätzung, Static-99, VRS-SO, Fünfkategorien-Modell, Ressourcenallokation


On the application of the five-category model to the sex offender population of a forensic outpatient clinic of the penal system - risk, control and aspects relevant to care


Abstract
This paper describes the sexual offender population of a large forensic outpatient care centre and compares it with other published samples. Furthermore, the forensic care needs of the population are identified using the five-level risk and need system. To this aim, key criminological aspects of the sample were assessed using Static-99 and the Violence Risk Scale - Sexual Offender Version (VRS-SO). Furthermore, the consistency between these two instruments in the categorisation of the test persons at group and individual case level was examined. The results showed that the sample analysed here is comparable to that of other publications, even if there are some differences. For example, the risk of reoffending determined with the Static-99 was similar to that of other samples, but the risk of reoffending assessed with the VRS-SO was lower. At the group level, both instruments came to the same conclusion that around 30% of the sample had no specific need for forensic care. At the level of the individual case, however, the categorisation of the instruments only matched in 40% of cases, which was more than in a comparable study. The implications for the practice and management of a forensic institution are discussed.

Keywords: risk assessment, Static-99, VRS-SO, five-level risk and need system 


 

SothA neu gedacht: Modulare Gruppentherapie in der Sozialtherapie Waldheim in Sachsen, ein Werkstattbericht 
Nicole Borchert

 
Zusammenfassung
Die sozialtherapeutische Abteilung in Waldheim ist seit 1995 die zentrale Einrichtung für Sozialtherapie in Sachsen. Die Abteilung verfolgt nach einer konzeptionellen Neuausrichtung eine Behandlungsstruktur nach den Prinzipien des RNR-Modells von Andrews und Bonta. Im Mittelpunkt des Beitrages steht die Beschreibung der modular strukturierten deliktgruppenspezifischen Therapie für Gewalt- und Sexualstraftäter. Aufbau, Abläufe und Behandlungsbausteine der Abteilung werden beschrieben und mit Auszügen aus den konzipierten Modulen veranschaulicht. 

Schlüsselwörter: deliktgruppenspezifische Behandlung, Sexualstraftäter, Sozialtherapie, Passgenauigkeit, RNR-Prinzip


Social therapy rethought: Modular group therapy at the social therapeutic facility in Waldheim, a workshop report


Abstract
The social therapeutic facility in Waldheim is the central establishment for social thera-py processes in Saxony since 1995. The department follows, in accordance with a conceptional reorganization, a treatment structure aligned with the RNR-model deve-loped by Andrews and Bonta. Centering around the description of modular structured delict-group-focused therapy for violence and sexual offenders, the article thematizes the departments general structure, course and specific aspects of treatment which are illustrated by certain excerpts of the designed modules.  comparable study. The implications for the practice and management of a forensic institution are discussed.

Keywords: delict-group-specific treatment, sexual offenders, social therapy, responsivity, RNR-Principles 

 


 

Systematische Integration des Responsivity-Prinzips in die forensisch-therapeutische Behandlung 
Miriam Kolter, Claudia Mehl, Roland Denzler, Moritz Köbrich & Claudia Schmidt


Zusammenfassung
Das Ziel dieses Artikels besteht darin, innerhalb des Risk-Need-Responsivity (RNR)-Modells den Responsivity-Aspekt in die forensisch-therapeutische Praxis strukturiert zu integrieren. Es wird ein Orientierungsrahmen vorgestellt, der auf den Erfahrungen der Psychotherapeutischen Fachambulanz der Stadtmission Nürnberg basiert. Dieser Orientierungsrahmen umfasst die Aspekte der Behandlungspassung sowie der Behandlungs- und Veränderungsmotivation in Bezug auf kriminogene Faktoren. Für jeden dieser Aspekte wird ein zeitlicher Rahmen vorgeschlagen, innerhalb dessen eine Veränderung des aktuellen Zustands angestrebt wird (z. B. Aufbau von Veränderungsmotivation für kriminogene Needs). Die Festlegung dieses zeitlichen Rahmens erfolgt unter Berücksichtigung des Rückfallrisikos der Klient*innen sowie der individuell vorliegenden weiteren spezifischen Responsivity-Faktoren. Der formulierte Orientierungsrahmen verfolgt das Ziel, die therapeutischen Herangehensweisen systematisch an die individuelle Situation der Klient*innen anzupassen. Gleichzeitig bietet er einen Ansatz zur Identifizierung von und dem Umgang mit den Grenzen der therapeutischen Beeinflussbarkeit.

Schlüsselwörter: Responsivity, Motivation, forensische Psychotherapie, Straftäterbehandlung


Systematic integration of the respsonsivity principle into the forensic treatment setting 


Abstract
The article aims at operationalizing the aspect of Responsivity within the Risk-Need-Responsivity (RNR) model for forensic practitioners. A framework including the aspects of treatment fit and treatment motivation as well as motivation to change in criminogenic needs is proposed based on the experiences of the Psychotherapeutische Fachambulanz Stadtmission Nürnberg, a specialized outpatient treatment center. A maximum amount of time available to achieve change in the current status is formulated (e.g. igniting motivation to change for criminogenic needs). The amount of time is additionally determined based on the individual risk level and additional specific responsivity factors present. The framework aims to structure therapeutic stategies based on the individual situations of the clients. At the same time, it tries to provide orientation in identifying boundaries of therapeutic impact.

Keywords: Responsivity, motivation, forensic psychotherapy, offender treatment

 


 

Das Unwilligenforum – eine Maßnahme zur Steigerung der Erreichbarkeit bei Probanden mit überdurchschnittlichem Rückfallrisiko? 
Markus G. Feil, Juliana Santino & Sharon Schumann


Zusammenfassung
Das Unwilligenforum (UFO) ist ein selbst entwickeltes Programm zum Umgang mit den Dilemmata, die sich daraus ergeben, dass Probanden mit einem überdurchschnittlich hohen Rückfallrisiko oft nur sehr eingeschränkt erreichbar sind und Behandlungen häufig abbrechen. Inwieweit das UFO eine „Gegenmaßnahme“ oder wenigstens ein Ansatzpunkt im Umgang mit den Dilemmata der erschwerten Erreichbarkeit von Probanden mit überdurchschnittlichem Risiko sein kann, ist Gegenstand dieses Artikels. Der Artikel ist eher ein Erfahrungsbericht als eine wissenschaftliche Evaluation. Das Programm wird kurz vorgestellt, es werden Merkmale von Programmteilnehmern beschrieben und mit denen von Probanden verglichen, die nicht an dem Programm teilnahmen. Im Ergebnis zeigt sich, dass das UFO ein sehr gutes Beispiel für den sehr hohen Aufwand ist, der mit Hochrisiko-Probanden betrieben werden muss, und für den immer begrenzten Erfolg dieser Bemühungen. Es zeigt sich ferner, dass Abbruch bzw. Prädiktoren dafür keine statischen psychischen Eigenschaften von Menschen, sondern ein dynamisches, damit beeinflussbares Geschehen sind.

Schlüsselwörter: Hochrisiko-Probanden, Motivation, Abbruch, Unwilligenforum, Fünfkategorien-Modell


The Forum of the Unwilling – a measure to increase the accessibility of test subjects with an above-average risk of relapse?


Abstract
The „Forum of the Unwilling“ (UFO) is a self-developed programme for dealing with the dilemmas arising from the fact that subjects with an high risk of reoffending are often only accessible to a very limited extent and frequently discontinue treatment. The extent to which the UFO can be a “countermeasure” or at least a starting point in dealing with the dilemmas of the difficult accessibility of subjects with a high risk of reoffending is the subject of this article. The article is more of an experience report than a scientific evaluation. The programme is briefly introduced, characteristics of programme participants are described and compared with those of subjects who did not take part in the programme. The results show that the UFO programme is a very good example of the very great effort that has to be made with high-risk subjects and of the always limited success of these efforts. It also shows that dropout and its predictors are not static psychological characteristics of people, but a dynamic event that can be influenced.

Keywords: high-risk probands; motivation; dropout; forum of the unwilling; five-level risk and need system

 


 

Die Violence Risk Scale (VRS) – Behandlungsorientierte Prognostik und Messung risikorelevanter Veränderung bei Gewaltstraftätern 
Matthias Hofmarcher & Reinhard Eher


Zusammenfassung
Die Violence Risk Scale (VRS) wurde entwickelt, um das Risiko neuerlicher Gewalt bei forensischen Klienten zu erfassen, zu quantifizieren und zu operationalisieren, um in der Folge zielorientierte Interventionen durchführen zu können. Ein wesentlicher Nutzen des Verfahrens ergibt sich daraus, dass es zwischen kriminogenen und nicht kriminogenen Bedürfnissen unterscheidet und Veränderungsstadien identifizieren kann, die für eine Reduzierung des Risikos bedeutsam sind. Im vorliegenden Artikel wird das Verfahren vorgestellt, und es werden wesentliche Inhalte, Vorteile und Fallstricke angeführt.

Schlüsselwörter: Gewalt, Behandlung, Prognose, Risikoprognostik, Gewalttäter, Rückfall, VRS


The Violence Risk Scale (VRS) – Treatment Friendly Risk Assessment and Structured Measurement of Risk Relevant Change in Violent Offenders
 

Abstract
The Violence Risk Scale (VRS) is a treatment friendly risk assessment tool for capturing risk of violence in forensic patients. Risk is quantified by identifying and summing up criminogenic needs, and thus can be communicated by offering absolute and relative risk estimates. Also, the VRS can identify risk relevant stages of change. A treatment process, thus, can be monitored and a risk relevant change can be distinguished from non-relevant change.

Keywords: Violence, treatment, risk assessment, violent offenders, relapse, VRS

 


 

Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
32. Jahrgang · 2024 · Heft 1
Pabst, 2024
ISSN 0945-2540
 

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