Der Autor legt eine Methodenkritik wissenschaftlicher Menschenkenntnis vor, die einen Brückenschlag zwischen Philosophie und Psychologie nötig macht.
Psychologen übersehen allzuleicht, dass zwischenmenschliches Verstehen und Verstandenwerden begriffliche Fertigkeiten voraussetzt, die bestimmten (sprach-)logischen Kriterien genügen müssen. So liegt die Forderung nahe, dass der Psychodiagnostiker künftig dem richtigen Gebrauch psychologischer Begriffe ebenso viel Sorgfalt zuwenden sollte, wie seit jeher der Beherrschung seines empirischen Handwerks.
Worauf es dabei ankommt, lehrt die Auseinandersetzung mit der Sprachphilosophie Ludwig Wittgensteins und dessen Kritik an den in Alltag und Wissenschaft weit verbreiteten Fehldeutungen von Begriffen über "Psychisches" (wie z.B. "Denken", "Unbewusstes", "Hoffnung", usw.). Diese, so seine Hauptthese, verdanken ihre Bedeutung nicht etwa, wie gerne behauptet wird, "inneren" Erlebnissen, sondern ihrer Verwendung in Sprachspielen innerhalb allgemein verbindlicher Lebensformen. Die psychologischen Konsequenzen dieser Position werden in diesem Buch, pro und contra, ausführlich behandelt.
Der thematische Bogen der siebzehn Kapitel ist weit gespannt. Er reicht von der Gegenüberstellung literarischer, handlungstheoretischer, philosophischer und biologischer Analysen des Spiel-Begriffs über Wittgensteins Philosophie der Psychologie bis hin zur Frage nach den Legitimationskriterien "computergestützter" Psychodiagnostik und mündet schließlich in den Modellentwurf eines Verfahrens zur Analyse psychodiagnostischer Sprachspiele vom Typ der Selbstauskunft.
Eine CD mit EDV-Programmen zur Erhebung und Auswertung von Selbstauskünften ist integraler Bestandteil des Buchs.
Inhalt:
Vorspiel Über Möglichkeitssinn und Wirklichkeitssinn von Philosophen und Psychologen
Vorwort
TEIL I: Thema mit Variationen
'DAS SPIEL': GLEICHNIS ODER SCHLÜSSEL ZUM VERSTÄNDNIS MENSCHLICHEN VERHALTENS ?
1 Ausgangsthesen
1.1 "Spiel" - ein umfassendes Gleichnis?
1.2 Revision des herkömmlichen Spielbegriffs
1.3 Spiel-Paradigma anstatt "Theorie des Spiels"
1.4 Zur Auswahl der Texte über "das Spiel"
2 Zwei Rahmentheorien "des Spiels"
2.1 Die begriffshistorische Perspektive (Scheuerl)
2.2 Die handlungstheoretische Perspektive (Oerter)
2.3 Fazit
3 Der anthropologische Aspekt: Homo ludens
3.1 Spiel-Kulturen: Huizinga und Caillois
3.2 Spielen als Provozieren von Antworten
Entwurf einer Psychologie des Spielens (Heckhausen)
Verhaltensforschung des Forschungsverhaltens (Markl)
3.3 Zur Soziologie der 'Gesellschaftsspiele'
3.4 Fazit
4 Der biologische Aspekt: Animal ludens
4.1 Die uralte Symbiose zwischen Mensch und Tier
4.2 Zur Problematik des Begriffs "Spieltrieb"
4.3 Der soziobiologische Spielbegriff (N.Bischof)
"Leichtsinn mit genetischen Gewinnchancen"
Synchronisation des Verhaltens
Imagination
Produktives Denken und Zukunftsplanung
Soziale Identifikation
Existenzangst, soziale Angst und Geborgenheit
4.4 Exkurs: 'Show' und Publikum im Tierreich?
Proto-Publikum?
Proto-Kunst?
4.5 Fazit
Tierspiel/Menschenspiel: Eine unvollständige Analogie
Der Rubikon der Sprache
Anthropomorphisierung des Tieres, Zoomorphisierung des Menschen?
Innen und Außen
Synchrone Imaginationen (Kon-Imagination)
5 Hermeneutische Aspekte des Spiels
5.1 Phänomenologie des Spiels
5.1.1 Der Ernst inmitten des Spiels
5.1.2 Die Kommunion zwischen Zuschauer und Akteur
5.2 Exkurs: Zur Phänomenologie des Publikums
Publikum als Synchronisation von Individuen
Sprachlosigkeit und Beifall
Das Publikum als Ort sozialer Geborgenheit
Das Publikum als Ort kollektiver Kon-Imagination
6 Der semiotische Aspekt: Handlungslogik des Spiels
6.1 Wittgensteins "Theorie" des Spiel(en)s
6.2 Das Spielparadigma der Sprache
6.3 Fazit
TEIL II: Exposition
PSYCHOLOGISCHE MENSCHENKENNTNIS ALS SPRACHSPIELDIAGNOSTIK VON SELBSTAUSKÜNFTEN
7 Philosophie als Ressource der Psychologie?
7.1 Wieviel Philosophie braucht ein Psychologe?
Die 'Trennung der Fakultäten' und ihre Folgen
Vernunftwahrheiten und Tatsachenwahrheiten in der psychologischen Forschung
7.2 Wittgensteins kritische Sicht der Psychologie
Antipsychologismus, -mentalismus, -empirismus
Irrtümer und Missverständnisse Wittgensteins
Wittgensteins Hang zu überzogener Polemik
Eigenwillige Darstellung und Mangel an Systematik
7.3 Wittgenstein, durch die psychologische Brille gesehen
Die Sprache als Teil unseres "Weltbildapparates
Wittgensteins Begriff der (Handlungs-) Grammatik
Wider die Gleichsetzung von Erlebnis und Bedeutung
Die Sprache als Mittlerin zwischen Innen und Außen
Die Chimäre der Introspektion
Die Sprache der Wissenschaft ist - die Sprache
8 Wittgensteins Philosophie der Psychologie
8.1 Entpsychologisierung 'psychologischer Begriffe'
Ich - der Mittelpunkt der Welt?
Die Widerlegung der Erlebnistheorie der Wortbedeutung
Das Spielparadigma und die Handlungslogik der Sprache
Verbindung zwischen Sprache und Welt im Sprachspiel
Die Verflechtung von Sprachspielen und Lebensformen
8.2 Kritik "psychologischer Begriffe"
Lebensformen als Bezugssysteme des Verstehens und Handelns
Kriterien zwischenmenschlichen Verstehens
Die "feinen Abschattungen des Benehmens"
Innen und Außen
Lehren und Lernen von Menschenkenntnis
8.3 Wittgensteins Kritik an der Psychologie seiner Zeit
Psychoanalyse
Kognitive Emotionstheorien
Behaviorismus
8.4 Ein Psychologen-Disput über Wittgenstein
9 Von Wittgenstein zu einer Psycho-Logik des Spiels
9.1 De-Konstruktion des (Sprach-)Spielbegriffs Wittgensteins
9.1.1 Das Schach: Wittgensteins Prototyp 'des Spiels'
9.1.2 Problematik des Wittgensteinschen Regelbegriffs
9.1.3 Wittgensteins "Konventionalismus"
9.1.4 Kein Subjekt in Wittgensteins "Logik des Spiels"
9.1.5 Fazit
9.2 Das Partieschach als Kommunikationsmodell
9.2.1 Erfahrungsbericht eines Turnierschachspielers
9.2.2 Grundbegriffe einer "Spieldiagnostik"
Jenseits von Wittgenstein: TOPIK versus LOGIK
Die Wechselwirkung
im Spiel
9.3 Ein Streifzug durch das Universum der Spiele
9.3.1 (Sprach-) Spiele als Matrizen der Synchronisation
Außen-Außen
Innen-Außen / Außen-Innen
Innen-Innen
9.3.2 (Sprach-) Spiele als Matrizen der Kon-Imagination
9.3.3 (Sprach-) Spiele der "Kommunion"
10 Zwischenspiel: Homo ludens und der Ernst des Lebens
11 Entwurf einer 'Sprachspieldiagnostik'
11.1 Beobachter-Perspektive: Wer spielt welches Spiel wie?
11.2 Berichten: Ich/er/sie spielte dieses Spiel so
11.3 Kriterien der Individualität in (Sprach-) Spielen
11.3.1 (Sprach-) Spielräume der Selbstentfaltung
11.3.2 Äußerungen privater Überzeugungen und Werte
11.4 Die "persönliche Konstruktion" der Individualität
11.4.1 G.A.Kellys Theorie der persönlichen Konstrukte
11.4.2 Persönliche Konstrukte als Lebensleitlinien
12 Sprach-Analyse von Selbstauskünften
12.1 Test-'Spiele' der traditionellen Psychodiagnostik
12.2 Das "diagnostische Hologramm" der Ich-Erzählung "
12.2.1 Das dialogische Selbst
12.2.2 "I" und "Me" in Sprachspielen der Selbstauskunft
12.3 Inhaltsanalyse von Ich-Protokollen
12.3.1 Protokoll einer aufs Spiel gesetzten Freundschaft
12.3.2 Zur Logik und Topik des "guten Zuhörens"
12.3.3 Zwischenbilanz
12.4 Protokollierung und Auswertung von Selbstauskünften
12.4.1 Diagnostische "Spielräume" der Individualität
12.4.2 Klassifikation individuellen Sprachgebrauchs
Die Methode des semantischen Differentials
Klassifikation sozialer Kognitionen und Interaktionen
12.5 Kurze Einführung in die Grid-Technik
12.5.1 Das "Kelly-Grid" (G.A.Kelly, 1955)
12.5.2 Das "Selbstkonzept-Gitter" (Orlik, 1979)
TEIL III: Durchführung
MODELL-ENTWURF EINES VERFAHRENS DER SPRACHSPIELDIAGNOSTIK
13 Selbstkonzept als Bezugssystem sozialer Kognitionen
13.1 Das Selbstkonzept zwischen Ideal-Ich und Real-Selbst
13.1.1 Aufsuchen und Meiden, soziale Nähe und Distanz
13.1.2 Mit sich selbst eins / uneins sein
13.1.3 Selbstakzeptanz und Selbstkritik
13.1.4 Exkurs: Die Bipolarität "persönlicher Konstrukte"
13.2 Vom Kelly-Grid zum Selbstkonzept-Gitter (SKG)
13.2.1 Datenerhebung
13.2.2 Auswertung
13.2.3 Das Diagramm 'Raute'
13.2.4 Zur Datenstruktur des SKG
13.2.5 Erste empirische Befunde
14 Grid-Diagnostik von Selbst-Systemen
14.1 Vom Selbstkonzept zum Selbst-System
14.1.1 "Ich in meiner Welt"
14.1.2 Selbst-System
14.2 Rekonstruktion von Selbst-Systemen aus Grid-Daten
14.2.1 "Auf Begriffe bringen" und Übersicht gewinnen
14.2.2 Valorik und Semantik persönlicher Konstrukte
14.2.3 Begriffe und Daten in der Sprachspiel-Diagnostik
15 Die Semantik persönlicher Konstrukte
15.1 Wittgensteins Klassifikation "psychologischer Begriffe"
15.1.1 Erlebnis- versus Verhaltensbegriffe
15.1.2 Einwände gegen Wittgensteins Klassifikation
15.2 Die Symlog-Kodierung persönlicher Konstrukte
15.2.1 Sozio-psychologische Begriffs-Klassifikation
15.2.2 Aufbauprinzipien der Symlog-Kodierlisten
15.2.3 Plädoyer für "expertenbasierte" Kodierlisten
15.2.4 Lexika "psychologischer Begriffe": Pro und Contra
15.2.5 Vom Symlog-Lexikon zum Symlog-Atlas
16 Das Computer-Programm-System SSELF
16.0 Übersicht der Teilprogramme
16.1 Basis-Diagramm "Raute" Programm DIAGRID
16.1.1 Allgemeine Hinweise zum Programmablauf
16.1.2 Interpretationsdetails zum Beispiels-Datensatz
16.2 Faktorenanalyse Programm FAGRID
16.2.1 Allgemeine Hinweise zum Programmablauf
16.2.2 Interpretationsdetails zum Beispiels-Datensatz
16.3 Clusteranalyse Programm TREEGRID
16.3.1 Allgemeine Hinweise zum Programmablauf
16.3.2 Interpretationsdetails zum Beispiels-Datensatz
16.4 Das Konstruktsystem Programm SESYGRID
16.4.1 Das Rationale der Auswertungstabellen
16.4.2 Interpretationsdetails zum Beispiels-Datensatz
16.5 Soziale Feinanalysen Programm ZOOMGRID
16.5.1 Hinweise zum Gebrauch der Ergebnistabellen
16.5.2 Interpretationsdetails zum Beispiels-Datensatz
16.6 Psycho-"Topographie" Programm TOPOGRID
16.6.1 Anleitung zur Entzifferung von Topogrammen
16.6.2 Interpretationsdetails zum Beispiels-Datensatz
16.6.3 Kinder und Erwachsene: Gruppen-Topogramme
16.7 Zwei Fallstudien *)
16.7.1 Fallstudie I: EVA
16.7.2 Fallstudie II: SKIN
16.7.3 Ergänzende Befunde zu den Fallstudien
16.8 Für und wider "computergestützte" Psychodiagnostik
Nachspiel
17 Wissenschaftliche Menschenkenntnis und die Programmatik der Aufklärung
17.1 Leitideen der Aufklärung
17.1.1 Die zwei Imperative der Aufklärung
17.1.2 Aufklärung als "Methodik des Vernunftgebrauchs"
17.2 Anti-Individualismus und A-Psychologismus
17.2.1 Der "gedankenlose großen Haufen" und das "allwissende Publikum"
17.2.2 Die Aufklärung des 18.Jh. psychologisiert nicht!
17.3 Aufklärung und die 'Wissenschaft von der Seele'
17.3.1 Psychoanalyse
17.3.2 Psychologie
17.4 Sprachkritik als Fortsetzung der Aufklärung
17.4.1 Das "gemeinsame Haus" der Sprache
17.4.2 Kampf gegen Sprachmissbrauch
17.5 Menschenkenntnis aus dem Geist der Aufklärung?
17.5.1 Aufklärerische Skepsis bei Kant und Wittgenstein
17.5.2 Psychodiagnostik und die 'Bildtheorie der Sprache'
17.6 Schlussakkord: Psychodiagnostik als semantische 'Landvermessung' individueller Lebenswelten
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG A Die Gesamtstichprobe der 531 Grids
A1 Alter & Geschlecht der Untersuchungspersonen
A2 Grundgesamtheit der 'persönlichen Konstrukte'
ANHANG B: Programm-System SSELF, Arbeitshilfen
B1 Installation und Start
B2 Arbeitsblätter für das Selbstkonzept-Gitter
Selbstkonzept - Gitter, Blatt 1, "Persönliche Konstrukte"
Selbstkonzept - Gitter, Blatt 2, 'Grid' - Schema
B3 GRID-EDITOR: Daten eingeben und abspeichern
Programmstart
Dateneingabe
Inspektion / Bearbeitung fertiger Grid-Datei(en)
B4 Aufrufen der Auswertungsprogramme
B5 Formatieren und Ausgeben von Ergebnissen
ANHANG C: Anmerkungen zur Statistik und Methodik
C1 DIAGRID: Normtabellen aus 'Referenz-Stichproben'
C2 FAGRID: Modell und Auswertungsmethodik
C3 TREEGRID: Modell und Auswertungsmethodik
C4 SESYGRID: Normtabellen
C5 ZOOMGRID: Auswerten durch Umsortieren
C6 TOPOGRID: Auswertung und Interpretation
I Dechiffrierungs-Regeln
II Tabellierung von Normwerten
III Ermittlung (un-)konventioneller Urteilstendenzen
ANHANG D Der Symlog-Atlas: Gebrauchsanleitung
D1 Die Einhaltung des 8-Zeichen-Formats
D2 Grundregel: Gesamtzusammenhänge sehen!
D3 Die 3-Schritt-Regel des Kodierens
D4 Die Kodierlisten des Symlog-Atlas
536 Seiten + CD-ROM, ISBN 3-89967-302-6, Preis: 50,- Euro