Dieses Buch widmet sich einem Paradox, welches darin besteht, dass sich der objektive Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessert und die Lebenserwartung erhöht haben, dass aber die Sorgen und Ängste um die eigene Gesundheit beständig wachsen. Einige Fachleute führen dies auf die Vermehrung von Angstdiagnosen, auf eine Angst fördernde Medienberichterstattung oder auf allgegenwärtige und von wirtschaftlichen Erwägungen getragene Vorsorgemahnungen zurück, während andere Fachleute dies mit einer Zunahme hypochondrischer Neigungen begründen.
Systematisch werden in diesem Buch zunächst jene Gesundheitsängste untersucht, die sich auf Bedrohungen aus der Umwelt (Schadstoffe in der Luft und in der Nahrung, Strahlenexposition u.a.) beziehen, und sodann die existentiellen körperbezogenen Gesundheitsängste wie die Angst vor Krebs, vor einem Versagen des Herz-Kreislaufsystems oder der Atmung. Daneben werden spezifischere Gesundheitsängste wie jene vor Ansteckungen oder vor Verletzungen thematisiert, welche häufig einen phobischen Charakter annehmen können.
Dabei zeigt sich, dass die objektive Risikowahrscheinlichkeit einer Erkrankung häufig überschätzt wird und dass ein gegenwärtiges Zeitphänomen offenbar in dem mangelnden Vertrauen in die Selbstregulationsfähigkeit des Körpers besteht. Stattdessen vertrauen wir mehr auf Medieninformationen über Erkrankungsrisiken oder auf medizinische Testwerte.
Viele Menschen, die um ihre Gesundheit besorgt sind, versuchen deshalb, sich vor Umweltrisiken zu schützen, Übergewicht zu vermeiden und sich "gesund" zu ernähren. Alle diese Maßnahmen sind jedoch auch geeignet, den allgemeinen Lebensstress noch zu vergrößern, insbesondere dann, wenn das Nichterreichen hochgesteckter Gesundheitsziele mit Schuldgefühlen verbunden ist. Einige von ihnen suchen Hilfe bei psychotherapeutischen Angeboten, welche in diesem Buch abschließend beschrieben werden.
Die Autorinnen und Autoren dieses Buches sind ausgewiesene Fachleute in der allgemeinen Medizin, Umweltmedizin, Gesundheits-und Ernährungspsychologie sowie in der Verhaltenstherapie.
Inhalt:
1. Gesundheitsangst als historisches und kollektives Phänomen
Florian Steger: Gesundheitsängste - eine historische Perspektive
Lena Spangenberg, Winfried Rief, Elmar Brähler, Heide Glaesmer: Moderne Gesundheitssorgen in der deutschen Bevölkerung
Rainer Schäfert, Gertraud Hanel: Gesundheitsängste in der Primärversorgung
2. Umweltspezifische Gesundheitsängste
Hanns Rüdiger Röttgers, Schide Nedjat: Umweltbezogene Gesundheitsängste
Constanze Hausteiner-Wiehle: Chemikalienbezogene Gesundheitsängste und Körperbeschwerden
Martin Röösli: Elektromagnetische Felder und Gesundheitsangst
3. Körperspezifische Gesundheitsängste
Hans-Wolfgang Hoefert: Angst vor Krebs
Stefanie Krille, Alexandra Martin: Gesundheitsangst bei funktionellen Herzbeschwerden
Pierre Frevert: Gesundheitsangst bei funktionellen Atembeschwerden
4. Körper und Ernährung
Anja Gottschalk: Nahrungsbezogene Krankheitsängste und Orthorexie
Christoph Klotter: Schlankheitsängste
5. Der verletzliche Körper
Hans-Wolfgang Hoefert: Verletzung, Ansteckung und Ekel
Hans-Wolfgang Hoefert: Psychische, soziale und sensorische Aspekte der Zahnbehandlungsangst
6. Medien und Gesundheitsangst
Christiane Eichenberg: Gesundheitsängste und Internet
Kai Witzel: Einfluss des Fernsehkonsums auf die Entstehung von Gesundheitsängsten
7. Psychische Faktoren der Gesundheitsangst
Florian Weck: Krankheitserfahrungen und Gesundheitsängste
Michael Witthöft: Besonderheiten der Aufmerksamkeitsregulation bei Gesundheitsängsten
8. Therapeutische Interventionspunkte
Dirk Schmoll: Massenhysterie und induzierter Wahn - Formen psychischer Ansteckung
Maria Gropalis, Gaby Bleichhardt: Psychotherapie bei Gesundheitsängsten und Hypochondrie
2011, 324 Seiten, ISBN 978-3-89967-755-3, Preis: 30,- Euro