Europäische Harmonisierung der Hochschullehre, Exzellenzinitiativen, Forschungscluster und eine an Kennziffern orientierte Steuerung der wissenschaftlichen Entwicklung wirken auf Lehre und Forschung an unseren Hochschulen ein und haben gerade für die Erziehungs- und Bildungswissenschaften besondere Konsequenzen.
Wie die Analysen im vorliegenden Band zeigen, wird die Wissenschaftsentwicklung in den Bildungs- und Erziehungswissenschaften durch die unkritische Übernahme von Steuerungspraktiken auf einen riskanten Weg gelenkt, der - angeblich - der wissenschaftlichen Profilbildung dient. Dies erweist sich jedoch zunehmend als Legitimationsfiktion, die es zudem erschwert, dem Bedarf an praktisch bedeutsamen Innovationen in Schule, Hochschule sowie Aus- und Weiterbildung gerecht zu werden.
Da es nicht reicht, der Öffentlichkeit im Allgemeinen und der Bildungspraxis im Besonderen einen potenziellen Nutzen zu versprechen, der irgendwo und diffus in der Zukunft liegt, wollen die Beiträge in diesem Band den Diskurs anregen und auf Widersprüche und unhinterfragte Prämissen aufmerksam machen.
Selbstverständlich braucht gerade auch eine nutzenorientierte Forschung Qualitätskriterien und eine wissenschaftsimmanente Legitimation. Beides kann das Buch zwar (noch) nicht liefern. Aber vielleicht gelingt es, deren Dringlichkeit bewusst zu machen und all jene zu unterstützen, die gegenüber dem entdifferenzierenden Standardisierungseifer für eine aufgaben- und fachgerechte Profilbildung zwischen und innerhalb der wissenschaftlichen Disziplinen eintreten.
Inhalt:
Joachim Kahlert und Gabi Reinmann:
Einführung
Joachim Kahlert:
Was kommt nach der Erkenntnis? Zum schwierigen Verhältnis pädagogischer Disziplinen zu der Erwartung, sich nützlich zu machen
Ewald Kiel:
Epistemologie pädagogischen Handelns
Rolf Arnold:
Wem nutzt Erwachsenenbildung was? Anmerkungen aus dem Kontext der Erwachsenenpädagogik
Dieter Euler:
Berufsbildungsforschung zwischen Wissenschaft und Machenschaft
Dominik Petko und Titus Guldimann:
Forschung und Entwicklung an Pädagogischen Hochschulen der Schweiz
Robin Stark, Heinz Mandl und Petra Herzmann:
Ein integrativer Forschungsansatz zur Überbrückung der Kluft zwischen grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung
Cort-Denis Hachmeister:
Perspektive der Hochschulevaluation
Ulrich Fahrner und Antony Unwin:
Adaptive Verfahren zur Analyse und Verbesserung realer Lehr-Lern-Systeme
Theo Hug, Norm Friesen and Liam Rourke:
Nutzenerwartungen und Wissenswandel - Kritische Betrachtungen im Spannungsfeld von nutzloser Nützlichkeit und nützlicher Nutzlosigkeit am Beispiel der Learning Sciences
Gabi Reinmann:
Innovationskrise in der Bildungsforschung: Von Interessenkämpfen und ungenutzten Chancen einer Hard-to-do-Science
2007, 228 Seiten, ISBN 978-3-89967-412-5, Preis: 20,- Euro