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Biographische Diagnostik

Eine spezifisch menschliche Fähigkeit und Neigung besteht darin, Entwicklungen wahrzunehmen, in Entwicklungen zu denken und Entwicklungen sowohl rückbetrachtend als auch vorausschauend in ihrer immanenten Logik zu beurteilen. Diese diachron-diagnostische Kompetenz, die wir im Alltagsleben vielfältig anwenden, ist auch in wissenschaftlicher Hinsicht von zentraler Bedeutung.
In der Psychologie spielte die Diagnostik von jeher eine große Rolle. Nach Ansicht mancher Geschichtsschreiber des Fachs war sie sogar für die Begründung der Disziplin ausschlaggebend. Das gilt vor allem für den psychometrischen Ansatz, weil sich gerade das Messen von Eigenschaften als eine vielfältig nutzbare Methode erwies. Zwar wird generell die Meinung vertreten, zu einer psychologischen Untersuchung gehöre auch eine Exploration, doch dieser Teil des diagnostischen Geschehens wird oft relativ stiefmütterlich behandelt, und vor allem die biographische Analyse kommt in diesem Kontext häufig zu kurz. Zudem fehlt es an einem Überblick über prinzipiell einsetzbare Explorationskonzepte.
In dem hier vorgelegten Band wird u.a. versucht, diese Lücke zu schließen. Die 33 Einzelbeiträge enthalten zahlreiche Vorschläge, die jedoch nicht nur die psychologische Praxis berühren, sondern zum Teil auch auf forschungsspezifische Verwertungsperspektiven verweisen. Die biographische Diagnostik dürfte auch in grundlagenwissenschaftlicher Hinsicht in zunehmendem Maße als ein adäquater und sogar entscheidend wichtiger Zugang zum Gegenstand der Psychologie erkennbar werden.
Das Titelbild, nach der Graphik "Bond of Union" von Maurits Cornelis Escher, zeigt - in Form eines Möbiusbands - zwei einander zugewandte, zugleich von einander und in sich getrennte Köpfe. Biographische Diagnostik bildet zwar, so ist zu hoffen, keine unendlich in sich zurücklaufende Schleife, wohl aber stellt sie für Psychologinnen und Psychologen eine unendliche, immer aufs Neue zu lösende Aufgabe dar.


Inhalt:

Gerd Jüttemann:
Anstelle einer Einleitung - Der diagnostische Zugang zum Gegenstand der konkreten Psychologie


Wegbereiter biographischer Diagnostik

Albrecht Dihle:
Antike Biographien als Mittel der Psychagogie

Helmut Johach:
Wilhelm Dilthey als Begründer einer biographisch-diagnostischen Sichtweise

Uwe Wolfradt:
Grundlegende biographisch-diagnostische Betrachtungen bei William Stern

Norbert Rath:
"Wer hat denn eigentlich die Neurose?" - Diagnosen im Briefwechsel zwischen Freud und Jung

Peter Knopp:
Biographische Diagnostik im soziohistorischen Kontext. Der methodische Ansatz in der Flaubert-Studie von J.-P. Sartre

Andreas Kruse, Eric Schmitt:
Daseinsthemen: Die Erfassung individueller, dynamischer Einheiten der Persönlichkeit als Aufgabe der psychologisch-biographischen Diagnostik


Zentrale Fragen und interdisziplinäre Aspekte

Michael Weingarten:
Philosophie der Biographie - Grundriss

Wolfgang Mack:
Diagnostik des autobiographischen Gedächtnisses

Levin D. Röder:
Dichtung und Wahrheit - Aspekte einer spezifisch autobiografischen Diagnostik

Wolfgang Kraus:
Identitätsentwicklung als biographisches Projekt in einer individualisierten Gesellschaft

Eva Dreher, Michael Dreher:
Entwicklungsaufgaben als Zugang zur Biographie

Reinhold S. Jäger, Julia Riebel:
"Und wenn sie nicht gestorben sind …" - Funktion und Bedeutung von biographischen Daten im diagnostischen Prozess

Hans-Wolfgang Hoefert:
Biographische Diagnostik in der Medizin

Volker Kruse:
Diagnostik in der Soziologie/Soziologische Zeitdiagnostik


Methodische Überlegungen und konkrete Vorgehensweisen

Jens B. Asendorpf:
Individualität im Spannungsfeld zwischen Idiographik und Nomothetik

Christian Flassbeck, Bernd H. Keßler:
Biographische Diagnostik von Wertorientierungen

Werner Sarges:
Biographisches Interviewen in der Eignungsdiagnostik

Peter Fiedler:
Biographie-Arbeit in der Verhaltenstherapie

Martina Goblirsch:
Narrativ-biographische Diagnostik in der Jugendhilfe und in der Verhaltenstherapie

Brigitte Boothe:
Ein erzählanalytisches Programm für die psychodynamische Diagnostik

Marianne Soff:
Biographische Diagnostik im Tagebuch

Jochen Fahrenberg:
Alltagsnahe Erfassung von Episoden und Tagesläufen

Michael Schultz:
Paläobiographik


Anwendungsfelder in Forschung und Praxis

Gerd Jüttemann:
Biographische Diagnostik im Kontext professioneller Supervision der Autogenese

Karl Westhoff, Marie-Luise Kluck, Hagen Flehmig:
Einzelfalldiagnostik in der Praxis - ein Stiefkind von Forschung und Entwicklung

Hans-Uwe Hohner:
Zur Bedeutung der Diagnostik für die Karriereberatung

Pia Neiwert:
Persönlichkeitsentwicklung und ihre Förderung im beruflichen Kontext - Das Diagnostikum "Constructive Developmental Framework" (CDF)

Andreas Hanses:
Biographische Diagnostik in der Sozialen Arbeit

Renate Höfer, Florian Straus:
Zur Bedeutung von Kohärenz und Salutogenese für eine biographische Diagnostik

Heidrun Schulze:
Doing Biography: Vom Blick auf den Fall zum Blick auf sich selbst. Krankheitserzählungen zwischen Aneignung und Enteignung

Adelheid Kühne:
Das biographische Gespräch in der forensisch-psychologischen Diagnostik

Alexander Gallus:
Anstelle eines Epilogs: Biographik zwischen Individuum und Kollektiv. Erfahrungen, Leistungen und Kritik


2011, 324 Seiten, ISBN 978-3-89967-719-5, Preis: 40,- Euro




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