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Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin: Wird der Schmerz präziser wahrgenommen, verliert er an Wirkung

Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin: Frau H. ist an Borreliose erkrankt, die Schmerzen sind chronisch und unheilbar. Die ehemalige Krankenschwester verarbeitete den oft massiven Schmerz "heiter-suppressiv"; d.h. sie tendierte dazu, ihn kognitiv zu bagatellisieren und sich bei den Alltagsaufgaben zu überfordern - mit dem "Erfolg", dass der Schmerz und die Reizbarkeit zunahmen. Lisa Stöckner, Psychologin in der Psychotherapie-Ambulanz der Ruhr-Universität Bochum, berichtet in "Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin" detailliert, wie Frau H. lernte, mit ihrer Krankheit sinnvoll umzugehen und damit den Leidensdruck zu reduzieren.

Die Psychologin beobachtet drei Gruppen von Schmerzpatienten mit dysfunktionalem Verarbeitungsmodus:

  • Personen mit ängstlich-vermeidendem Verhaltensmuster bewegen sich möglichst wenig und bauen ihre Muskelkraft ab
  • Personen mit depressiv-suppressivem Verhaltensmuster fragen sich ständig: "Wie soll es weitergehen?" Sie kämpfen mit depressiven Empfindungen, appellieren jedoch an sich selbst: Beiß die Zähne zusammen. Überforderung ist die Folge.
  • Personen mit heiter-suppressivem Muster, wie Frau H., versuchen, sich abzulenken und aktiv zu bleiben

"Bei allen drei Hoch-Risiko-Gruppen wird das Verhalten zunächst verstärkt, da ein aversiver Zustand reduziert scheint. Langfristig kommt es jedoch zu einer Schmerzzunahme und zu einer Chronifizierung der Symptomatik: beim ängstlichen Meiden aufgrund von körperlicher Minderbelastung, bei suppressiver Schmerzverarbeitung aufgrund von körperlicher Überbelastung.
 
Demzufolge werden für alle drei Gruppen eine verbesserte Wahrnehmung des körperlichen Zustandes sowie ein frühzeitiger Einsatz adaptiver (kognitiver und behavioraler) Bewältigungsformen angestrebt."
 
Lisa Stöckner beschreibt detailliert ihre Therapie: "Übergeordnet steht das Ziel, einen verbesserten Umgang mit dem Schmerz zu lernen. Durchhaltestrategieen sollen abgebaut und ein flexiblerer Wechsel zwischen körperlicher Be- und Entlastung etabliert werden. Dies bedeutet im Einzelnen:

 

  • frühzeitige Wahrnehmung und frühzeitiges adaptives Reagieren auf Schmerzanstiege (z.B. in Form von Pausen)
  • Familie und Bekannten absagen können, wenn der Schmerz zu stark oder die Gefahr eines Schmerzanstiegs zu hoch ist
  • Erlernen der Progressiven Entspannung nach Jacobson

Die Therapeutin arbeitete mit Frau H. eine Serie dysfunktionaler Kognitionen ab - und erreichte schließlich die Aha-Einsicht: "Ein ehrlicher Umgang mit dem Schmerz führt zu mehr Entscheidungsfreiheit."

Patientin und Therapeutin sehen die Therapieziele und eine deutlich bessere Lebensqualität erreicht. Möglicherweise wird Frau H. in Teilzeit in der Kinderbetreuung berufstätig werden können.

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