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Traumatisierte Kinder des 2. Weltkrieges für Studie mit Schreibtherapie gesucht

Auch wenn der 2. Weltkrieg vor 66 Jahren endete, leiden noch heute viele Menschen unter dem Erlebten. Die psychischen Langzeitfolgen begleiten sie Zeit ihres Lebens oder nehmen mit dem Alter wieder zu. Nun soll den Betroffenen mit einer speziellen Schreibtherapie über das Internet geholfen werden. Die gewonnenen Ergebnisse werden anschließend in einer Studie untersucht. Für das kostenfreie Therapieangebot des Behandlungszentrums für Folteropfer Berlin (bzfo) und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald werden noch geeignete Teilnehmer gesucht.

Viele Menschen der Kriegsgeneration haben nie oder nur in Bruchstücken über ihr Schicksal gesprochen. Häufige Folge: Die unbewältigten traumatischen Erlebnisse machen sich durch Symptome wie Schlafstörungen, Angst, Schmerzzustände und Gefühle von Schuld und Scham bemerkbar. Hinzu kommt oft unfreiwilliges Erinnern des Erlebten. Mit der Schreibtherapie Lebenstagebuch sollen die biographischen Erlebnisse niedergeschrieben werden, in deren Zusammenhang das traumatische Erlebnis aus der Vergangenheit bearbeitet wird. Das Angebot findet über das Internet statt. In den sechs Behandlungswochen schreibt jeder Teilnehmer in jeweils 45 Minuten insgesamt elf Texte. In der persönlichen Rückmeldung des Therapeuten werden entsprechende Instruktionen für den darauffolgenden Text gegeben. "Die Schreibtherapie konzentriert sich nicht nur auf das Trauma, sondern stellt die gesamte Lebensgeschichte der Person in den Mittelpunkt", erklärt Prof. Dr. Christine Knaevelsrud vom bzfo. "In den ersten sieben Texten werden einzelne Lebensphasen betrachtet, in zwei weiteren steht das traumatische Ereignis im Fokus und in den beiden letzten wird dieser Teil der Vergangenheit abgeschlossen." Prof. Knaevelsrud leitet gemeinsam mit PD Dr. Philipp Kuwert von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Greifswald das Projekt.

Die Ergebnisse der Therapie dienen gleichzeitig einer wissenschaftlichen Studie: Sie soll die psychosomatische Wirksamkeit des Behandlungsansatzes untersuchen und zugleich ermitteln, wie die Therapie und besonders der Weg über das Internet aufgenommen wurden. In dieser speziellen Behandlungsmethode sieht Prof. Knaevelsrud mehrere Vorteile: "Menschen mit körperlichen Einschränkungen können die Hilfe bequem von zuhause in Anspruch nehmen. Für manchen ist es auch leichter, ohne direkten Gegenüber zu dem Erlebten zu reden." Außerdem gebe es in Deutschland, besonders auch in ländlichen Regionen, keine flächendeckende Versorgung mit entsprechenden Experten.

Die Teilnahme an der Therapie ist einfach und ohne große Hürden möglich. Anmelden kann sich, wer unter traumatischen Erlebnissen der Kriegszeit leidet, älter als 66 Jahre ist, sich nicht in intensiver medizinischer oder psychologischer Betreuung befindet, nicht übermäßig Alkohol (und andere Drogen) oder Beruhigungsmittel konsumiert - und natürlich Zugang zu einem Computer mit Internetanschluss und E-Mail-Adresse hat. In Ausnahmefällen ist die Schreibtherapie auch per Brief oder Fax möglich. Die Entscheidung, für wen die Therapie geeignet ist, wird über einen Fragebogen ermittelt - und auch im Ablehnungsfall begründet.

Die Anmeldung zur Schreibtherapie ist zu richten an maria.boettche@lebenstagebuch.de

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
PD Dr. Philipp Kuwert
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald im Hanseklinikum Stralsund Rostocker Chaussee 70, 18437 Stralsund
Telefon: 03831 45-2158
Telefax: 03831 45-2105
kuwert@uni-greifswald.de



Literatur zum Thema:
Vererbte Wunden. Traumata des Zweiten Weltkriegs – die Folgen für Familie, Gesellschaft und Kultur
Hondrich, Curt (Hrsg.)




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